12.01.08
75 Jahre danach - Auf den Spuren der Täter
Rallye Spurensuche Verbrechen
der Wirtschaft 1933 - 1945 gestartet
Zu einer Mahnwache vor dem Anwesen, das schlichte Wort Haus
verbietet sich an dieser Stelle, Stadtwaldgürtel 35, der ehemaligen
Villa Schröder, hatte die VVN/BdA Köln für den 4. Januar
aufgerufen, um an einen der Schicksalstage der neuen deutschen
Geschichte zu erinnern. Genau 75 Jahre nach dem Tag, an dem sich an
diesem Ort auf Einladung des Hausherrn, eines Kölner Bankiers, der
ehemalige rechtskonservative Reichskanzler Franz von Papen mit Adolf
Hitler, dem Chef der NSDAP getroffen hatte, erinnerten junge und
ältere Antifaschist(inn)en an die Verantwortung wichtiger Teile des
Kapitals für die Errichtung der Nazidiktatur. Sie riefen der
Öffentlichkeit Max Horkheimers Wort ins Gedächtnis: "Wer aber
vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus
schweigen".
Wie wichtig die Erinnerung an die Tatsache vom ursächlichen
Zusammenhang zwischen krisenhaftem Kapitalismus und brutaler
Unterdrückung (nicht nur) der Arbeiterbewegung, zwischen
Wirtschaftskrise, Aufrüstung und Krieg auch (oder gerade) heute
ist, zeigt ein Artikel des namhaften Kölner Wirtschaftshistorikers
Ulrich Soénius im Kölner Stadtanzeiger vom 4.1.: Der Autor, der
die Ereignisse um den 4. Januar 1933 in der Sache exakt wiedergibt,
spricht in seinem Beitrag einzig und allein von Kurt Freiherr von
Schröder, den er als "Emporkömmling" bezeichnet, der mit
der Kölner guten Gesellschaft nichts zu tun gehabt habe
(schließlich war er in Hamburg geboren und hatte ins Bankhaus Stein
lediglich eingeheiratet). Die Interessen des großen Kapitals, die
Schröder 1947 als Interesse an stabilen Verhältnissen,
Antikommunismus und dem Drang nach Aufrüstung kennzeichnete,
spielen bei Soénius keine Rolle - es bleibt das Portrait eines
persönlich charakterlosen überzeugten Nazis. Vielleicht liegt das
ja daran, dass der Autor Direktor der Stiftung Rheinisch
Westfälisches Wirtschaftsarchiv ist, die eng an die Industrie- und
Handelskammer angebunden ist. Und wer beißt schon in die Hand, die
ihn füttert? (tri)
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