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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

11.11.07

Freispruch für Neonazi-Band?!?

Zur Berichterstattung der Westf. Rundschau/Leserbrief an die WR

Freispruch für Neonazi-Band

Westf. Rundschau, Dortmund, 08.11.2007, Alexander VOELKEL

Der Prozess gegen die Neonazi-Band „Weiße Wölfe” vor dem Dortmunder Schöffengericht endete am Mittwoch mit einem Freispruch für die drei angeklagten Musiker. 

Nach zwei Jahren und vier Anläufen gab es nun ein Urteil. „Es hat eine Fülle von Indzien gegeben, aber eben keine Beweise”, so Richter Gerhard Weiß, die eine Verurteilung gerechtfertigt hätten. Angeklagt waren die Musiker aus Dortmund, Arnsberg und Lüdenscheid, einen Tonträger mit volksverhetzenden und gewaltverherrlichenden Liedern für den deutschen Markt produziert zu haben. Mindestens fünf Musiker hatte die Band, aber nur drei saßen auf der Anklagebank. Allerdings konnte die Staatsanwaltschaft keine Beweise dafür liefern, ob die drei Angeklagten an der Produktion beteiligt waren noch wann die CD entstanden sei. Außerdem könnten die Vorwürfe schon verjährt sein. Ebenso habe die geplante Verbreitungsabsicht in Deutschland nicht nachgewiesen werden können. „Es gibt keine lückenlose Beweiskette”, so Weiß. Er zog damit einen Schlussstrich unter ein zweijähriges Verfahren, das unter anderem wegen eines Aussageverbotes für den ermittelnden Staatsschutzbeamten durch das NRW-Innenministerium schon für einen Eklat gesorgt hatte. Staatsanwältin Tersteegen hatte zuvor sechsmonatige Bewährungs- bzw. Geldstrafen gefordert, weil die Band für den deutschen Markt produziert habe und von ihr eine Gefahr für den öffentlichen Frieden ausgehe. Sie bringe jungen Leuten rechtsextremes Gedankengut (siehe Infobox) nahe und trage zur Verfestigung bei. Volksverhetzende, rassistische, antisemitische und gewaltverherrlichende Darstellungen zögen sich durch die gesamte CD. Das Problem: Da sie im Ausland hergestellt wurde, sind die Äußerungen ebenso wie die Produktion und ihre Verbreitung straffrei. Strafbar wäre dies nur dann, wenn der Band hätte nachgewisen werden können, dass die CD für die Vebreitung in Deutschland bestimmt war. Dies konnte der Staatsschutz jedoch nicht schlüssig nachweisen. Der Inhalt der Texte selbst spielte so bei der Beweisführung eine eher untergeordnete Rolle (weil straffrei): Selbst Verteidiger Andre´ Picker räumte ein, dass „der Inhalt der CD zwanglos unter §130 (Volksverhetzung) fällt. Darüber müssen wir nicht streiten.” 

Rechte reiben sich die Hände

Westf. Rundschau , Dortmund, 08.11.2007, Von Gregor Beushausen

Am Abend der Kommunalwahl 2004 stand fest, dass im neuen Rat der Stadt vier Fraktionen sitzen würden. Inzwischen sind es sechs. Denn ab morgen darf sich auch die rechtsgerichtete DVU (Deutsche Volksunion) auf Geld aus Steuerzahlers Taschen freuen. ...

Für die wundersame Vermehrung der Fraktionen gibt es mehrere Gründe. Neben SPD, CDU, Bündnis 90/Grüne und dem Fraktionsgebilde aus FDP/Bürgerliste etablierten sich vor kurzem die "Linken im Rat" als Fraktion, die fortan mit Geld aus dem Stadtsäckel unterstützt wird. Ermöglicht hatte das ein Überläufer, der von der FDP/Bürgerliste kam und die Linken als viertes Mitglied überhaupt erst auf Fraktionsniveau hievte.

Rein rechnerisch wäre der Überläufer gar nicht notwendig gewesen, die Linken hätten nur etwas warten müssen: Seit die Düsseldorfer CDU/FDP-Koalition im Oktober an der Gemeindeordnung gedreht hat, bedarf es nur noch drei statt vier Mitgliedern, um auf Fraktionsstatus und zu den damit verbundenen Vorzügen zu kommen: Geld aus der Stadtkasse und ein ständiges Büro im Rathaus.

Neuer Nutznießer der auf Drängen der Düsseldorfer FDP auf den Weg gebrachten Änderung ist ausgerechnet die DVU. Die schickt seit der Kommunalwahl '99 drei Vertreter in den Stadtrat - ist aber nie auf Fraktionsstärke gekommen. Jetzt dürfen sich die Rechten die Hände reiben: Durch den Dreh an der Gemeindeordnung kommt das Dreigestirn um Fraktionschef Branghofer in den Genuss von jährlich 41 000 Euro, die zur Unterstützung ihrer Arbeit aus Steuerzahlers Tasche gewährt werden.

41 000 Euro für die "politische Arbeit"

Als Fraktion hat die DVU obendrein Anspruch auf eine Geschäftsstelle im Rathaus - im Windschatten der anderen Fraktionen im dritten Geschoss. Weil es dort schon jetzt reichlich eng zugeht, musste die CDU einen kleineren Besprechungsraum abtreten - der den DVU-Leuten allerdings nicht passt: Der Raum hat keine Außenfenster. Das Platzangebot für die Rechten soll heute Thema im Ältestenrat sein. Obendrein gewährt der Fraktionsstatus größeren politischen Einfluss: Die DVU kann die Tagesordnung und somit die Themen des Rates mitbestimmen. Und beispielsweise Sondersitzungen fordern.

Die Mittel in Höhe von 41 000 E speisen sich aus einem Sockelbetrag von 20 000 E, der um 5 000 E pro Person aufgestockt wird. Plus 6000 E für vier Bezirksvertreter. Das weckt Begehrlichkeiten bei anderen: Detlef Münch will heute im Stadtparlament ebenfalls den Finger heben. Der parteilose Ratsvertreter reklamiert, auch ihm stehe Geld zu: ein Drittel dessen, was die DVU bekommt.

Staatsschutz hat’s vergeigt

Westfälische Rundschau Dortmund 8.11.07, Kommentar

Von Alexander Völkel

Der Prozeß war eine Farce. Da spielen Musiker übelste, menschenverachtende Lieder, die zur Gewalt gegen Polizisten, Ausländer und Juden aufrufen. Straffrei. Dann gibt es einen Ansatzpunkt – und man vergeigt die Ermittlungen. Es ist schon peinlich, wenn sich der Staatsschutz von bekannten Neonazi-Verteidigern vorhalten lassen muss, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Die Polizei konnte nicht beweisen, welche Musiker mitgewirkt haben. Beispielsweise wurde ein Stimmenvergleich von Hörproben nicht in Betracht gezogen. Auch Testkäufe blieben aus. Die Ermittlungen strotzten von Vermutungen, nicht verfolgten Spuren und halbherzigen Versuchen, Erkenntnisse im Internet zu sammeln. Ein Verteidiger brachte es auf den Punkt: Der Staatsschutz habe sich ein „Ermittlungsergebnis gegoogelt“. Vielleicht ist das ja der Grund, warum der NRW-Innenminister dem Staatsschutzmann zunächst keine Aussagegenehmigung erteilen wollte. Die Begründung: Man wolle Schaden vom Land abwenden. Bei der schlampigen Arbeit, die beim Prozess offenbar wurde, kann man das verstehen.

Beispiele (eine Infobox im Artikel „Richter sprechen Neonazi-Rocker frei“)

Aufruf zur Gewalt

  • Die CD „Weiße Wut“ strotzt nur vor Volksverhetzung. Beispiele:
  • „Juda verrecke, Deutschland erwache, 10 000 Juden für ein Freudenfeuer.“
  • „10 000 leblose Kanacken, ich kann meine Freude kaum fassen.
  • Wenn das der Führer noch gesehen hätte.“
  • „Du wirst bluten Bulle, wir schicken Dich zur Hölle.“
  • „Gammler ins Arbeitslager. Zyklon B ist unsere Antwort.“

Der Kommentar – In den Schoß gefallen / Von Gregor Beushausen (zu „Rechte reiben sich die Hände“)

Dass sich die rechten Krawallmacher von der DVU mit offiziellem Segen von Rüttgers & Co aus Steuerzahlers Tasche bedienen dürfen, ist nur schwer zu ertragen. Dabei segelt das Dreigestirn um Fraktionschef Max Branghofer im Windschatten der Düsseldorfer FDP, die der CDU bei der Änderung der Gemeindeordnung die Feder führte.

Natürlich hatten die Liberalen in erster Linie ihre Parteifreunde in den Kommunalparlamenten im Blick, als sie im Oktober die Messlatte für das Erreichen des Fraktionsstatus’ niedriger hängten. Dass auch rechte Splittergruppen davon profitieren würden, nahm man billigend in Kauf. Was schon fragwürdig genug ist.

Noch fragwürdiger ist der handstreichartige Eingriff in den Wählerwillen. Rechtlich mag das ja in Ordnung gehen, wenn Düsseldorf während einer Ratsperiode die Stellschraube verändert. Dem Wahlergebnis der Dortmunder Bürger entspricht das freilich nicht: Sie haben 2004 mehrheitlich entschieden, die DVU auf Sparflamme zu halten. Dass ihr die Trauben jetzt in den Schoß fallen, ist ein Schlag ins Gesicht. Was der Fraktionsstatus für die kommenden Ratssitzungen bedeutet: noch mehr Klamauk, noch mehr Geschrei und noch mehr unsinnige Anträge. Von Arbeit am demokratischen Gemeinwesen konnte bei der DVU ohnehin nie die Rede sein. In der Tat: Branghofer & Co können sich die Hände reiben.

Zu obigen Artikeln kam aus der VVN-BdA dieser Leserbrief

Leserbrief

Ihre Beiträge auf der Dortmunder Seite vom 8. November "DVU hat als neue Ratsfraktion Anspruch auf Geld aus Steuerzahlers Tasche - Rechte reiben sich die Hände" und "Richter sprechen Neonazi-Rocker frei - Nicht genügend Beweise gegen die 'Weißen Wölfe'" sowie "Staatsschutz hat's vergeigt" haben eine Gemeinsamkeit, sie weisen auf die extrem rechte Politik der FDP und ihrer Minister im Lande Nordrhein-Westfalen hin. Jahrzehnte blieb er verborgen: Der Drang der FDP von NRW schon seit 60 Jahren nach ganz rechts. Den darf die FDP nun ausleben: Mit Schnüffelgesetzen a la Verfassungsschutzgesetz mit eingebautem Freibrief, unsere Computer zu durchsuchen, mit Festhalten an einem V-Leute-System, das die NPD schützt, dann mit dem Abbau der Mitbestimmung der Arbeitnehmer und der demokratischen Rechte der Gemeinden - und nun mit freier Hand für die widerlichste Nazipropaganda der "Weißen Wölfe" und Naziaufmärsche unter dem Schutz von Polizei und Innenministerium. Dem Prozess gegen die "Weißen Wölfe/Oidoxie" lag eine Anzeige der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/BdA zugrunde. Sie wurde im Prozess nicht gefragt. Dass die Volksverhetzungs-CDs in Deutschland verbreitet wurden und für Deutschland gemacht sind, liegt auf der Hand und wir haben es begründet. Nazipropaganda ist den Deutschen seit 1945 völkerrechtlich und seit 1949 mit Artikel 139 GG verboten, - was soll da der Unfug, zu behaupten, die Hetzband muss nur irgendwo in den finnischen Wäldern spielen, ihren Dreck im Internet verbreiten und das ist es ihr dann erlaubt?

Ulrich Sander,

Landessprecher der VVN-BdA NRW

Dortmund