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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

07.11.07

Gefordert: Bestrafung von NS-Kriegsverbrechern

In Italien verurteilte deutsche NS-Kriegsverbrecher in Deutschland immer noch in Freiheit

Die VVN-BdA sandte folgenden Brief an die Justizminister der Länder und des Bundes, um die Bestrafung verurteilter NS-Kriegsverbrecher einzufordern. Darunter die bisher eingegangenen Antworten.

Brief der VVN-BdA an die Justizminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland

Sehr geehrte Damen und Herren Minister!

Lebenslange Haftstrafen für zehn SS-Täter, sieben Freisprüche und Entschädigungszahlungen von über hundert Millionen Euro – so lautete das Urteil vor dem Militärgericht in La Spezia am Ende des Prozesses um das größte deutsche Kriegsverbrechen an italienischen Zivilisten, 62 Jahre nach dem Massaker von Marzabotto. Keiner der 80- bis 87jährigen Angeklagten hatte sich dem Gericht gestellt.

Keiner von ihnen war auch nach Italien ausgeliefert worden. Wir fragen die Justizminister in Deutschland, wie sie mit dem Urteil von La Spezia umgegangen sind. Hat es Initiativen gegeben, die Angeklagten zur Strafverbüßung nach Italien zu überstellen? Wird angestrebt, die Strafverbüßung in Deutschland durchzuführen? Werden neue Prozesse gegen Sie in Deutschland durchgeführt?

Wir sind der Meinung: Die in Italien verurteilten Kriegsverbrecher müssen endlich ihrer Strafe zugeführt werden! Wir haben für diese Forderung gemeinsam mit der Gruppe Angreifbare Traditionspflege und dem Arbeitskreis Distomo zu Pfingsten dieses Jahres in Mittenwald erneut demonstriert. Dort treffen sich – ebenfalls zu Pfingsten – Wehrmachtssoldaten der Gebirgstruppe ganz ungeniert mit ihren Kameraden, die an Kriegsverbrechen in vielen Ländern, darunter in Italien, teilgenommen haben.

Wie für die Bestrafung der Kriegsverbrecher entsprechend den Urteilen aus Italien setzen wir uns auch für Klageerzwingungsverfahren ein, so im Falle des Wehrmachtsmassakers im September 1943 auf der griechischen Insel Kephallonia. Die Massenexekution durch Mitglieder des Gebirgsjägerregiments 98 der 1. Gebirgsdivision gilt als eines der schwersten Kriegsverbrechen der Hitler-Truppen. Über 5.000 unbewaffnete italienische Kriegsgefangene sind damals ermordet worden. Ihre Namen wurden in einer Gedenkveranstaltung auf einem Platz in Mittenwald verlesen. Auch die Namen der Opfer aus anderen Opfergemeinden in Griechenland und Italien wurden verlesen. Ihre Mörder blieben in Deutschland unbehelligt.

Nachdem inzwischen mehrere Kriegsverbrecher aus der NS-Gebirgstruppe in Italien – ähnlich wie im Falle der SS in Marzabotto - zu lebenslänglichen Zuchthausstrafen verurteilt wurden, setzen sich die Gruppe „Angreifbare Traditionspflege“ und die VVN-BdA verstärkt für Initiativen der deutschen Justiz ein, damit diese Personen, die in Deutschland Straffreiheit genossen, entweder nach Italien ausgeliefert oder in Deutschland verhaftet und ihrer Strafe zugeführt werden.

Wie die zuständige Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen in Dortmund der VVN-BdA durch Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß mitteilte, ist es möglich, in Deutschland die Strafen zu verbüßen, die in Italien verhängt wurden.

Besonders geht es um die Fälle Othmar Mühlhauser aus Dillingen an der Donau und Josef Scheungraber in Ottobrunn bei München. Mühlhauser hatte am 24. September 1943 auf Kephallonia das Kommando gegeben, den italienischen General Antonio Gandin und mindestens zwölf seiner Offiziere zu erschießen, darunter Hauptmann de Negri. Die bayerische Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen Mühlhauser eingestellt.

Der ehemalige Kompanieführer im Gebirgspionierbataillon 818 Josef Scheungraber ist für die grausame Ermordung von mindestens 13 Menschen im Juni 1944 in dem toskanischen Dorf Falzano bei Arezzo verantwortlich.

Zeitzeugen aus Italien, darunter Angehörige von Ermordeten, berichteten, dass der Umgang der deutschen Justiz mit den in Italien Verurteilten und ihren Opfern in der italienischen Öffentlichkeit mit großer Empörung aufgenommen worden ist. Bis heute warten die Angehörigen der Ermordeten auf die Verurteilung der Mörder in Deutschland. Obwohl die Mörder aus den Gebirgsjägereinheiten namentlich bekannt sind (196 mutmaßliche Täter haben VVN-BdA und Angreifbare Traditionspflege bei der Justiz angezeigt) und sie sich jedes Jahr zu Pfingsten im bayerischen Mittenwald Arm in Arm mit der Bundeswehr und unter dem Schutz der Polizei treffen, schreibt die deutsche Justiz immer weitere Kapitel der Straflosigkeit für NS-Mörder.

Während des militaristischen, die Wehrmacht und den Krieg verherrlichenden Gottesdienstes auf dem Hohen Brendten – auf dem Vertreter der Bundes- und der Landesregierung sprachen – kam es zu einer weiteren überraschenden verwandtschaftlichen Begebenheit. Ein Neffe des Josef Scheungraber trug ein Schild mit folgender Aufschrift: „Mein Onkel Sepp, Josef S. aus Ottobrunn, ist wegen eines Massakers von Falzano (Tötung von 13 Zivilisten) zu lebenslänglicher Haft in Italien seit September 2006 verurteilt. (SZ vom 30.9.06). Die deutsche Justiz hat diesen Mord an Zivilisten nie bearbeitet. Es gab keine Verurteilung. Es gab keine Verhandlung. Er wurde weder verurteilt, noch freigesprochen. Folglich ist Onkel Sepp ein lebenslänglicher Freigänger.“

Die Anklagen von Kindern der Opfer und Angehörigen der Täter – wie im Fall des „Onkel Sepp“ (Scheungraber) - wurden noch durch einen bezeichnenden Vorgang beim Treffen der Gebirgsjäger unterstrichen: Josef Scheungraber spazierte unter den Augen der Staatsanwaltschaft herum. Die Staatsanwaltschaft hatte nur Augen für Demonstranten. Diese wurden festgenommen, nicht aber der verurteilte Mörder.

Wir möchten Sie, verehrte Damen und Herren Justizministerinnen und Justizminister, ergänzend zu oben geschilderten Fällen mit folgenden Urteilen bekannt machen:

In La Spezia wurden 2005 wegen des Massakers in St. Anna di Stazzema zu lebenslanger Haft verurteilt:

Werner Bruss
Unteroffizier, Jg. 1920
(Wohnort unklar [gerüchteweise wohnhaft in oder bei Hamburg])

Alfred Mathias Concina (meist ohne `Mathias')
Unterscharführer, Jg. 1919
(wohnt laut ital. Presse in Rechenberg-Bienenmühle)

Ludwig Göring (teilweise als `Goring' benannt)
SS-Rottenführer, Jg. 1923
wohnt in Baden-Württemberg, zwischen Pforzheim und Karlsruhe (dt. Presse)

Karl Gropler,
SS-Unterscharführer, Jg. 1923,
Wollin/Brandenburg

Georg Rauch,
Unterleutnant, Jg. 1921
(Wohnort unklar)

Horst Richter,
Unterscharführer, Jg. 1921,
Krefeld

Heinrich Schendel,
Unteroffizier, Jg. 1922
wohnt an der Vogelbergstraße/Ecke Bachweg (B275) in Lißberg , einem Ortsteil von Ortenberg in der Wetterau/Hessen.

Gerhard Sommer (teilweise auch als `Gerard' benannt)
SS-Untersturmführer, Jg. 1921
wohnt in Hamburg-Volksdorf, Seniorenwohnheim der Cura AG, Lerchenberg 4

Alfred Schöneberg (teilweise auch als `Schoneberg' bzw. `Schönenberg' benannt)
SS-Unterscharführer, Jg. 1921
wohnte in Düsseldorf, inzwischen verstorben

Ludwig Heinrich Sonntag (auch als `Heinz Ludwig Sonntag' benannt, oder ohne `Heinrich'),
SS-Unterscharführer, Jg. 1924
Dortmund, inzwischen verstorben

Wegen Falzano di Cortona wurden zu lebenslänglicher Haft verurteilt:

Josef Scheungraber, Ottobrunn (siehe oben)
Herbert Stommel (Wohnort unbekannt)

Wegen Massakers in Branzolino-San Tome (bei Forli) zu lebenslänglicher Haft verurteilt:

Heinrich Nordhorn (wohnte in Greven, mittlerweile unbekannt verzogen)

Wegen Kephallonia nicht verurteilt (weil in Italien dazu kein Verfahren stattfand und weil die bayerische Justiz die Verfahren einstellte):

Othmar Mühlhauser aus Dillingen (siehe oben),

ferner weitere Personen aus dem Kreis der 196 von der VVN-BdA und Angreifbarer Traditionspflege bei der Staatsanwaltschaft angezeigten mutmaßlichen Täter.

Wir fordern Sie hiermit dringend auf zu handeln. Bitte führen Sie die überlebenden Verurteilten durch Auslieferungen bzw. durch Inhaftierungen in Deutschland ihrer Strafe zu.

Mit freundlichen Grüßen

VVN-BdA

Die Antworten: 

Justizministerium Baden-Württemberg

15.10.2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

für Ihr Schreiben vom 25.08.2007, gerichtet an die Justizminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland, danken wir Ihnen. Herr Justizminister Prof. Dr. Goll hat die zuständige Fachabteilung des Justizministeriums mit der Beantwortung beauftragt.

Wie Ihnen sicher bekannt ist, ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des Massakers von Sant'Anna di Stazzema. Alle übrigen von Ihnen angesprochenen Verfahren werden nicht von baden-württembergischen Staatsanwaltschaften bearbeitet. Wir können uns daher nur zu der strafrechtlichen Verfolgung der Täter des Massakers von Sant'Anna di Stazzema äußern.

Wie Sie wissen, ist uns eine umfassende strafrechtliche Aufarbeitung der national sozialistischen Gewaltverbrechen ein ernsthaftes und drängendes Anliegen. Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart berichten dem Justizministerium regelmäßig über das Ermittlungsverfahren wegen des Massakers in Sant'Anna di Stazzema. Demzufolge sind die Ermittlungen in enger Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden mit Nachdruck betrieben worden.

Für eine Anklageerhebung reicht die Beweislage bislang vorbehaltlich möglicher weiterer Erkenntnisse bei keinem der Beschuldigten aus. Ein Verbrechen des Totschlags wäre nach deutschem Recht seit langem verjährt. Deshalb kann die Staatsanwaltschaft die Täter ausschließlich wegen Mordes oder wegen Beihilfe zum Mord verfolgen. Eine entsprechende Verurteilung setzt aber nach den Regelungen des deutschen Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung voraus, dass jedem Beschuldigten über seine konkrete Beteiligung an der Tat hinaus auch ein Mordmerkmal nachgewiesen werden kann. Allein die Zugehörigkeit einer Person zu den in Sant'Anna di Stazzema eingesetzten Einheiten der Waffen SS kann den individuellen Schuldnachweis nicht ersetzen. Nach deutschem Recht muss in Bezug auf jeden einzelnen Beschuldigten festgestellt und belegt werden, dass und in welcher Form er bei dem Massaker beteiligt war und dass er persönlich, sowohl objektiv wie subjektiv, entweder grausam oder mit niedrigen Beweggründen gehandelt hat.

Solange nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass ein Beschuldigter aus niedrigen Beweggründen oder grausam im Sinne von § 211 des Strafgesetzbuches gehandelt hat, darf die Staatsanwaltschaft ihn nicht wegen Mordes oder wegen Beihilfe zum Mord anklagen. Anderenfalls würde sie elementare Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens verletzen, auf das jeder Beschuldigte Anspruch hat.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart sieht derzeit noch weitere Ermittlungsansätze. Insoweit sind allerdings auch Ermittlungsmaßnahmen im Ausland notwendig, die im Wege der Rechtshilfe erfolgen müssen. Deren Dauer kann von deutschen Behörden nur sehr begrenzt beeinflusst werden.

Sowohl die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union als auch die Übernahme der Strafvollstreckung in Deutschland ist rechtlich möglich. In beiden Fällen sind entsprechende Ersuchen des ausländischen Staates erforderlich. Im Falle der Auslieferung zur Strafvollstreckung ins Ausland bedarf es zudem der Zustimmung des Verurteilten. Die Zuständigkeit für die Auslieferung eines Verurteilten oder aber die Übernahme der Vollstreckung eines ausländischen Urteils richtet sich nach dem Wohnsitz des Betroffenen.

Italien hat die Auslieferung eines der durch das Militärgericht in La Spezia Verurteilten betrieben. Mangels Zustimmung des Beschuldigten wurde sie allerdings vom zuständigen Oberlandesgericht für unzulässig erklärt. In diesem Zusammenhang haben wir den italienischen Behörden anschließend mitgeteilt, dass ein förmliches Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung an uns gerichtet werden könne und von uns geprüft werde. Ein Ersuchen um Vollstreckungsübernahme wurde von den italienischen Behörden bisher nicht gestellt.

Mit freundlichen Grüßen

Brauneisen

Bayerisches Staatsministerium der Justiz

11. Oktober 2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 25. August 2007, das hier am 13. September 2007 eingegangen ist. Sie sprechen im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Verfolgung von Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht in Griechenland und Italien während des 2. Weltkrieges auch zwei in Bayern geführte Ermittlungsverfahren an. Hierzu kann ich zunächst Folgendes mitteilen:

Soweit es den Beschuldigten Mühlhauser betrifft, hat die Staatsanwaltschaft München 1, wie Ihnen bereits bekannt, das Ermittlungsverfahren am 27. Juli 2006 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das Verfahren war einzustellen, da ein Verbrechen des Totschlags aufgrund Verjährung nicht mehr verfolgt werden konnte und ein Tatnachweis im Hinblick auf Mordmerkmale nicht möglich war. Unzweifelhaft wurde mit dem Massaker an italienischen Soldaten auf der griechischen Insel Kefalonia 1943 in schrecklicher und ehrloser Weise gegen die Regeln des Kriegsvölkerrechts verstoßen. Auch steht außer Frage, dass es für diese Taten keine Rechtfertigung gab. Aus den vorliegenden Ermittlungsergebnissen kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der Beschuldigte Mühlhauser, der als Leutnant das Erschießungskommando bezüglich des italienischen kommandierenden Generals Gandin und mindestens zwölf seiner Offiziere leitete, bei seiner Tat aus niedrigen Beweggründen im Sinne des § 211 Strafgesetzbuch gehandelt hatte. Der Bundesgerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen, die u.a. zu Verbrechen des Nationalsozialismus wie auch zu Tötungen an der vormaligen innerdeutschen Grenze ergingen, klargestellt, dass aus einem objektiv menschenverachtenden Verhalten noch nicht auf subjektiv niedrige Beweggründe geschlossen werden kann. Insoweit war vorliegend vor allem zu berücksichtigen, dass dem Beschuldigten nicht widerlegt werden kann, dass bei seinem Handeln nicht in hohem Maße verwerfliche politische oder militärische Beweggründe bestimmend waren, sondern seine Auffassung, dass er einen ihm erteilten Befehl unter allen Umständen zu befolgen hatte. Eine solche Haltung kann Ausdruck einer menschlichen Schwäche sein, die selbstverständlich weder rechtlich noch sittlich zu billigen ist. Sie erfüllt aber nicht die Voraussetzungen der Mordmerkmale nach § 211 Strafgesetzbuch. Unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nicht mit der für eine Anklageerhebung ausreichenden Wahrscheinlichkeit mit einer Verurteilung des Beschuldigten wegen Mordes zu rechnen.

Soweit es den Beschuldigten Josef Scheungraber betrifft, hat die Staatsanwaltschaft München 1 das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dortmund mit Verfügung vom 16. Februar 2007 übernommen. Dem Beschuldigten liegt die Beteiligung an Massakern des Gebirgspionierbataillons 818 an italienischen Zivilpersonen im Juni und Juli 1944 zur Last. Die Ermittlungen dauern insoweit noch an.

Soweit Sie hinsichtlich des Massakers von Falzano di Cortona/Arezzo das vor dem Militärgericht von La Spezia durchgeführte Strafverfahren gegen Scheungraber ansprechen, ist zur Frage einer Auslieferung bzw. Vollstreckungshilfe Folgendes auszuführen:

Ein Auslieferungsersuchen der italienischen Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung, d.h. zur Durchführung des Strafverfahrens vor dem Militärgericht in La Spezia, ist hier nicht eingegangen. Eine Auslieferung ohne Ersuchen ist rechtlich nicht möglich. Eine Auslieferung zur Strafvollstreckung des italienischen Urteils in Italien würde zunächst die Rechtskraft des italienischen Urteiles voraussetzen. Ferner wäre wiederum ein Ersuchen der italienischen Behörden erforderlich. Bei der Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen zur Strafvollstreckung ist jedoch zu beachten, dass diese gemäß § 80 Abs. 3 des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) unzulässig wäre, sofern der Verfolgte nicht zustimmt. In einem solchen Fall käme bei einem rechtskräftigen Erkenntnis auf Ersuchen der italienischen Behörden nur eine Übernahme der Strafvollstreckung des italienischen Erkenntnisses in Deutschland in Betracht. Ob eine Vollstreckungsübernahme im Hinblick auf das in Abwesenheit des Verurteilten ergangene Urteil rechtlich möglich wäre, wäre in Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden und der Bundesregierung vertieft zu prüfen.

Mit freundlichen Grüßen

Röttle 

Ministerialrat

Der Leiter der Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund

08.10.2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Justizministerium des Landes Nordrhein Westfalen hat mir Ihr Schreiben übersandt.

Soweit in meiner Kompetenz stehend, und dazu zählt nicht die Vollstreckung ausländischer Urteile im Inland nach dem EG-Vollstreckungsübereinkommen, darf ich zu in Deutschland parallel zu italienischen Strafverfahren geführten Ermittlungsverfahren folgende Hinweise geben: Die Ermittlungen wegen des Massakers in Sant'Anna di Stazzema führt die StA Stuttgart unter dem Aktenzeichen 1 Js 79109/02. Das Ermittlungsverfahren gegen Josef Scheungraber und Herbert Stommel ist hier unter dem Aktenzeichen 45 Js 2/05 geführt worden. Gegen Herbert Stommel ist es noch anhängig. Bezüglich Josef Scheungraber ist es an die StA München 1 zu 121 Js 10394/07 abgegeben worden. Das Ermittlungsverfahren gegen Heinrich Nordhorn wird hier unter dem Aktenzeichen 45 Js 5/04 geführt. Zu Kefalonia: Gegen Othmar Mühlhauser hat die StA München 1 ein Ermittlungsverfahren geführt, dessen Ausgang Ihnen bekannt ist.

Die 196 von Ihnen angezeigten mutmaßlichen Täter gehören zu dem Personenkreis der hier im Verfahren 45 Js 34/64 überprüften und soweit noch als lebend ermittelt verfolgten rund 3500 ehemaligen Wehrmachtsangehörigen.

Mit freundlichen; Grüßen

(Maaß) Oberstaatsanwalt

Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg

15. November 2007

Verfolgung von NS Unrecht

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Auftrag von Frau Justizministerin Blechinger danke ich für Ihr Schreiben vom 25. August 2007, das hier am 14. September 2007 eingegangen ist. Im Zusammenhang mit den darin angesprochenen Kriegsverbrechen durch Angehörige der 16. SS Panzergrenadier-Division sind im hiesigen Geschäftsbereich keine Ermittlungen geführt worden. Hinsichtlich des in Brandenburg wohnhaften Karl Gropler wird ein entsprechendes Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart geführt. Nach Auskunft der dortigen Pressestelle sind die Ermittlungen bislang noch nicht abgeschlossen.

Die strafrechtliche Aufarbeitung von nationalsozialistischen Gewaltverbrechen ist dem Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg ohne jeden Zweifel ein wichtiges Anliegen. Allerdings sind insoweit die einschlägigen Rechtshilfebestimmungen zu beachten. Die von Ihnen geforderte Vollstreckung einer im Jahr 2006 erfolgten (Abwesenheits-)Verurteilung durch das Militärgericht in La Spezia/Italien ist an enge rechtliche Voraussetzungen geknüpft. Vor der Prüfung der Umwandlung dieses Urteils in ein vollstreckungsfähiges inländisches Straferkenntnis muss ein entsprechendes Ersuchen der italienischen Behörden vorliegen. Ein solches Ersuchen wurde von den italienischen Justizbehörden jedoch bislang nicht gestellt.

Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag,

(Dr. Leiwesmeyer)

Sächsisches Staatsministerium der Justiz

02. November 2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Auftrag von Herrn Staatsminister Mackenroth danke ich für Ihr Schreiben vom 25. August 2007, das hier am 14. September 2007 eingegangen ist. Soweit Sie darin die Verurteilung des Alfred Concina durch das Militärgericht von La Spezia wegen des Massakers in St. Anna di Stazzema und eine mögliche Auslieferung nach Italien ansprechen, kann ich Ihnen hierzu Folgendes mitteilen:

Die Republik Italien hat durch Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) im Juli 2007 um Auslieferung des Alfred Concina zur Strafvollstreckung ersucht. Gemäß § 83a Abs. 2 des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen gilt die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Auslieferung im SIS als Europäischer Haftbefehl. Nach der vorliegenden Ausschreibung wurde Alfred Concina durch Urteil des Militärgerichts von La Spezia vom 22. Juni 2005 zu einer Freiheitsstrafe von 30 Jahren verurteilt. Gemäß § 80 Abs. 3 des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen ist die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen zum Zwecke der Strafvollstreckung nur zulässig, sofern der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. Alfred Concina hat anlässlich seiner richterlichen Vernehmung die Zustimmung zu seiner Auslieferung an die Republik Italien nicht erteilt. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat die Auslieferung des Alfred Concina mangels Zustimmung nicht bewilligt. Ein Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung wurde von den italienischen Behörden bisher nicht gestellt. Die Frage, ob eine Vollstreckungsübernahme im Hinblick auf das in Abwesenheit des Verurteilten ergangene Urteil rechtlich möglich wäre, kann deshalb vorläufig dahinstehen.

Mit freundlichen Grüßen

Jena 

Ministerialrätin

Ministerium für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein

11. März 2008

Ihre Nachricht vom 25. 8. 07 

An

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Ihr Schreiben vom 25. August 2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Auftrag von Herrn Minister Döring danke ich für Ihr Schreiben vom 25. August 2007.

Die Verurteilung des Werner Bruss durch das Militärgericht La Spezia betreffend, kann ich Ihnen folgendes mitteilen:

Die Republik Italien hat unter Übersendung eines Europäischen Haftbefehls am 15. März 2007 um Auslieferung des Verurteilten gebeten. Er sei durch Urteil des oben genannten Gerichts vom 22. Juni 2005 zu einer Freiheitsstrafe von 30 Jahren verurteilt worden.

Die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen zum Zwecke der Strafvollstreckung ist gemäß § 80 Abs. 3 IRG nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. Werner Bruss hat anlässlich seiner richterlichen Anhörung diese Zustimmung nicht erteilt.

Dem entsprechend hat der Generalstaatsanwalt in Schleswig die Auslieferung nicht bewilligt. Ein Ersuchen der italienischen Behörden um Übernahme der Strafvollstreckung liegt hier bislang noch nicht vor. Ob eine Übernahme hinsichtlich eines in Abwesenheit ergangenen Urteils überhaupt möglich ist, müsste ggf. später geprüft werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ralf Peter Anders