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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

23.10.07

Für ein NRW-Konzept gegen die Nazis 

VVN-BdA: 75 Jahre nach der Machtübertragung an Hitler brauchen wir endlich Aufklärung über die Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945

Ulrich Sander, Bundes- und Landessprecher NRW der VVN-BdA: Grußwort an den Gründungsparteitag der Partei DieLinke in NRW, Gladbeck, Maschinenhalle Zweckel, 21.10.07

Liebe Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen!

Ich danke Euch für die Gelegenheit, Euch die Grüße unserer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten überbringen zu dürfen. Ich grüße Euch besonders von unserem VVN-Landessprecher Jupp Angenfort, dem letzten noch lebenden linken antifaschistischen Landtagsabgeordneten von NRW, der allerdings seine Parlamentszeit 1953 im Gefängnis beenden musste, weil er entschlossen gegen die Wiederaufrüstung und für die Ziele der KPD und der FDJ kämpfte.

Unsere VVN-BdA ist eine parteipolitisch unabhängige Organisation. Und sie bleibt es auch. Dass wir aber nach weit über 50 Jahren in Nordrhein-Westfalen wieder eine linke Partei mit parlamentarischen Chancen und außerparlamentarischen Erfahrungen und Engagement bekommen, eine Partei, in der Sozialdemokraten, Kommunisten und bisher parteilose Linke und Gewerkschafter als Sozialisten und Antifaschisten zusammenwirken – das gibt Anlass zu großen Hoffnungen und Erwartungen.

Denn wir sind der Meinung, dass den Antifaschistinnen und Antifaschisten in unserem Bundesland NRW eine besondere Verantwortung zukommt, um Bürgerrechte zu sichern, Neonazis zu bekämpfen und der Militarisierung zu begegnen. Es war unsere Landesregierung, die ein verfassungsfeindliches Verfassungsschutz-Gesetz für die Onlinedurchsuchung durchsetzte, die mit dem Festhalten am V-Leute-Konzept der NPD hilft und die mit dem Paragraphen 21 des Versammlungsgesetzes die antifaschistischen „Störer“ der extrem rechten Aktivitäten bekämpft und mit zwei Jahren Haft bedroht. Dem wirksamen Vorgehen gegen die rechten „Kameradschaften“ und gegen die NPD verweigert sich diese CDU-FDP-Regierung. Woche für Woche dürfen Neonazis in unseren Städten aufmarschieren. Unser Bundesland beheimatet Stationierungsorte für die Unterstützung völkerrechtwidriger Kriege und sichert die flächendeckende Zivilmilitärische Zusammenarbeit Inneres und das neue Reservistenkonzept ab, das heißt die Einsätze der Bundeswehr im Innern. Die Bundeswehr breitet sich in immer mehr Arbeitsagenturen aus, zm Teil mit Feldjägern, um junge Arbeitslose zu Soldaten zu machen. Und wenn wir unser Streikrecht wahrnehmen wollen, können wir es bald mit Bewaffneten aller Waffengattungen zu tun bekommen, wie bereits in Heiligendamm geschehen. NRW wurde zum Vorreiter im Abbau der gewerkschaftlichen Mitbestimmungsrechte in den Verwaltungen und der demokratischen Gepflogenheiten in den Gemeinden.

Da kommt die Bündelung der Linken – auch in Gestalt der Partei DieLinke – im richtigen Moment. Wir möchten in Euch Mitstreiter finden, um gemeinsam mit Repräsentanten demokratischer Bewegungen und der Gewerkschaften die weitere Arbeit für Demokratie und Bürgerrechte, für soziale Sicherheit, gegen Arbeitslosigkeit, gegen Militarismus und Neonazis im Lande voranzubringen.

Der selbe Staat, dessen Vertreter in Sonntagsreden zu Widerstand gegen Neonazis aufrufen, um das vermeintlich gute Ansehen Deutschlands in der Welt nicht zu gefährden, genehmigt und schützt Aufmärsche von Neonazis und Treffen von Ewiggestrigen in der ganzen Republik. Dagegen steht unsere erfolgreiche Aktion NoNPD. Sie hat Tausende neuer Kontakte gebracht und die Debatte um ein Verbot der NPD neu entfacht. Am 9. November werden wir mindestens 150.000 Unterschriften den Abgeordneten des Deutschen Bundestages überreichen. Dass dies möglich wurde, haben wir auch vielen SPD-Mitgliedern wie auch DKP- und DieLinke-Mitgliedern zu verdanken, vor allem den Gewerkschaften und Jugendorganisationen.

Danach kommt es dann zum Schwur. Die Parlamente müssen dann eine Antwort geben auf die Frage, die vor sechs Tagen die Süddeutsche Zeitung in ihrem Leitartikel stellte: „Will der Staat seine Spitzel in der NPD schützen, oder will er die Gesellschaft vor der NPD schützen? Beides zusammengeht nicht.“

Wie wir wissen, wurde dem deutschen Faschismus am 30. Januar 1933, vor nunmehr bald 75 Jahren der Weg an die Macht bereitet - vom reaktionären Konservatismus und Militarismus sowie von bestimmten ökonomischen Eliten. Anfang Januar 1933 wurde in Köln dies Bündnis perfekt gemacht. Und wir sollten dann öffentlich auf die Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945 hinweisen und eine Ausstellung in Angriff nehmen, ähnlich der Wehrmachtsausstellung. Diese drei politischen Strömungen sind noch immer sehr mächtig. Und daher gilt: Der antifaschistische Kampf geht weiter. Er muß vor allem weitergehen in gemeinsamen Handeln aller Antifaschisten und Demokraten. Er wird besser weitergehen, wenn mehr Menschen Mitglieder der VVN-BdA werden und den organisierten Antifaschismus stärken. Er wird besser weitergehen, wenn wir nicht nur örtlich, jeder für sich, „Nazis raus aus unserer Stadt“ rufen, sondern ein Antinazikonzept für ganz NRW schaffen.

1945 schworen die befreiten Häftlinge des KZ Buchenwald auf dem Appellplatz: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Aber der Nazismus wurde nicht mit seinen Wurzeln ausgerottet. Hitlers Schatten verdunkelt unsere Gegenwart und Zukunft, wenn wir nicht auch diesen Satz des Schwurs von Buchenwald beherzigen: „Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht.“

Und wenn die Mörder persönlich nicht mehr leben, dann gilt es, die Strukturen anzuklagen und anzugreifen, die Reaktion und Krieg immer wieder gebären. Vor den Richtern der Völker gehören die Rüstungskonzerne und das große Geld, dass an Krieg und Unterdrückung verdiente und verdient. Und da haben wir in Nordrhein-Westfalen eine großes Arbeitsfeld vor uns.

Wir wünschen uns eine gute enge Zusammenarbeit mit Euch und diesem Parteitag einen weiteren erfolgreichen Verlauf.