28.09.07
Rettet die Grundrechte
VVN-Bundessprecher: Gegen den
Notstand der Demokratie durch Bundeswehreinsätze im Inneren
Vortrag von Ulrich Sander auf der Informationsveranstaltung
"Bundeswehr im Innern" von verdi München am 26.9.07
I. Vom antimilitaristischen Konsens 1945 zur Einsatzarmee
Bundeswehr
Zu den Ursachen des deutschen Faschismus gehören der
Jahrhunderte alte preußisch-deutsche Militarismus und das Wirken
der Rüstungsindustrie. Die Führer der Antihitler-Koalition der
Staaten und Völker nannten daher die "Zerschmetterung des
deutschen Militarismus" (Roosevelt) als vorrangiges Kriegsziel.
Deutschland sollte demokratisiert, demilitarisiert, denazifiziert
und demonopolisiert werden. In der UNO-Charta, den Beschlüssen der
Alliierten von Potsdam 1945 und dem Grundgesetz der BRD wie auch der
ersten Verfassung der DDR wurden diese Ziele in der unmittelbaren
Nachkriegszeit bekräftigt. Noch heute steht im Grundgesetz der
Artikel 139, der die zur "Befreiung des deutschen Volkes vom
Nationalsozialismus und Militarismus erlassenen
Rechtsvorschriften" weiter gelten lässt. Das Verbot der
nationalsozialistischen und militaristischen Betätigung und
Propaganda in Deutschland ist seit Potsdam Bestandteil des
Völkerrechts.
Völkerrechtswidrig begann der Westen jedoch bald im Zuge des
Kalten Krieges mit der Militarisierung Westdeutschlands gegen den
Osten. Die Bewaffnung der DDR folgte. Adenauer entsprach den
Forderungen der US-amerikanischen und der alten Nazi-Militärs.
Antifaschisten hingegen taten alles in ihrer Kraft stehende, um den
militaristischen Ungeist in der Bevölkerung nicht wieder aufkommen
zu lassen. Sie zahlten ihren Preis dafür.
Am Abschluss des Kalten Krieges und der Ost-West-Konfrontation
stand eine Vereinbarung der DDR und der BRD, in der es heißt:
"Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der
Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen,
daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der
Verfassung des vereinten Deutschlands sind Handlungen, die geeignet
sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung
eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar.
Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
Demokratischen Republik erklären, daß das vereinte Deutschland
keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in
Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten
Nationen." (Artikel 2 des "Vertrages über die
abschließende Regelung in bezug auf Deutschland" vom 12. 9.
1990 <Zwei-plus-Vier-Vertrag>. Satz 2 ist wörtlich
Bestandteil von Artikel 26 GG.)
Längst hat Deutschland den Zwei-plus-Vier-Vertrag gebrochen, der
als Friedensvertrag gelten sollte. 1999 fanden die
Ostermarschaktionen der Friedensbewegung dann erstmals in einer
Situation statt, da Deutschland wieder Krieg führte. Auf einem
internationalen Treffen in Dortmund protestierten Opfer des
Nazi-Regimes, Mitglieder der VVN und Antifaschisten verschiedener
europäischer Länder: "Jeden Respekt vor der Geschichte
Jugoslawiens verweigernd und gegen deutsche Verfassung,
Nato-Vertrag, KSZE-Vertrag und UNO-Charta verstoßend, beteiligt
sich Deutschland an einem Aggressionskrieg gegen ein
Gründungsmitglied der UNO."
Immer wieder wird gefragt, wie konnte geschehen, dass wir
plötzlich im Kriege stehen. Unbemerkt hatte sich die tendenzielle
Wandlung in der Militärkonzeption vom Primat der Politik hin zum
Primat des Militärs erheblich beschleunigt.
So hieß es schon im November 1991 in der "Information für
die Truppe": Die Souveränität anderer Länder und das
Nichteinmischungsprinzip müssten "in Frage gestellt"
werden; grundlegende Prinzipien des Völkerrechtes und der
UN-Satzung "wie das Souveränitätsprinzip,
Nichteinmischungsgebot und das Selbstbestimmungsrecht bedürfen
einer Fortentwicklung." Und auch dies gab es damals schon:
"Im Zeitalter weltweiter Wanderbewegungen und internationalen
Terrorismus" verwischten zunehmend die Grenzen zwischen innerer
und äußerer Sicherheit. Das schrieb schon bald
Fraktionsvorsitzender Wolfgang Schäuble (CDU), um zu fordern, daß
die Bundeswehr auch bei größeren Sicherheitsbedrohungen im
Inneren, darunter Probleme mit Flüchtlingsströmen, "notfalls
zur Verfügung stehen sollte." (Das stand im Spiegel, 3. 1. 94,
sieben Jahre vor dem 11. 9. 2001!) Ex-Kriegsminister Prof. Scholz
(CDU) bezeichnete laut Agenturmeldungen vom Januar 1994 gar
Flüchtlingsströme gen Deutschland "Aggressionen".
Besonders wüst führten sich Schäuble und Scholz auf. Dieser
ehemalige Verteidigungsminister, der einst zurücktreten mußte,
weil er die Bevölkerung mit Tiefflügen in größte Gefahr bringen
ließ, und der sich 1990 als Verfassungsausschußvorsitzender daran
machte, das gesamtdeutsche Grundgesetz per Umdeutungen vom
antifaschistischen und antimilitaristischen Gehalt zu befreien - so
indem er den Artikel 139 über die Befreiung von Nationalsozialismus
und Militarismus als obsolet bezeichnete, gleichwohl aber nicht
verhindern konnte, ihn in der Verfassung zu belassen. In
Fürstenfeldbruck vor Generälen und Rüstungsindustriellen
verlangte er im September 1991: Nachdem die "wichtigsten"
Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges beseitigt worden seien, sollten
nun die Ergebnisse des Ersten Weltkrieges eliminiert werden. Zu den
wichtigsten Ergebnissen von 1945, die beseitigt wurden, zählte er
die Beseitigung des sozialistischen Versuchs in Europa, zu den
zweitwichtigsten scheinen Leuten wie Scholz nun die Grundrechte und
die bürgerlichen Freiheiten zu gehören, die es zu beseitigen gilt.
Vor allem bezog Scholz seine Beseitigungsforderungen auf den Balkan,
wo endlich die Zustände von vor 1918 wiederhergestellt werden
sollten.
Er sagte dies auf einem "Fürstenfeldbrucker Symposium für
Führungskräfte aus Bundeswehr und Wirtschaft", im September
1991 veranstaltet von der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände und der Bundeswehr. Dort wurde eine "neue
sicherheitspolitische Rolle Deutschlands" eingefordert.
Nebenbei: Wenn Bundespräsident Horst Köhler kürzlich in der
Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg von den führenden
Soldaten forderte, sich mehr als Elite zu verstehen und sich in die
Außen- und Sicherheitspolitik einzumischen, dann zeigt er seine
Ahnungslosigkeit. Das Offizierskorps ist längst eine Art Staat im
Staate geworden. Ich habe dies auf jener Tagung erlebt. Ähnliches
geschieht vielerorts: Die Einflussnahme des Militärs auf die
Politik. Ich habe an jener Tagung teilgenommen und später das
Protokoll (bbw Dokumentationsreihe Nr. 20 des Bildungswerkes der
Bayerischen Wirtschaft) eingesehen. Nachfolgend vergleiche ich die
Festlegungen der Tagung mit der Realität von heute.
Gefordert wurde 1991 von den Managern, Generälen und
CDU/CSU-Politikern: +)
Deutschland hat sich als stärkste Macht
Europas zu begreifen und entsprechend zu handeln. Es hat an
UNO-Militäraktionen teilzunehmen und "out of aerea", d.h.
weltweit mit NATO-Mandat militärisch zu agieren. Die EU hat sich in
eine Militärorganisation zu verwandeln. Das Grundgesetz erlaube
ohne Änderungen deutsche Kriegsbeteiligung. Angriffskriege sind
Deutschland erlaubt. Kriegsgründe sind die Verweigerung der
strategischen Rohstoffe und der Handelswege, die Masseneinwanderung
in unser Land und die Missachtung der westlichen Werte.
Alle diese Forderungen wurden verwirklicht.
Weiter wurde verlangt: Akzeptanz von Rüstung und Einsatz der
Truppe durch den Steuerzahler. Sicherung der
"Waffenbereitschaft" der Bürger. (Einleitung und Resümee
der Tagung in der Fliegerschule Fürstenfeldbruck). Was wurde
daraus? Das Arbeitsplatz-Argument (Kampf um jeden Arbeitsplatz in
der Rüstungsindustrie) und die Menschenrechtsdemagogie haben zur
Hinnahme von Rüstung und Kriegseinsätzen bei vielen in der
deutschen Bevölkerung geführt.
Angestrebt wurde auch: Ein neues Geschichtsbild ohne die Betonung
der Jahre 1933 bis 1945; "Auschwitz und Holocaust" dürfen
nicht länger gegen das Selbstbewußtsein der Deutschen
"instrumentalisiert" werden. (So mehrere Manager) Anstelle
der Bedrohung aus dem Osten müssen "Nation und Vaterland"
und die deutsche "Souveränität" als Begründung für die
Bundeswehr treten. (Scholz auf dem Symposium) Und auch dies trat
ein: Die Betonung auf das "Normalwerden" der Deutschen
führte zur Ablenkung von der deutschen Vergangenheit. Deutschland
wird so "normal" wie seine Nachbarn - und die, so die
deutschen Stammtische und immer mehr Medien, werden auch nicht mit
ihrer Vergangenheit konfrontiert. Wo Strauß forderte, wir sollten
aus dem Schatten von Auschwitz heraustreten, sagt jetzt Martin
Walser ähnliches. In der Bundeswehr etabliert sich eine neue Rechte
auf den Schultern der alten, die mit Traditionsverbänden der
Wehrmacht noch immer auf die politische Ausrichtung der Truppe
Einfluß nimmt. Sogar die selbst eingestandenen
rechtsextremistischen "Einzelfälle" in der Truppe sind
von 200 im Jahre 1997 auf 300 im Jahre 1998 - dem Jahr des
Untersuchungsausschusses des Parlaments zum Rechtsextremismus in der
Bundeswehr - gestiegen. Nun halten sie sich auf hohen Niveau. Nie
aufgeklärt wurden die Wirkungen der Aufrufe der Neonazis, unerkannt
als junge "Nationale" zum Bund zu gehen und sich für
kommende Kämpfe an der Waffe ausbilden zu lassen. Nach Antisemiten
und Nazifans wie Fritsch und Mackensen und vielen anderen sind noch
immer Kasernen benannt.
Die letzte Forderung war: Einführung einer allgemeinen
militärischen und sozialen Dienstpflicht für alle Frauen und
Männer. (Resümee der Tagung)
Dies ist der einzige Punkt aus dem Jahre 1991, der bisher noch
nicht auf dem Wege der Verwirklichung ist. Aber es wird daran
gearbeitet. Die Bundeswehr wurde transformiert - von der
Verteidigungsarmee zur Einsatzarmee. Entsprechend wurden und werden
Waffen und Gerät beschafft. Nun geht es an die Transformation der
Gesellschaft, die in Bundeswehrzeitschriften durchaus als Aufgabe
des Militärs bezeichnet wird. Dazu passt diese Meldung: Die CSU
setzt sich für die Weiterentwicklung der Wehrpflicht zu einer
"sicherheitspolitisch begründeten Dienstpflicht" ein, die
auch bei der Polizei oder im Katastrophenschutz abgeleistet werden
soll. Damit solle die Wehrgerechtigkeit gerettet werden. Christan
Schmidt (CSU), Gebirgsjägeroffizier und Staatssekretär im
Kriegsministerium, sagte, es müsse die "unerlässliche
Wehrpflicht an die neuen Risiken für die innere und äußere
Sicherheit angepasst werden". Ein solcher Dienst sollte auch
den Zivil- und Katastrophenschutz umfassen."
Fazit: Die Pläne der Militärs von Fürstenfeldbruck sind
verwirklicht worden. Sie fanden erstmals ihren Niederschlag in den
Verteidigungspolitischen Richtlinien 1992. Im ersten Entwurf dazu
wurden Befugnisse zur hoheitlichen Aufgaben der Bundeswehr im Innern
der Republik verlangt. Diese Forderung kam im Dokument noch nicht
zum Zuge. Das blieb den Verteidigungspolitischen Richtlinien
vorbehalten, die die Generäle dann Minister Peter Struck zur
Verabschiedung im Kabinett vorlegten.
Nachdem ich die Entwicklung des Militärischen im allgemeinen
seit 1945 streiflichtartig behandelte, komme ich zum Teil II, der
das Militärische im Rahmen der Innenpolitik und des allgemeinen
Demokratieabbaus behandelt.
II. Zum Krieg an der Heimatfront
Am 17. November 1881 hieß es im Reichstag in einer
"Kaiserlichen Botschaft" zur Schaffung der Bismarckschen
Sozialgesetze: "Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher
Kaiser, König von Preußen u.s.w., thun kund und fügen hiermit zu
wissen: ..." Da ist die Rede davon, "die Heilung der
sozialen Schäden" dürfe "nicht ausschließlich im Wege
der Repression sozialdemokratischer Ausschreitungen" gesucht
werden, "sondern gleichmäßig auf dem der positiven Förderung
des Wohles der Arbeiter".
Nachdem nun die 125jährige Sozialgesetzgebung umkehrbar gemacht
wurde, steht auch wieder an, "die Heilung der sozialen
Schäden" vor allem "im Wege der Repression
sozialdemokratischer Ausschreitungen" vorzunehmen. Und dies mit
Polizei und allen militärischen Waffengattungen, wie wir in
Heiligendamm erlebt haben.
Ohne Abstimmung im Bundestag wurde die
angebliche "Parlamentsarmee" in ein weiteres Land zu einem
Kampfeinsatz entsandt: Mecklenburg-Vorpommern. Mit Panzerwagen,
Kriegsschiffen und Tornado-Flugzeugen. Der verfassungswidrige
Einsatz im Innern anlässlich des G8-Gipfels kostete die
Steuerzahler lt. Pressemeldungen zehn Millionen Euro - zusätzlich
zu einem gewaltigen Rüstungsetat. Und er kostet Freiheitsrechte der
Bürger.
Der Abbau der Freiheitsrechte wird mit dem Krieg gegen den
Terror begründet, der von außen in unser Land getragen wird.
Bundesinnenminister Schäuble malt sogar "nukleare
Angriffe" mit schmutzigen Bomben auf unser Land an die Wand, um
sein Ziel zu erreichen, durch Onlinedurchsuchungen flächendeckend
Freiheitsrechte abzubauen. Kriegsminister Jung will eine
Grundgesetzänderung erzwingen, um die Bundeswehr auch zum
Kriegführen im Innern des Landes legal einsetzen zu können - und
wenn dieser Verfassungsbruch nicht erlaubt wird, dann werde man eben
den "übergesetzlichen Notstand" ausrufen, um gegen die
Verfassung zu handeln, z.B. verdächtige Flugzeuge abzuschießen.
In
Bundeswehrblättern wie "Information für die Truppe" wird
seit Jahren auf den Inlandseinsatz gegen den Terror und das heißt
"Chaosgruppen wie z.B. die Gruppe der
Globalisierungsgegner" (IfdT 3/2002) eingestimmt. Per
Reservistengesetz vom Februar 2005 wurden noch unter Rot-Grün über
eine Million ehemalige Soldaten zusätzlich für die
"Zivil-Militärische Zusammenarbeit ZMZ Inneres", d.h.
für den Einsatz im Innern bereitgestellt. Rund 5 Millionen
Reservisten stehen nun ständig zur Verfügung. Man hatte einfach
das Reservistenalter von 45 Jahren auf 60 aufgestockt. Nach welchen
Maßstäben die Bundeswehr ihre Einsätze gegen die Bevölkerung des
jeweils besetzten Landes - also auch des deutschen Landes -
ausrichtet, wird in dem Buch "Geheime Krieger" des
rechtsextremen Generals a.D. und ehemaligen Gebirgsjäger- und
KSK-Kommandeurs Reinhard Günzel ausgeplaudert: Nach denen der
Wehrmachts-Antiterroreinheit Division Brandenburg. Nebenbei: Diese
"Brandenburger" waren u.a. im Juni 1941 in Lwow/Lemberg
dabei, als 7000 Juden in wenigen Stunden von deutschen und
ukrainischen Wehrmachtsangehörigen ermordet wurden.
Und eine solche
Bundeswehr steht nun den zivilen Dienstellen "zur Seite"!
In sämtlichen 426 Landkreisen und kreisfreien Städten wurden in
den Rathäusern und Landratsämtern Kommandozentralen geschaffen.
Die Militarisierung des Landes erreicht mit dem neuen
Reservistenkonzept und der neuen "Zivilmilitärische
Zusammenarbeit Inneres" und ihre Anwendung beim G8-Gipfel einen
neuen Stand. Eine neue extrem rechte Organisation entsteht, -
zusätzlich zum Wirken alter und neuer Rechtsextremer in der
Bundeswehr. Und das ist die Reservistenbewegung.
Zur
Instrumentalisierung der Bundeswehr zum Einsatz im Innern kommt die
ideologische extrem rechte Beeinflussung der Bevölkerung: In rund
fünf Millionen Familien gibt es Reservisten, zu denen die
Bundeswehr laufend Kontakt hält. Die militaristischen
Traditionsverbände und die Reservistenverbänden erhalten immer
mehr Macht - und Geld der Steuerzahler.
Die Kriege zur
Rohstoffsicherung und Energieversorgung der westlichen
Industriestaaten - und darum handelt es sich im Kern - haben das
öffentliche Leben in diesen Staaten, auch in unserem, entscheidend
verändert. Neue Runden im Wettrüsten stehen bevor. Die
Dämonisierung des Iran, die Stigmatisierung Russlands und Chinas
als undemokratische, auf Weltherrschaft sinnende Regimes sollen die
Bevölkerung einschwören auf mehr Rüstung, mehr Militär und
offensive Zielsetzungen der Militärdoktrinen. Dies betrifft einmal
die Atomrüstung und das Setzen auf die Erringung der
Erstschlagskapazität durch die USA (neue Raketensysteme in
Mitteleuropa, d.h. in Tschechien und Polen). Auch wenn dies heute
noch vor allem Drohkulissen sein mögen, so rückt die Welt damit
doch näher an ein atomares Fiasko heran. Wir stehen vor einer Welle
internationaler Einsätze. Der Krieg soll unter dem Stichwort ‚militärischer
Humanismus' zum Alltag werden. Dementsprechend werden
widersprechende Regeln des Völkerrechts außer Kraft gesetzt.
Und das geschieht in unserem Lande vor allem durch faktische
Beseitigung der grundgesetzlichen Bestimmungen zum Verbot des
Angriffskrieges und seiner Vorbereitung und durch faktische
Streichung der Bestimmung, dass die Bundeswehr nur zur Verteidigung
dient (Artikel 26 und 87a). Anstelle des Grundgesetzes tritt die
Militärdoktrin der EU, ob mit oder ohne EU-Verfassung, die den
grundgesetzlichen Rahmen überwölben - sprich ihn aushebeln soll.
Zur Militarisierung des Landes gehört der Abbau der
demokratischen Rechte. Dies ist ein schneller werdender Prozess. Die
Gefahr einer Rechtsentwicklung ist offensichtlich. Sie fällt in
zwei Teile:
- Anwachsen des Neofaschismus und Duldung und Förderung
des Neonazismus durch den Staat einerseits und
- Abbau der
Demokratie durch den Staat, dies auch durch zunehmende
Militarisierung und Ausbau des Überwachungsstaates andererseits.
Das Konzept von Schäuble vom 9. 7. 07 (Spiegel) besagt:
- Beseitigung des verfassungsmäßig nicht veränderbaren Artikels 1
des Grundgesetzes (Schutz der Menschenwürde) - darum geht es auch
bei Jungs Vorstoß für das Abschießen von Flugzeugen
- Einsperren
von "Verschwörern und Gefährdern" in Lager, + gezielte
Tötungen von Regimegegnern,
- Kommunikationsverbote für politisch
Missliebige und ganze Ausländergruppen,
- Hausdurchsuchungen ohne
Anwesenheit von Zeugen und Betroffenen, denn das sind die geheimen
Onlinedurchsuchungen privater Computer
- Einsatz von Militär mit
Waffen gegen Demonstranten und
- umfassende Bespitzelung der Bürger
durch Polizei und Geheimdienste (Rasterfahndung).
Das ist Schäubles
extrem rechter Katalog, - er macht jedem faschistischen Umsturzplan
alle Ehre. Und Merkel ermutigt Schäuble: Keine Denkverbote im Kampf
gegen den Terror. Merkel sagt: Die Trennung von innerer und
äußerer Sicherheit ist "von gestern". Um zum Vorgestern
zurückzukehren. Nun also wieder Krieg nach außen und innen! Ihre
Partei nennt es in ihren Dokumenten "Verteidigung am Hindukusch
und in Hindelang".
Zu den weiteren Schäuble-Plänen gehören:
Fingerabdrücke aller Bundesbürger werden bei der Passbehörde
gespeichert, Mautdaten werden für Fahndungszwecke verwendet. Sodann
sollen erfolterte Geständnisse verwendet werden. Es soll
Vorratsspeicherungen der Verbindungsdaten aller Arten elektronischer
Kommunikation geben.
Doch das sind Absichten, wenig beachtet sind die erfolgten
Maßnahmen: Die Sicherheitsüberprüfung der Arbeiter und
Angestellten in vielen Bereichen der Wirtschaft und der
Verwaltungen. Schaffung der Anti-Terror-Datei, die "erstmals
seit der Nazizeit wieder Erkenntnisse von Polizei und Geheimdiensten
vereint" (Süddeutsche Zeitung 31.3.07). Mittels Hartz IV
werden Millionen Menschen Grundrechte genommen. Weiter: Arbeitszwang
für unverschuldet arbeitslose Personen. Junge Menschen werden in
die Armee gepresst, sonst droht ihnen Mittellosigkeit. Darauf laufen
die Bundeswehraktionen in den Agenturen für Arbeit hinaus - die z.T.
mit Feldjägern abgesichert werden. Zugleich: Millionen Reservisten
werden in Dateien erfasst und können mir nichts dir nichts
einberufen werden. Besonders Polizisten möchte Schäuble zu
Auslandseinsätzen zwingen - und die Bundeswehr soll
polizeiähnlicher werden. Wie auch die Polizei militärähnlicher
werden soll. Schon sorgt eine internationale Polizeitruppe
marineähnlich für die Sicherung und Kontrolle der EU-Außengrenzen
an den Küsten. Die EU bekämpft damit die Flüchtlinge, die auf das
europäische Territorium gelangen wollen.
Wir sehen: Das Gewaltkonzept des "Krieges gegen den
Terror" und der damit zusammenhängenden Militärdoktrinen
richtet sich keineswegs nur gegen auswärtige "Feinde". In
Deutschland wird jetzt das Konzept aus den USA angewendet. Nach dem
Homeland Security Council der USA fallen unter die Kategorien des
"inneren Verschwörers": "Ausländische islamische
Terroristen", "einheimische radikale Gruppen", von
"Schurkenstaaten und instabilen Ländern unterstützte
Gegner", "unzufriedene Arbeitnehmer". Der autoritäre
militärorientierte Staat ist die Kehrseite der neoliberalen
globalen Unterdrückung.
Es gibt eine militaristische "community" im Lande, wie
ich sie mal nennen möchte. Vorne weg: Der Reservistenverband. Er
hat laut eigenen Angaben 138.000 Mitglieder, die in etwa 2.500
"Reservistenkameradschaften" gegliedert sind. Insgesamt
werden im Bundesverteidigungsministerium 9,6 Millionen westdeutsche
Bürger als ehemalige Bundeswehrsoldaten (Wehrpflichtige und
Berufssoldaten) geführt; 1,9 Millionen von ihnen haben bisher an
Wehrübungen teilgenommen, können also jederzeit wieder einberufen
werden. Ein Apparat von 500 Hauptamtlichen des Reservistenverbandes
wird von der Bundeswehr bezahlt. Nun gibt es einen Aufschwung:
Im
Rahmen von ZMZ(i) - Zivilmilitärische Zusammenarbeit im Innern -
wurden bis zum Sommer dieses Jahres unter dem Kommando von schnell
mobilisierbaren 5.500 Reserve-Offizieren Tausende Reservisten in
Bereitschaft versetzt. Ausdrücklich heißt es in
Bundeswehrpublikationen, diese Bundeswehreinsätze im Innern dienten
nicht nur der Bekämpfung von Naturkatastrophen und der Hilfe bei
Unglücksfällen, sondern auch dem Kampf gegen den Terrorismus,
worunter das Vorgehen gegen die außerparlamentarische Opposition,
zu verstehen ist. Entgegen dem Wortlaut von Artikel 35 GG werden die
Anlässe des Einsatzes der Truppe im Innern
"Großschadensereignisse" genannt. Die Reservisten werden
für ihren Einsatz im Innern bezeichnenderweise vor allem an
Feldjägerschulen ausgebildet. Per "Amtshilfe" wird die
Bundeswehr der Polizei beigeordnet. Sie wird entgegen der
Verfassung eingesetzt.
Dieser Entwicklung liegt folgender Plan zugrunde: In den
Struck'schen VPR von 2003 (Verteidigungspolitischen Richtlinien)
steht: "Zum Schutz der Bevölkerung und der lebenswichtigen
Infrastruktur des Landes vor terroristischen und asymmetrischen
Bedrohungen wird die Bundeswehr Kräfte und Mittel entsprechend dem
Risiko bereithalten." Es geht dabei um den "Schutz der
Bürgerinnen und Bürger sowie kritischer Infrastruktur ... durch
die Bundeswehr." "Grundwehrdienstleistende und Reservisten
kommen dabei in ihrer klassischen Rolle, dem Schutz ihres Landes und
ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger, zum Einsatz." (Diese
Formulierungen finden sich auch im Weißbuch `06 wieder.)
CDU/CSU-Sprecher kommentierten erfreut: Das sei Heimatschutz,
Verteidigung nicht nur am Hindukusch im fernen Gebirge, sondern auch
bei Hindelang im deutschen Gebirge. In einem Papier der CDU/CSU,
abgefasst vom heutigen Parlamentarischen Staatssekretär im
Bundeswehrministerium und ultrarechten Gebirgsjäger Christian
Schmidt nach den Anschlägen in Madrid im März 2004, wird die
Schaffung eines neuen "Organisationsbereichs im
Verteidigungsministerium mit dem Titel ‚Landesverteidigung und
Heimatschutz'" angekündigt, dessen Aufgabe der Aufbau von bis
zu 50 vernetzten "Regionalbasen Heimatschutz" mit einer
Stärke von bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten in allen größeren
Städten Deutschlands sein soll. Bei einem Einsatz sollen die
betreffenden Regionalbasen durch Reservisten auf eine Stärke von
bis zu 5.000 Soldaten aufgestockt werden können. Die
"Heimatschutztruppe" soll zu 80 Prozent aus
Wehrpflichtigen und zu 20 Prozent aus Berufs- und Zeitsoldaten als
deren Führungspersonal bestehen.
Die größte rechtsextreme Bewegung entsteht - ohne große
öffentliche Erörterung. In einer stark verbreiteten
Soldatenzeitung, finanziert vom Verteidigungsministerium, wird
geschickt die Verbindung von der heutigen militaristischen Community
zur früheren hergestellt: "Vor 60 Jahren waren mehr als 18
Millionen Deutsche aus fast allen Familien Angehörige der
Wehrmacht. Sie werden derzeit zunehmend verunglimpft und pauschal
als Verbrecher beschuldigt. Der Einsatz unserer Bundeswehr heute ist
nur zu verantworten, wenn deren Pflichterfüllung von der
Gesellschaft unvoreingenommen mitgetragen wird. Das setzt Fairness
gegenüber der vorigen Soldatengeneration voraus." (loyal
10/99, Reservistenverband)
Das heißt: Geschichtsdiskurse, auch revisionistische, halten die
militaristische Community zusammen. Auch Streitfälle aus der
Geschichte, zum Beispiel Kriegsschuldfragen zum Ersten wie Zweiten
Weltkrieg, werden in den Traditionsverbänden noch immer lebhaft
erörtert. Antifaschismus wird empfunden "als Vehikel
kommunistischer Diktaturen", das "insbesondere in der
stalinistischen Zeit, eine üble Rolle spielte." Und so wird
auch die deutsche Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg vorsichtig
geleugnet und zwar anhand des bezeichnenden Buchtitels "1939
Der Krieg der viele Väter hatte" vom rechtsextremen Ex-General
Gerd Schultze-Rhonhof. Damit würden "Fragen an die heute
allgemein in Deutschland vertretene Sicht dieser Zeit und ihre
Exponenten gestellt." So die "Gebirgstruppe".
Was ist das für eine Bundeswehr, die sich als Weltgendarm
betätigt, entsprechend der Empfehlung der heute obersten
Befehlshaberin, damals nur CDU-Vorsitzende, heute Bundeskanzlerin,
Frau Dr. Angela Merkel. Von ihr stammt der furchtbare Satz: "Um
die Politik anderer Nationen zu beeinflussen, um den Interessen und
Werten der eigenen Nation zu dienen, müssen alle Mittel in Betracht
gezogen werden, von freundlichen Worten bis zu
Marschflugkörpern." (Münchner Sicherheitskonferenz 2004)
Diese Armee wird von einem Kader geleitet, über den "Die
Zeit" (20.11.03) schrieb: "Neue, noch nicht
veröffentlichte Daten bestätigen einen zwar nicht überraschenden,
aber dennoch ernsten Verdacht: dass Offiziersstudenten - die
künftige Führungselite der Bundeswehr - deutlich weiter rechts
stehen als ihre zivilen Kommilitonen. Und sie sind in jüngsten
Jahren noch ein Stück weiter nach rechts gerückt."
Fremdenfeindlichkeit und nationalistische Auffassungen von
"deutscher Kultur" und der Wunsch nach "Abwehr von
Fremden" und von "Überfremdung" stehen im
Mittelpunkt der Vorstellungen des neuen Offizierskorps. Die
"Zeit": "Die Einstellungen dieser künftigen
Truppenführer tendieren zum rechten Rand." (Die Zeit Nr.48 vom
20.11.2003, ähnlich in IfdT, Oktober 2003)
Die Gewerkschaften, einst führend im Kampf gegen die
Notstandsgesetze und gegen die Bundeswehreinsätze im Innern (und
Äußeren), nehmen sich nur zögernd dieses Themas an. Peter
Strutynski, der Sprecher des Friedensratschlages, hat zum 1.
September den Aufruf des DGB zu diesem Antikriegstag und die
Aktionen der gewerkschaftlichen Basis gewürdigt, zugleich aber
ausgeführt: "Die Bundeswehr aus Afghanistan zurück zu holen,
den Umbau der ursprünglich als reine Verteidigungsarmee
konstruierten Bundeswehr in eine weltweit eingreiffähige
Interventionsarmee zu stoppen, ‚Abrüstung statt Sozialabbau' zu
fordern, die Pläne des Innenministers Schäuble zum Einsatz der
Bundeswehr im Inneren zu bekämpfen - all das sind Forderungen, die
dem DGB auch heute gut zu Gesicht stehen würden."
Zusammenfassung:
- Die Militarisierung des Landes hat mit dem neuen
Reservistenkonzept einen neuen Stand erreicht. Viele Tausend
Soldatinnen und Soldaten werden darin einbezogen. Es erfolgt eine
Instrumentalisierung der Bundeswehr zum Kampf im Innern und zur
reaktionären Beeinflussung der Massen. So wächst eine gewaltig
große Militärorganisation heran.
- Neben der rechten Haupttendenz
der Truppe, existiert die neofaschistische Wühlarbeit in der Truppe
weiter. Sie wollen Einfluß und sie wollen Waffen und Waffenkunde.
- Als Gewerkschafter sagen wir, ein hohes Ziel muß die
Verteidigung der Demokratie sowie der Freiheit jedes Einzelnen sein.
Nur so haben sie die Möglichkeit, im Interesse der kleinen Leute zu
handeln. Deshalb wehren wir uns gegen neue Gesetze - und gegen alte
-, die den Geheimdiensten und der Bundeswehr immer mehr Macht geben,
um unsere Grundrechte zu beseitigen. Jede Maßnahme gegen die
Grundrechte, wie sie von Herrn Schäuble geplant und von Herrn Wolf
(NRW-Innenminister, der auf Landesebene die Onlinedurchsuchung per
Gesetz einführte) und Herrn Jung (Bundesverteidigungsminister)
vollzogen wird, hilft den Rechten mit ihren
Führerstaatsvorstellungen und schwächt die Gewerkschaften, die
Demokratie. Jede Maßnahme zur Reinwaschung des geschichtlichen
Faschismus auch.
- Wir müssen die sozialen Kämpfe wieder mit der
Friedensforderung verbinden und das heißt: Runter mit der Rüstung!
- Seit 1999 wird von Kriegstreibern behauptet, man müsse Krieg
zulassen, um ein Auschwitz nicht wieder zuzulassen. Es gilt, die
Verpflichtung "Nie wieder Krieg - nie wieder Faschismus"
mit ihren beiden Seiten wieder herzustellen.
Die Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA strebt die Verbindung von
Antimilitarismus/Antifaschismus mit der Friedensbewegung an. Wir
brauchen eine Friedensbewegung, die auch eine Demokratiebewegung
ist. Dazu müsste an den Konsens von 1945 wieder angeknüpft werden,
der besagt: "Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln
ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der
Freiheit ist unser Ziel." (Schwur von Buchenwald) Das bedeutet
vor allem: Die Einhaltung der UNO-Charta und des Völkerrechts. Wenn
darüber nachgedacht wird, Deutschland entsprechend Artikel 7 der
UNO-Charta militärisch tätig werden zu lassen, so sagen wir:
Deutschland hat sich aufgrund seiner Geschichte ganz aus Kriegen
fernzuhalten. Es gelten die UNO-Charta-Artikel 53 und 107 fort, die
Deutschland das Kriegführen verbieten. Und es gilt das Grundgesetz,
dessen Grundrechtekatalog, dessen antimilitaristische und
demokratische Bestandteile wir verteidigen.
+) Im einzelnen lauteten die Forderungen und ihre Realisierungen:
1. Deutschland muß nun endlich "normal" werden und sich
als stärkstes Land Europas als "Macht" begreifen, die
Verantwortung übernimmt; es ist zugleich zur "Partnership in
leadership" (US-Präsident Bush) aufgerufen. (So
Verteidigungsminister a.D. Rupert Scholz, CDU, auf dem Symposium der
Wirtschaft und der Bundeswehr im September in Fürstenfeldbruck)
Hingegen war dies Anfang der neunziger Jahre Konsens von der
Friedensbewegung bis zu Grünen und der SPD: Deutschlands Geschichte
verbietet es, wieder als militärische Großmacht aufzutreten. Heute
ist Deutschland eine "normale" große Macht, die eine
Rolle wie Großbritannien, USA und Frankreich spielt. Die Generäle
und nicht die SPD und Grünen haben sich durchgesetzt.
2. Deutschland muß UNO-Militäraktionen unterstützen und mit
Truppen daran teilnehmen. (Scholz 1991 in Fürstenfeldbruck)
Keine Kampfeinsätze, allenfalls UNO-Blauhelmeinsätze, sagten
damals SPD und Grüne. Heute ist Deutschland bei vielen
UNO-Militäraktion "im deutschen Interesse"
(Verteidigungspolitische Richtlinien) dabei.
3. Der NATO-Vertrag soll geändert werden, damit die NATO auch
als Nordatlantikpakt an anderen Meeren "out of aerea"
tätig werden kann. Legitimierungen für den Waffeneinsatz können
auch von WEU (heute in EU aufgegangen) und KSZE (heute OSZE) kommen.
(Prof. Rupert Scholz)
Anstelle der NATO und des Warschauer Vertrages soll ein
Gesamteuropäisches Sicherheitssystem treten, sagten einst SPD und
Grüne. Der NATO-Auftrag wurde 1999 erweitert. Statt die NATO
aufzulösen wurde die Vergrößerung der NATO betrieben. Es gibt die
militärische Selbstmandatierung der NATO anstelle des
Gewaltmonopols der UNO - und es gibt die Mandatierung für
Kriegseinsätze durch die EU (dies entsprach den Plänen von Fischer
und Scharping unter dem Stichwort Europäische
Verteidigungsidentität). Der "militärische Arm" der EU
wurde geschaffen.
4. Deutsche Auslandseinsätze sind ohne Änderung des
Grundgesetzes möglich. (Prof. Rupert Scholz)
Sie sollten gerade nicht möglich sein, war Konsens Anfang der
90er Jahre. Mittels der vom Parlament geduldeten Uminterpretation
des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht und unter Druck
des illegalen Generalstabs sind sie möglich geworden.
5. Zu schaffen ist ein Sicherheitsrat für Europa anstelle des
Weltsicherheitsrats. Keine politische Union ohne "europäische
Sicherheitsunion" (Scholz).
An die Stelle des Weltsicherheitsrates mit seinem Gewaltmonopol
gemäß UNO-Charta ist mit dem 16. Oktober 1998, dem
Vorrats-Beschluß des Bundestages über die Selbstmandatierung der
NATO in Sachen Kosovo und den Einsatz der Bundeswehr gegen Serbien,
der Nordatlantikpakt NATO getreten. (Nebenbei: Nie sollte es
Vorratsbeschlüsse für Bundeswehreinsätze geben; auch so ein
heiliges Prinzip der SPD/Grünen, das heute mit Füßen getreten
wird.) Die EU wurde zur "europäischen" NATO ausgebaut.
Mit seiner letzten Sitzung hat der 14. Bundestag das Ende der
Unterwerfung der Deutschen unter die UNO-Charta beschlossen -
"Bruch der UNO-Charta" wäre verharmlosend ausgedrückt.
6. Neben die unmittelbare Verteidigung tritt die Aufgabe der
internationalen Teilhabe der Deutschen mit gut ausgerüsteten
Eingreiftruppen. (BDA-Sprecher Hermann Linke 1991 in
Fürstenfeldbruck)
Diese Forderung wurde hundertprozentig erfüllt. Es wurde zudem
das Kommando Spezialkräfte (KSK) geschaffen.
7. UNO, WEU oder NATO sollen Militäreinsätze auch gegen den
Willen der Betroffenen, etwa gegen Jugoslawien, durchführen, um das
Selbstbestimmungsrecht, wozu auch die Sezession gehört, mit
Waffengewalt zu erzwingen. So Scholz 1991. In diesem Zusammenhang in
Fürstenfeldbruck weiter: Nach Überwindung der wichtigsten Folgen
des zweiten Weltkrieges "sind wir heute damit befaßt, noch die
Folgen des Ersten Weltkrieges zu bewältigen". Denn:
"Jugoslawien ist als Folge des ersten Weltkrieges eine sehr
künstliche, mit dem Selbstbestimmungsgedanken nie vereinbar
gewesene Konstruktion". Kroatien und Slowenien müßten
anerkannt werden, "dann handelt es sich im Jugoslawienkonflikt
nicht mehr um ein innenpolitisches Problem Jugoslawiens, in das
international nicht interveniert werden dürfe."
Genau so ist es geschehen, genauso kam es zum Krieg auf dem
Balkan. Jetzt wird das letzte Kapitel geschrieben: Abspaltung des
Kosovo von Serbien mit Hilfe der Bundeswehr.
8. Die Sicherheitspolitik hat sich einzustellen auf die
Gefährdung der Werte der westlichen Gemeinschaft, die mögliche
Verweigerung strategischer Rohstoffe, die Massenauswanderung nach
dem Westen. (Brigadegeneral Peter Vogler, Luftwaffe, 1991 in
Fürstenfeldbruck)
Die Abwehr gegen Flüchtlingsströme bei gleichzeitigem Griff
nach den Rohstoffen und Handelswegen in aller Welt
(Verteidigungspolitische Richtlinien) ist zum Kern der deutschen
Militärdoktrin geworden. Die "Werte" des Neoliberalismus
sind in den Mittelpunkt der Sicherheitspolitik Deutschlands
gerückt.
9. Umstrukturierung der Bundeswehr, die kleiner wird, was durch
Kaderung, d.h. schnelle Einbeziehung der Reservisten, und durch
Vergabe von Instandhaltungsaufgaben in den zivilen Sektor
ausgeglichen wird. (Brigadegeneral Peter Vogler 1991)
Die Bundeswehr wurde transformiert - von der Verteidigungsarmee
zur Einsatzarmee. Entsprechend wurden Waffen und Gerät beschafft.
Die Beibehaltung der Wehrpflicht dient vor allem der Beibehaltung
der gegenwärtigen Truppenstärke ("stehendes Heer", wie
der Außen-Staatsminister Volmer es richtig nannte) von 255.000 Mann
plus ca. eine Million Reservisten.
10. Man wolle keine Marktwirtschaft, sondern staatliche
Planwirtschaft auf dem Rüstungssektor, d.h. Weiterentwicklung von
Forschung und Technologie mit den Mitteln des
Verteidigungshaushalts. (Ministerialdirigent Norbert Roy, Beschaffer
im Bundesverteidigungsministerium 1991 auf dem Symposium)
Das Beschaffungsprogramm wird von allen Bundesregierungen
durchgesetzt. Die Bevölkerung wird um die Friedensdividende
betrogen.
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