03.07.07
Zur Ankündigung eines Neonaziaufmarsches in
Dortmund am Antikriegstag 1. September
Offener Brief an den
Polizeipräsidenten von Dortmund, Herrn Hans Schulze
Dortmund, 29. Juni 2007
An den Herrn
Polizeipräsidenten von Dortmund, Herrn Hans Schulze
Sehr geehrter Herr Polizeipräsident!
Justiz und Polizei haben die Nazis mit ihrer bisherigen Praxis
eingeladen, weiterhin antifaschistische und friedenspolitische
Gedenktage zu ihren widerlichen Aufmärschen zu missbrauchen. Nach
dem 27. Januar (sie nahmen einen Tag darauf, und es klappte) und dem
1. Mai ist nun wieder der Antikriegstag 1. September an der Reihe.
Die Stätte der großen Friedenskundgebungen der Dortmunder
Bevölkerung ist als Aufmarschplatz ausgesucht worden: Der
Friedensplatz.
Route und Losungen wie auch die Veranstalter – unter ihnen sind
Fortsetzer der in den 90er Jahren von den Innenministern verbotenen
NS-Gruppen – weisen auf den verbotswürdigen Charakter der neuen
Provokation hin.
Wir weisen die Behauptung zurück, solche Aufmärsche könnten
nicht verboten werden. Das Bundesverfassungsgericht ist an das
Gesetz gebunden. Der neue Volksverhetzungsparagraph des StGB vom 1.
April 2005 lautet u. a. „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer
Versammlung den öffentlichen Frieden in einer Weise dadurch stört,
dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft
billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.“ (§ 130 Absatz 4 STGB)
Nach allem was wir seit den letzten NS-Aufmärschen wissen, ist
am 1. September in Dortmund mit Straftaten nach dem
Volksverhetzungsparagraphen zu rechnen. Sind aber solche Straftaten
zu erwarten, kann auch ein Verbot durchgesetzt werden; auch das
Bundesverfassungsgericht hat schon entsprechend entschieden.
Wir fordern das Verbot des Nazi-Aufmarsches vom 1. September und
bitten Sie um entsprechende Schritte.
Begründung:
1. Auf Bundesebene wurde ein Gesetz erlassen, das
Naziversammlungen an Gedenkstätten verbietet. Sollen die Nazis nun
in Dortmund auf dem Friedensplatz aufmarschieren dürfen? Wir sagen
nein.
2. Am 1. September beabsichtigen die Nazis und Neonazis nun, den
symbolträchtigen Tag zu schänden. Am 1. September 1939 überfiel
Nazideutschland Polen. Die Nachfolger der Nazis, die in ihren
Programmen die Beseitigung der polnischen Nachkriegsgrenzen und das
Annektieren polnischen Gebietes fordern, sie blasen erneut zum
Feldzug gen Osten. So wie es am 27. Januar, dem Tag der Befreiung
des KZ Auschwitz, nicht erlaubt ist, Naziaufmärsche durchzuführen,
so soll es auch nicht gestattet sein, solche Märsche am 1.
September durchzuführen. Es wurde bereits wiederholt der
Antikriegstag 1. September von NS-Leuten missbraucht, in dem sie der
Losung „Nie wieder Krieg...“ die Worte hinzufügten „... nach
unserem Sieg, dem Sieg des nationalen Sozialismus.“ (So geschehen
im September 2005) Anstelle der Globalisierung verlangen die
heutigen Nazis den weltweiten Sieg des Nationalsozialismus, den sie
„nationalen Sozialismus“ nennen; auf die Frage, was dann aus dem
jüdischen, dem „auserwählten“ Volk werde; wird geantwortet,
ihm gehöre dann doch „das Himmelreich“. (Die Staatsanwaltschaft
Dortmund verfügt über Unterlagen, dass solche Äußerungen im
September 2005 in Dortmund gefallen sind.) 3. Wir verweisen
besonders darauf, dass die Ankündigung des weltweiten Sieges des
„nationalen Sozialismus“ durch die heutigen Nazis die Drohung
mit Krieg, Faschismus, Völkermord und Massenmord an den Juden
darstellt. Das ist Volksverhetzung. Doch der NS ist seit 1945
völkerrechtlich verboten! Mit ihm zu drohen, ist nach § 130 Absatz
4 STGB, in dem die Verherrlichung der NS-Gewaltherrschaft unter
Strafe gestellt ist, strikt untersagt. 4. Die höchsten Gerichte von
NRW immer haben immer wieder betont: „Eine rechtsextremistische
Ideologie lässt sich auch nicht mit den Mitteln des
Demonstrationsrechts legitimieren.“ (Beschluss des höchsten
Gerichts von Nordrhein-Westfalen, OVG NRW, Az 5 B B 585/01).
Bitte verfügen Sie ein Verbot des NS-Aufmarsches vom 1.
September.
Mit freundlichen Grüßen
- Ulrich Sander -
Landessprecher der VVN-BdA NRW
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