06.06.07
VVN-BdA bei Protesten gegen Kriegsverbrecher in
Bayern dabei
Die in Italien verurteilten
Kriegsverbrecher sollen endlich ihrer Strafe zugeführt werden -
Zentralstelle für Bearbeitung von NS-Massenverbrechen in Dortmund
wurde eingeschaltet
Eine große Gruppe von VVN-BdA-Mitgliedern aus
Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg ist zu Pfingsten
nach Bayern gereist, um an den Gedenkveranstaltungen für die Opfer
der Wehrmachtsgebirgstruppe in Mittenwald und an den Aktionen für
die Bestrafung der Täter und die Entschädigung der Opfer sowie
gegen die aktuellen Kriegseinsätze der Gebirgstruppe teilzunehmen.
Während die Staatsanwaltschaft Dortmund durch den Leiter der
Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen, Herrn
Ulrich Maaß, bestätigte, dass die inzwischen in Italien
verurteilten Kriegsverbrecher in Deutschland ihre Strafe absitzen
könnten, verbot die bayerische Justiz und Polizei den
Demonstranten, sogar die Namen der Täter zu nennen, vor deren
Häusern in Dillingen und Ottobrunn sie aufgezogen waren.
Bei den anschließenden Veranstaltungen in Mittenwald ging es
dieses Jahr um den Protest gegen den 50. Jahrestag der
Kriegsverbrecherehrung am nahen Berg Hohen Brendten und auch um ein
Klageerzwingungsverfahren wegen des Wehrmachtsmassakers im September
1943 auf der griechischen Insel Kephallonia. Die Massenexekution
durch Mitglieder des Gebirgsjägerregiments 98 der 1.
Gebirgsdivision gilt als eines der schwersten Kriegsverbrechen der
Hitler-Truppen. Über 4.000 unbewaffnete italienische
Kriegsgefangene waren damals ermordet worden. Ihre Namen wurden in
einer Gedenkveranstaltung auf einem Platz in Mittenwald verlesen.
Auch die Namen der Opfer aus anderen Opfergemeinden in Griechenland
und Italien wurden verlesen. Ihre Mörder blieben in Deutschland
unbehelligt.
Nachdem inzwischen mehrere Kriegsverbrecher aus der
NS-Gebirgstruppe in Italien zu lebenslänglichen Zuchthausstrafen
verurteilt wurden (Liste siehe unten), setzen sich die Gruppe „Angreifbare
Traditionspflege“ und VVN-BdA verstärkt dafür ein, dass diese
Personen, die in Deutschland Straffreiheit genossen, entweder nach
Italien ausgeliefert werden oder in Deutschland verhaftet und ihrer
Strafe zugeführt, bzw. vor Gericht gestellt werden. Wie die
zuständige Zentralstelle für die Bearbeitung von
NS-Massenverbrechen in Dortmund der VVN-BdA durch Oberstaatsanwalt
Ulrich Maaß mitteilte, ist es möglich, in Deutschland die Strafen
zu verbüßen, die in Italien verhängt wurden. Besonders geht es um
die Fälle Othmar Mühlhauser aus Dillingen an der Donau und Josef
Scheungraber in Ottobrunn bei München. Der ehemalige
Kompanieführer im Gebirgspionierbataillon 818 Scheungraber ist für
die grausame Ermordung von mindestens 13 Menschen im Juni 1944 in
dem toskanischen Dorf Falzano bei Arezzo verantwortlich. Mühlhauser
hatte am 24. September 1943 auf Kephallonia das Kommando gegeben,
den italienischen General Antonio Gandin und mindestens zwölf
seiner Offiziere zu erschießen, darunter auch de Negri.
Scheungraben wurde in Italien verurteilt, Mülhauser in München
außer Verfolgung gesetzt, nachdem in Dortmund gegen ihn die Beweise
zusammengetragen worden waren.
Die Protestaktionen und Gedenkveranstaltungen zu Pfingsten in
Mittenwald, sind von den Behörden wieder stark behindert worden.
Nur sehr weit entfernt vom Hohen Brendten konnten die
Antifaschistinnen und Antifaschisten agieren. Ihr Demonstrationszug
wurde von Hunderten Polizisten (die Ortspresse schrieb später: Auf
jeden Demonstranten kam ein Polizist) in einen wandelnden Kessel
verwandelt. In einem Zelt am Bahnhof konnten die Teilnehmer des
Protestes jedoch weitgehend ungestört ein Zeitzeugengespräch
erleben. Dabei sprachen Marcella di Negri, Tochter des von Otmar
Mühlhauser ermordeten Hauptmanns Cap. Francesco De Negri sowie ihr
Bruder und ein österreichisch-tschechischer Ex-Partisan. Frau De
Negri berichtete: Die Einstellung des Verfahrens gegen den
Gebirgsjäger Otmar Mühlhauser wegen seiner Beteiligung an den
Massakern an 4000 entwaffneten kriegsgefangenen italienischen
Soldaten auf Kephallonia ist in der italienischen Öffentlichkeit
mit großer Empörung aufgenommen worden. Bis heute warten die
Angehörigen der Ermordeten der Divisione Acqui auf die Verurteilung
der Mörder in Deutschland. Obwohl die Mörder aus den
Gebirgsjägereinheiten namentlich bekannt sind (rund 200
mutmaßliche Täter haben VVN-BdA und Angreifbare Traditionspflege
bei der Justiz angezeigt) und sie sich jedes Jahr zu Pfingsten im
bayerischen Mittenwald unter dem Schutz von Bundeswehr und Polizei
treffen, hat die deutsche Justiz ein weiteres Kapitel der
Straflosigkeit für NS-Mörder geschrieben.
Während des militaristischen, die Wehrmacht und den „Krieg am
Hindukusch“ verherrlichenden Gottesdienstes auf dem Hohen Brendten
– auf dem Vertreter der Bundes- und Landesregierung sprachen –
kam es zu einer weiteren überraschenden verwandtschaftlichen
Begebenheit: Ein Neffe des Josef Scheungraber trug ein Schild mit
folgender Aufschrift:
Mein Onkel Sepp
Josef S. aus Ottobrunn ist wegen eines Massakers von
Falzano (Tötung von 13 Zivilisten) zu lebenslänglicher Haft
in Italien seit September 2006 verurteilt. (SZ vom 30.9.06).
Die deutsche Justiz hat diesen Mord an Zivilisten nie
bearbeitet. Es gab keine Verurteilung. Es gab keine
Verhandlung. Er wurde weder verurteilt, noch freigesprochen.
Folglich ist Onkel Sepp ein lebenslänglicher Freigänger.
(Text eines Plakats, das Heinrich Schwarzmayr, Dipl.Ing.
aus 85521 Ottobrunn, auf der Kundgebung und Demonstration
gegen das Kriegsverbrechertreffen am Hohen Brendten zu
Pfingsten 2007 in Mittenwald trug.) |
Anschließend nahm der Träger des Schildes, Heinrich Schwarzmayr,
in Mittenwald an der Demonstration dafür teil, daß Leute wie Josef
Scheungraber und Otmar Mühlhauser ihre Strafe absitzen und dass die
Täter bestraft und die Opfer entschädigt werden.
Der Scheungraber hat übrigens auf dem Hohen Brendten an dem
sogenannten Gottesdienst der Militaristen teilgenommen, er lauschte
den Reden u.a. von Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) aus
Berlin. Das Bild des verurteilten Kriegsverbrechers ist in einem
Großfoto auf der Titelseite des „Garmisch Partenkirchner
Tagblattes“ am Tag nach Pfingsten zu sehen. Trotz der Hinweise
seines Neffen Heinrich Schwarzmayr und der VVN-BdA sowie Angreifbare
Traditionspflege kam es nicht zur Festnahme des Täters; die
anwesende Staatsanwältin hatte mit ihren Maßnahmen gegen
Demonstranten zu tun, die auf dem Hohen Brendten ihre Schilder „Keine
Verjährung für Mord“ und „Faschismus ist keine Meinung,
sondern ein Verbrechen“ den Teilnehmern des
Kriegsverbrechertreffens entgegenhielten. Die acht Demonstranten
wurden festgenommen, ihrer Schilder beraubt und stundenlang
entwürdigend eingesperrt.
Die VVN-BdA hat nunmehr den Vorgang u.a. um den Mörder von
Falzano und den Täter von Kephallonia dem zuständigen
Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß zur Kenntnis gebracht.
Zugleich wurde die zuständige
Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen in
Dortmund an folgende Fälle erinnert, die in Italien zu
Verurteilungen führten (Angaben laut Angreifbare Traditionspflege):
In La Spezia wurden 2006 wegen des
Massakers in St. Anna di Stazzema zu lebenslanger Haft verurteilt:
Werner Bruss
Unteroffizier, Jg. 1920
(Wohnort unklar, [gerüchteweise wohnhaft in oder bei Hamburg])
Alfred Mathias Concina, (meist ohne `Mathias')
Unterscharführer, Jg. 1919
(wohnt laut ital. Presse in Rechenberg-Bienenmühle)
Ludwig Göring, (teilweise als `Goring' benannt)
SS-Rottenführer, Jg. 1923
wohnt in Baden-Württemberg, zwischen Pforzheim und Karlsruhe (dt.
Presse)
Karl Gropler,
SS-Unterscharführer, Jg. 1923,
Wollin/Brandenburg
Georg Rauch,
Unterleutnant, Jg. 1921
(Wohnort unklar)
Horst Richter,
Unterscharführer, Jg. 1921,
Krefeld
Heinrich Schendel,
Unteroffizier, Jg. 1922
Wohnt an der Vogelbergstraße/Ecke Bachweg (B275) in Lißberg ,
einem Ortsteil von Ortenberg in der Wetterau/Hessen.
Gerhard Sommer, (teilweise auch als `Gerard' benannt)
SS-Untersturmführer, Jg. 1921
wohnt in Hamburg-Volksdorf, Seniorenwohnheim der Cura AG,
Lerchenberg 4
Alfred Schöneberg, (teilweise auch als `Schoneberg' bzw.
`Schönenberg' benannt)
SS-Unterscharführer, Jg. 1921
wohnte in Düsseldorf, inzwischen verstorben
Ludwig Heinrich Sonntag, (auch als `Heinz Ludwig Sonntag'
benannt, oder ohne `Heinrich'),
SS-Unterscharführer, Jg. 1924
Dortmund, inzwischen verstorben
Wegen Falzano di Cortona wurden zu
lebenslänglich verurteilt:
Josef Scheungraber, Ottobrunn (siehe oben)
Herbert Stommel (Wohnort unbekannt)
Wegen Massakers in Branzolino-San
Tome (bei Forli) zu lebenslänglich verurteilt:
Heinrich Nordhorn (wohnte in Greven, mittlerweile unbekannt
verzogen)
Wegen Kephallonia nicht verurteilt:
(weil in Italien dazu kein Verfahren stattfand und weil die
bayerische Justiz die Verfahren einstellte):
Othmar Mühlhauser aus Dillingen (siehe oben), ferner weitere
Personen aus dem Kreis der 196 von der VVN-BdA und Angreifbarer
Traditionspflege bei der Staatsanwaltschaft angezeigten
mutmaßlichen Täter.
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