13.01.07
Abbau der Bürgerrechte wird nicht widerstandslos
hingenommen
Keiner hat's gemerkt: VS darf
private Heimcomputer ausspionieren
"Das Ausspionieren von Computern und E-Mails kommt letztlich
einer elektronischen Hausdurchsuchung gleich, ohne dass die
Betroffenen davon erfahren und die Maßnahmen gerichtlich
überprüfen lassen können. Selbst der Kernbereich der
Privatsphäre ist künftig vor dem Zugriff des Verfassungsschutzes
nicht mehr sicher,“ erläuterte der Münsteraner Rechtsanwalt
Wilhelm Achelpöhler zentrale Aspekte der
Verfassungsbeschwerde."
So heißt es in einer Erklärung der Anti-Kernkraft Bewegung, die
sich gegen das neue Verfassungsschutzgesetz von Nordrhein-Westfalen
wendet. Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler aus Münster hat es in die
Hand genommen, gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe
einzulegen.
Monika Düker (MdL), innenpolitische Sprecherin der Grünen im
Landtag von NRW, hat den Sozialdemokraten vorgeschlagen, in Münster
beim Landesverfassungsgericht gegen das Gesetz zu klagen. SPD und
Grüne hatten am 20. Dezember gegen das Gesetz gestimmt.
Die VVN-BdA legt hiermit eine kurze Dokumentation zum Gesetz vor,
das ohne öffentliche Diskussionen von CDU und FDP durch den
Düsseldorfer Landtag gebracht wurde. Die Vorschläge der Klage in
Karlsruhe wie in Münster werden von der VVN-BdA unterstützt.
Wichtig ist aber vor allem eine öffentliche Debatte über den
Demokratieabbau und den Abbau von Bürgerrechten durch Schwarz-Gelb
in Düsseldorf. Die VVN-BdA bereitet Aktionen vor, darunter
Mahnwachen vor dem Innenministerium in Düsseldorf.
Verantw. Ulrich Sander, Landessprecher
Dokumentation
Am 25. 12. 06 sandte der VVN-BdA-Landessprecher Ulrich Sander den
folgenden Leserbrief an die Westfälische Rundschau. Der Brief wurde
leicht gekürzt am 6.1.2007 abgedruckt.
Betr. WR 21. 12. 06 "Staatsschutz darf Privat-PC
ausspähen"
Die Frankfurter Rundschau berichtete: Schon im Februar 2006
erhielt die Polizei aus Karlsruhe die Erlaubnis, für die verdeckte
Recherche "ein hierfür konzipiertes Computerprogramm von
außen auf dem Computer des Beschuldigten zu installieren". Die
Polizei durfte via Internet einen Trojaner auf den betreffenden
Rechner einschleusen. Erst jetzt kam ein Gegengutachten eines
BGH-Richters an die Öffentlichkeit. Eine solche Ausforschung eines
Rechners sei "gesetzlich nicht zulässig", schrieb er. Es
handele sich vielmehr um einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht
auf informationelle Selbstbestimmung. Generalbundesanwältin Monika
Harms legte Beschwerde ein, über die der 3. Strafsenat wohl im
Januar entscheiden wird. Frau Harms wie auch Minister Schäuble
(siehe FR) wollen den Hacker von Staats wegen.
Nicht bis Januar warten und das Hacken nicht auf die Polizei
beschränken wollte die Landesregierung und drückte am 20. Dezember
2006 im Düsseldorfer Landtag ein neues
"Anti-Terror-Gesetz" durch, um das ungefragte
Ausspionieren der Computer der Bürger per Internet
auszuweiten.
Die Bürgerinnen und Bürger erfuhren über ein solches Gesetz
erst etwas, als schon alles gelaufen war. Weder die Medien - auch
nicht die WR -, noch die Opposition informierten die Öffentlichkeit
über die Absichten des Innenministers Dr. Ingo Wolf (FDP). Unter
dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung werden die Bürgerrechte
abgebaut. Und die Bürger erfahren es erst, wenn alles gelaufen ist.
Herzlichen Dank, sehr geehrte verschlafene Redaktion!
Der Leserbrief ging auch der Fraktion der Bündnis 90 / Grünen
im Landtag von NRW zu. Frau Monika Düker (MdL) antwortete:
Sent: Friday, December 29, 2006 5:00 PM
Subject: AW: Leserbrief Abbau der
Bürgerrechte durch die Landesregierung
Sehr geehrter Herr Sander, danke für Ihr mail. Tja, so ist das
in unserer Mediengesellschaft. Wenn die Opposition der Meinung ist,
dass die Regierung und die Koalitionsfraktionen im Landtag gerade
ziemlich schreckliche bürgerrechtsfeindliche Gesetze machen, heißt
dies noch lange nicht, dass unsere Argumente von den Medien auch
gedruckt werden. Ich selbst habe bereits nach Kabinettsbeschluss vor
den Sommerferien ein Pressegespräch dazu gemacht. Die Resonanz war
nicht groß, aber einige Zeitungen haben etwas gebracht. Die
nächste Station war die erste Lesung, danach die Anhörung, dann
zweite Lesung und dritte Lesung. Während des ganzen
parlamentarischen Verfahren, habe ich mehrere Presseerklärungen
gemacht. Ebenso die SPD. Dass diese Öffentlichkeitsarbeit nicht
jeden erreicht, ist leider von uns nur begrenzt steuerbar. Wir
Grüne könnten darüber hinaus als Fraktion in NRW eine
Normenkontrollklage beim Verfassungsgerichtshof in Münster
anstreben. Dies ist nach unserer Landesverfassung aber nur dann
möglich, wenn ein Drittel der Mitglieder des Landtags dies
beantragt. Da die SPD-Fraktion nach den letzten Äußerungen da
nicht mitmacht, sind wir im Moment leider handlungsunfähig. Für
weitere Informationen schauen Sie doch auf meine homepage. Einen
guten Start ins neue Jahr wünscht Ihnen
Monika Düker, MdL Innen- und Migrationspolitische Sprecherin
Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW Platz des Landtags 1 40221
Düsseldorf
Tel.: 0211/8842204 Fax: 0211/8843529 www.monika-dueker.de
Da wir vermuten mussten, dass die außerparlamentarischen
demokratischen Kräfte und Oppositionellen die Vorgänge nicht
mitbekommen hatten, informierten wir Linkspartei/PDS, DKP,WASG,
Gewerkschafter u.a. über unseren Leserbrief. Eine einzige Antwort
wurde uns zuteil, aus der hervorging, dass die Umwelt- und
Demokratiebewegung von NRW dennoch am Ball ist:
Atomkraftgegner kündigen
Verfassungsbeschwerde an - "NRW-Verfassungsschutzgesetz ist
rechtswidrig"
Münsterländer Anti-Atomkraft-Initiativen kündigten heute an,
gegen die zu Jahresbeginn in Kraft getretene Novelle des
NRW-Verfassungsschutzgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht
Verfassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Sie befürchten, dass der
NRW-Verfassungsschutz mit den von der CDU-/FDP-Landesregierung
initiierten Gesetzesänderungen u. a. durch das Ausspionieren von
privaten Computern und E-Mails verfassungswidrig in die private und
berufliche Sphäre von AtomkraftgegnerInnen eindringen könne. Die
Initiativen beauftragten den renommierten Münsteraner Fachanwalt
Wilhelm Achelpöhler mit der Ausarbeitung der Beschwerdeschrift.
"Schon jetzt beschäftigt sich der NRW-Verfassungsschutz
völlig ausufernd mit der Arbeit der Anti-Atomkraft-Initiativen und
dabei insbesondere mit unserer Öffentlichkeitsarbeit. So heißt es
auf Seite 122 des NRW-Verfassungsschutzberichts für 2005: Die
Anti-Atomkraft-Initiativen wollten durch "Einbeziehung der
Medien" "ihrem Anliegen eine sympathische Darstellung
verschaffen". Dieser Abschnitt belegt eindeutig, dass der
NRW-Verfassungsschutz in stereotypen Feindbildern verharrt und sogar
das Alltagsgeschäft außerparlamentarischer Initiativen
rechtswidrig überwacht. Und das, obwohl laut Verfassungsschutz
"staatsfeindliche Zielsetzungen" "auf ein kaum
wahrnehmbares Niveau abgefallen" seien (ebd. S. 123)," so
Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen
Atomanlagen.
"Als Pressesprecher der Bürgerinitiative "Kein
Atommüll in Ahaus" muss ich durch die Gesetzesnovelle konkret
befürchten, dass der NRW-Verfassungsschutz in Zukunft sogar die
Computer meiner Familienangehörigen insgeheim ausforscht. Der
Verfassungsschutz müsste mich nicht einmal im Nachhinein darüber
informieren. Die CDU-/FDP-Landesregierung ermöglicht es, ohne
öffentliche Kontrolle nach Belieben das Privatleben unliebsamer
Personen auszuforschen - dem wollen wir mit der
Verfassungsbeschwerde einen Riegel vorschieben," erklärte
Felix Ruwe von der BI Ahaus.
"Die geänderte Fassung des NRW-Verfassungsschutzgesetzes
ist verfassungswidrig. Befugnisse, die dem Verfassungsschutz
ursprünglich nur zur Anti-Terror-Bekämpfung eingeräumt wurden,
werden jetzt auf alle angeblichen "Gegner der freiheitlich
demokratischen Grundordnung" ausgedehnt - also auf alle, die im
Verfassungsschutzbericht erwähnt werden. Außerdem wird die
rechtsstaatlich gebotene Trennung von Polizei und Verfassungsschutz
aufgehoben. Mit schwammigen Formulierungen wird dem
Verfassungsschutz Tür und Tor geöffnet, so dass er ohne konkrete
Anhaltspunkte rechtlich fragwürdige Maßnahmen durchführen darf.
Das Ausspionieren von Computern und E-Mails kommt letztlich einer
elektronischen Hausdurchsuchung gleich, ohne dass die Betroffenen
davon erfahren und die Maßnahmen gerichtlich überprüfen lassen
können. Selbst der Kernbereich der Privatsphäre ist künftig vor
dem Zugriff des Verfassungsschutzes nicht mehr sicher,"
erläuterte der Münsteraner Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler
zentrale Aspekte der Verfassungsbeschwerde.
Die Anti-Atomkraft-Initiativen fordern, dass das umstrittene
Gesetz komplett gekippt wird.
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