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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
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Landesvereinigung NRW

 

13.01.07

Dom zu Köln: Soldatengottesdienst 2007 

Kardinal Meisner heiligte weltweite Kriegseinsätze für Rohstoffe

Köln. 11. Januar 2007. Das hoch aufragende Fototransparent "Bundeswehr wegtreten" konnten alle auf dem Domplatz lesen. 1500 Soldaten der Bundeswehr und anderer NATO-Staaten ließen sich ihre weltweiten Kriegseinsätze von Kardinal Meisner religiös absegnen. Der Protest gegen Meisners militärische Verdrehung des katholischen Weltfriedenstages war nicht zu übersehen und zu überhören.

Als Kardinal Meisner in den Dom einzog, standen Soldaten und Priester im Domvorraum für ihn Spalier. Ein Chor empfing den Gotteskrieger und langjährigen Bundeswehrfan. Dank der guten Akustik konnten sehr viele Soldaten die Kritik an Meisners Waffensegnung hören, gesungen nach der Melodie des geistlichen Volksliedes "Ihr Kinderlein kommet".

Als ein größerer Trupp Feldjäger, mit roten Baretten bekleidet, keuchend und unter gegenseitigen Anfeuerungsrufen in den Dom gelaufen kam, war das Lied schon beendet. Enttäuscht, den Chorvortrag verpaßt zu haben, standen sie und schauten ins Leere. Mehrere Domschweizer zuckten aufgeregt. Ihre Pflicht drängte sie, barsch von den Feldjägern zu verlangen, im Dom ihre Kopfbedeckungen endlich abzunehmen.

Vor dem Dom hätten auch die Feldjäger Gelegenheit gehabt, den Liedtext bei der Kundgebung mit 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern über die Lautsprecheranlage deutlich zu hören oder in der verteilten Sonderzeitung "EXMESS" nachzulesen:

"Ihr Krieger kommt alle 
Zum Kölner Kardinal. 
Er segnet die Waffen 
Wäscht Blut vom schwarzen Stahl. 
Er schändet den Tempel 
Mit Händlern des Tods (Markus 11,15) 
Macht Pflugschar zu Schwertern (Micha 4,3) 
Sein Kreuzzug bricht los (Meisner "lo vult")

Hört auf mit dem Gräuel 
Kein Mensch glaubt es euch, 
Daß das Religion ist. 
Es ist Satans Seuch. 
Und hört, was das Volk 
Über euch offen spricht: 
Es ist eine Schande, 
Ein Segen ist's nicht."

Meisners Predigt an die Soldaten hatte zur Herzmitte die festgelegten Ziele des kürzlich veröffentlichten Bundeswehr-Weissbuches. Dort fordert die Bundesregierung die umfassende Ausrichtung der Bundeswehr für weltweite Einsätze. Entsprechend predigte Meisner den Bundeswehreinsatz in der ganzen Welt schon mit dem ersten Satz: "Der Sinn und der Zweck unserer Bundeswehr bestehen darin, den Frieden in unserem Land und den Frieden in Europa und der Welt sichern zu helfen."

Das Bundeswehr-Weissbuch fordert präventive Kriegseinsätze der Bundeswehr. Für welche Interessen? Für die Höchstprofite der deutschen Großkapitalisten soll die Bundeswehr weltweit Kriege führen, laut Bundeswehr-Weissbuch für "eine gesicherte Rohstoffzufuhr und sichere Transportwege in globalem Maßstab". "Von strategischer Bedeutung für die Zukunft Deutschlands und Europas ist eine sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Energieversorgung. Dabei stellen sich globale Herausforderungen."

Kardinal Meisner weiß, wie immer bei jeder aktualisierten Begründung weltweiter Kriegseinsätze seinen göttlichen Rat. Er bleute den katholischen Soldatinnen und Soldaten ein, ihr Gott stehe ihnen immer bei, wenn sie "wettbewerbsfähige" Ressourcen mit Bomben und äußerst vielen zivilen Toten weltweit erobern. Denn: Wer keinen katholischen Gott habe, betreibe Raubbau an den Ressourcen der Welt.

Meisner behauptete in seiner Predigt, der Mensch habe den Himmel abgeschafft. Naja, jeder Mensch kann zwar bei Tageslicht deutlich erkennen, daß der Himmel noch vorhanden ist. Wenn aber der Himmel dem Kardinal auf den Kopf gefallen war und deswegen für ihn jetzt nicht mehr da ist, schlußfolgert Meisner: Der Mensch "versucht nun, seinen Ewigkeitshunger an den Gütern dieser Welt zu stillen. Dabei verzehrt er buchstäblich die Ressourcen der Welt - und wurde daran doch nicht satt. Der Raubbau an der Welt hat seinen Grund im Abbau des Himmels und seiner Reichtümer. Eine Welt ohne Himmel fällt unter die Räuber."

Räuber?! Da müssen die katholische Soldatin und der katholische Soldat hin, um die wettbewerbsfähige Versorgung der westdeutschen Kapitalisten zu retten.

Hat eine Soldatin oder hat ein Soldat etwa Bedenken gegen diese Himmel-Abbau-Logik, dann versucht Meisner alle Zweifel zu beseitigen: "Im Grunde hat der Mensch deshalb eigentlich nur eine Alternative: entweder Bruder in Christus zu sein oder Genosse im Antichrist!" Noch Zweifel, demjenigen, der nicht Meisners Bruder ist, den Schädel einzuschlagen? Meisner beruhigte sofort: "Ich weiß, was ich damit sage."

Meisner hatte offensichtlich bei der Vorbereitung der Rede in dem Text seiner Ansprache von 1996 nachgeschlagen, wo er den Soldaten, die die "Genossen im Antichrist" vernichten sollten, versicherte, daß sie in den (doch abgeschafften) Himmel kommen: "Einem Gott lobenden Soldaten kann man guten Gewissens Verantwortung über Leben und Tod anderer übertragen, weil sie bei ihm gleichsam von der Heiligkeit Gottes mit abgesegnet sind."

In seiner diesjährigen Predigt ermunterte Meisner die Soldatinnen und Soldaten: "Was eröffnet sich hier für ein Einübungsfeld für die Angehörigen der Bundeswehr!"

Draußen vor dem Dom protestierten Mitglieder der katholischen Gruppe Pax Christi, von der Friedensinitiative pax an, der Gruppe Bundeswehr - Wegtreten, der VVN-BdA, der Freidenker, vom Kölner Aktionsbündnis gegen Krieg und Rassismus und zahlreiche junge Menschen gegen Meisners Absegnung der militärischen Außenpolitik und gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren.

"Die Verrückten sterben nicht aus", verleumdete Meisner entsprechend seiner Predigtlogik die Menschen, die seine Verherrlichung des militärischen Tötens öffentlich kritisierten, anschließend im Maternus-Haus bei einem Empfang mit Verteidigungsminister Jung und höheren Offizieren. Wenn der taz-NRW-Korrespondent (Artikel vom 12.1.07) Meisners Ausdruck richtig wiedergegeben hat, spricht einiges dafür, daß der 73jährige Meisner sich nach den seit einiger Zeit eingestellten Inquisitions-Orgien sehnt. Seine segnenden Soldatenpredigten reichen ihm nicht. Aber die Kritik gegen seine Soldatengottesdienste wird erst aufhören, wenn diese eingestellt sind. -(gba)