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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

30.10.06

Ehrungen für Walter Krämer und Karl Peix

"Engel der Gefangenen" in Buchenwald

Am 6. November jährt sich der in Goslar ausgeführte Doppelmord an zwei einstmals bekannten niedersächsischen und westfälischen NS-Widerstandskämpfern - Walter Krämer und Karl Peix. Aus diesem Anlass werden in Bad Lauterberg, wo Karl Peix wirkte und auch begraben ist, und in Siegen, wo Walter Krämer beheimatet war, mehrere Veranstaltungen stattfinden. Bernd Langer vom Verein "Spurensuche" aus Bad Lauterberg schuf einen Diavortrag mit Originaldokumenten und Ergebnissen von Zeitzeugeninterviews zum Thema "Die Ungleichen - zum 65. Jahrestag der Ermordung von Walter Krämer und Karl Peix im KZ-Außenkommando Goslar".

Der politische Werdegang von Walter Krämer und Karl Peix war typisch für die Zeit am Beginn des 20. Jh. Aus der Arbeiterbewegung stammend, nahmen sie zunächst mit patriotischer Begeisterung am Ersten Weltkrieg teil, Krämer als Matrose, Peix als Soldat. Durch die Weltkriegserfahrung in ihren Anschauungen ausgeprägt, wurden sie zu Kommunisten der ersten Stunde und beteiligten sich an den revolutionären Auseinandersetzungen nach dem Krieg. Schließlich stiegen sie im KPD-Apparat zu Funktionären auf und wurden Abgeordnete im Provinziallandtag Hannover.

Krämer wurde gleich nach der Machtübertragung an Hitler verhaftet, Peix war noch einige Monate an der Organisierung des Widerstandes aus der Illegalität beteiligt. Im KZ Buchenwald trafen sich die beiden wieder und gehörten zur Widerstandszelle im Krankenbau, die für viele KZ-Häftlinge überlebenswichtig war. Im KZ eignete sich Krämer im Selbststudium rasch medizinische Grundkenntnisse an, organisierte die Krankenversorgung und führte sogar schwierige Operationen durch. Ohne Ansehen der Person half er jedem, der Hilfe benötigte und rettete damit einer Vielzahl von Häftlingen das Leben.

Das Wissen um die Korruption im Lager und vor allem die Syphilis-Erkrankung des Lagerführers Koch ließ die beiden zu unliebsamen Zeugen werden. Auf Befehl Kochs wurden sie ins KZ-Außenkommando Goslar geschickt und dort am 6. November 1941 bei Hahndorf ermordet. Nach dem Krieg wurde Krämer geehrt - für sein medizinisches Engagement im KZ wurde ihm 2000 sogar von der zentralen Holocaust-Gedenkstätte in Israel - Yad Vashem - der Titel "Gerechter der Völker" verliehen. Dies geschah auf Initiative von Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Siegener "Falken". Auch in Siegen, dem Heimatort von Walter Krämer, wird eine Gedenkveranstaltung stattfinden. (siehe www.nrw.vvn-bda.de)

Die VVN-BdA Siegen veröffentlichte dieses Porträt von Walter Krämer:

Vor 65 Jahren: Walter Krämer - ermordet, doch nicht vergessen! Am 6. November 1941 wurde im Außenkommando Goslar des Konzentrationslager Buchenwald der Kommunist und Antifaschist Walter Krämer zusammen mit seinem Kameraden Karl Peix von der SS feige ermordet.

Wer war dieser Walter Krämer? Walter Krämer wurde 1892 in Siegen/Westfalen als Kind einer konservativen Familie geboren. Nach Volksschule und Ausbildung zum Schlosser meldete er sich 1911 freiwillig zum Militärdienst bei der kaiserlichen Kriegsmarine, der Kriegsausbruch verhinderte seine bevorstehende Entlassung.

In der folgenden Zeit des ersten Weltkriegs vollzieht sich in Walter Krämer ein tiefe innere Wandlung, nach einer Haftverbüßung verläßt er 1917 das Schiff illegal - er desertiert und lebt in Wilhelmshaven, er wird bald aufgegriffen und in das Zuchthaus Siegburg gebracht. Dort wird Walter Krämer von revolutionären Soldaten befreit, er geht zurück in seine Heimatstadt Siegen und wird dort in den Arbeiter und Soldatenrat gewählt, noch ist er parteilos. Sein innerer Wandel ist nun vollzogen, 1919 tritt Krämer der USPD bei.

Er beteiligt sich aktiv an den Kämpfen im Ruhrgebiet im Anschluß an den Kapp - Putsch und wird 1921 zusammen mit seiner späteren Frau Liesel Lehmann Mitglied der KPD. Beide arbeiten gemeinsam am Aufbau der noch jungen Partei in Siegen und Walter wird bald deren 2. Vorsitzender.

In dieser Partei fand Krämer seine politische Heimat, ihr bleibt er bis zu seiner Ermordung unbeirrt treu.

In den Jahren der Weimarer Republik und der verschärften Auseinandersetzung mit den Faschisten entwickelt Walter Krämer sich zum engagierten Funktionär der KPD. Er wird hauptamtlicher Parteisekretär und wirkt in zahlreichen Städten u. a. in Krefeld, Wuppertal, Kassel und in Hannover. 1932 wird er Abgeordneter der KPD im Preußischen Landtag. Im Zuge der Verhaftungswelle nach dem Reichstagsbrand wird Walter Krämer sofort verhaftet. Aus dieser Haft sollte es keine Wiederkehr geben.

Nach verschiedenen Haftstationen wurde Walter Krämer an die Gestapo überstellt und 1937 in das sich im Aufbau befindliche Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar eingeliefert.

Krämer mußte zuerst in einem Außenkommando unter unmenschlichen Bedingungen schuften. Er schloß sich ohne zu zögern der illegalen Widerstandsgruppe der Gefangenen an und half diese zu organisieren.

Im April 1938 gelang es der Widerstandsorganisation im Lager, Krämer als Pfleger im Krankenrevier des KZ unterzubringen. In diese neue Aufgabe arbeitete er sich autodidaktisch ein. Der einfache Schlosser übernahm Anfangs die Assistenz bei Operationen der SS Ärzte, später führte er selbständig komplizierte Operationen durch. Er tat dies ohne nach Nationalität, Religion oder politischer Zugehörigkeit der Gefangenen zu fragen, mit dieser Grundhaltung hielt er dem faschistischen Weltbild der SS die Menschlichkeit und die internationale Solidarität entgegen!

Walter Krämer wurde erster Pfleger im Krankenrevier von Buchenwald, unter seiner Leitung konnte das Revier erweitert und zu einem Zentrum des illegalen Widerstands werden.

Anfang November 1941 kam Walter Krämer in den Bunker, die gefürchtete Arrestzelle von Buchenwald. Bald darauf wurde er und Karl Peix in das Außenkommando Goslar gebracht. Der SS Standartenführer Koch hatte Befehl gegeben, beide Häftlinge zu erschießen. Als Todesursache wurde später angegeben: Auf der Flucht erschossen. Die Urne von Walter Krämer wurde in Siegen beigesetzt.

In dem Buch "Nackt unter Wölfen" hat Bruno Apitz in der Figur des Arzt von Buchenwald Walter Krämer ein literarisches Denkmal gesetzt. Seine Heimatstadt Siegen tut sich mit der Erinnerung an den "roten" Walter Krämer bis heute schwer. Einigen Einzelpersonen, die VVN-BdA Siegen-Wittgenstein und der Sozialistischen Jugend Deutschland (SJD) - Die Falken ist es zu verdanken, das der Name und die Taten Walter Krämers in der Erinnerung wach gehalten werden. Walter Krämer wurde im Jahre 2000 durch die Gedenkstätte Yad Vashem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt, die höchste Auszeichnung die der Staat Israel an nicht Juden verleiht. Walter Krämer hat diese Auszeichnung bekommen, weil er in Buchenwald Juden das Leben gerettet hat. Eine Initiative der SJD, das Kreiskrankenhaus in Siegen nach Walter Krämer zu benennen wurde von der Stadt Siegen abgelehnt. Nur eine kleine Gedenktafel an seinem Geburtshaus erinnert heute in Siegen an Walter Krämer. Sein Grab von wird von Mitgliedern der VVN-BdA in Siegen gepflegt.

In der DDR war der Name Walter Krämer ein Ehrenname mit dem verschiedene Institutionen ausgezeichnet wurden, so zum Beispiel die Medizinische Fachhochschule in Weimar.

Weiterführende Literatur: 

  • Bodo Ritscher: Arzt für die Häftlinge, Herausgegeben von der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Heft Nr. 17, 1987; 
  • Klaus Dietermann/Karl Prümm: Walter Krämer - Von Siegen nach Buchenwald, Erschienen im Verlag für Christlich Jüdische Zusammenarbeit Siegerland e.V. Siegen 1986; 

Kontakt: VVN-BdA Siegen-Wittgenstein, E-Mail: vvn-bda@gh-siegen.de