04.10.06
Antifaschistische Aktionen in NRW
im September 2006
Presseschau zu Aktionen in Dortmund,
Stukenbrock, Ostwestfalen, Herten und Dormagen
Dortmund: Proteste gegen den
Nazi-Aufmarsch am 02.09.2006:
Zum "Zug der Narren"
gemacht
Arbeitskreis gegen
Rechtsradikalismus empfing Neonazis mit Polonaise und nahm
Aggression aus der Begegnung. Polizei zählte 340 Rechtsradikale.
Mit Erich G. Fritz erstmals ein Christdemokrat bei
Gegendemonstranten
Mit Tröten und Musik empfingen Gegendemonstranten den
Marsch der Neonazis an der Saarlandstraße. Fotos: WAZ,
Müller
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"Wir haben uns ja zuletzt nur noch angeschrieen. Das wollten
wir ändern. Das ist uns gelungen", zog Pfarrer Friedrich
Stiller für den DGB/Arbeitskreis gegen Rechtsradikalismus am
Samstag gegen 14.30 Uhr Bilanz. Mit Karnevalsmusik empfingen die
Kundgebungsteilnehmer an der Ecke Saarland /Märkische Straße einen
Zug von 340 Neonazis, der sich verspätet auf den Rundkurs in der
südlichen Innenstadt gemacht hatte.
Die meisten Neonazis reagierten sichtlich irritiert und
überrascht, als sie mit der "Polonaise von Blankenese bis nach
Wuppertal" auf den weiteren Weg geschickt wurden. Ihre lauten
Kampfrufe gingen unter.
Eberhard Weber, DGB-Chef Östliches Ruhrgebiet, machte die
modifizierte Gegenstrategie deutlich: "Die Rechtsradikalen
dürfen nicht in der Gegend rumlaufen, ohne dass Stellung gegen sie
bezogen wird." Aber es sei auch sinnvoll, weitgehend für
Deeskalation zu sorgen und der Stadt so wenig Belastung wie möglich
zu machen. Deswegen verzichtete der Arbeitskreis auf eine
langwierige Aktion. Weber zu den Kundgebungsteilnehmern: "Wir
können jetzt weiter feiern, beim Münsterstraßenfest und auch auf
anderen Festen."
Erstmals war ein prominenter Christdemokrat unter den 300
Teilnehmern der Kundgebung an der Saarlandstraße: Erich G. Fritz,
CDU Bundestagsmitglied. "Was hier passiert, geht langsam über
das Maß hinaus, was man als demokratischer Bürger akzeptieren
kann." Und als Motivation für jeden Bürger fügte Fritz einen
Satz an, den ihm sein Vater mitgegeben hat: "Wer Freiheit haben
will, muss jeden Tag etwas dafür tun." Leider lebe man in
einer Gesellschaft, "die gerne wegsieht".
KOMMENTAR
Gegen verbale Gewalt
In der Aussage präzise und unmissverständlich. In der
Form dem eigenen Anspruch gerecht werdend. Friedlich. Nicht
unversöhnlich total ausgrenzend. So sah die neue Taktik des
Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus aus. Sie wirkte. Zwar
mag einem das Lachen im Halse stecken bleiben, wenn man die
am Rande des demokratischen Meinungsspektrums fischenden
Hetzparolen der Rechten hört, aber deswegen darf man nicht
vergessen, dass Humor manchmal mehr Macht hat als Fakten und
Argumente.
Klaus Buske |
Humor statt Hass demonstrierten auch Erich G. Fritz (CDU)
und Pfarrer Friedrich Stiller (vorne, von links).
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Die Polizei, die mit dem schon gewohnten Großaufgebot anrückte,
hatte die Situation im Griff. Als bei der zweiten Gegen Kundgebung
gegen die Rechten Demo an der Wendkerstraße Eier und auch
vereinzelt Feuerwerkskörper flogen, löste sie diese Versammlung
auf, an der rund 270 Personen teilnahmen und die vom "Bündnis
Dortmund gegen Rechts" veranstaltet wurde. Tätliche
Auseinandersetzungen wurden verhindert. Ein Großaufgebot an Video
Dokumentaren sorgte dafür, dass kein Meter der Protestzugs
unbeobachtet blieb. Zudem kreiste ständig ein Hubschrauber in der
Luft.
Bei der Durchsuchung der Rechten Demo Teilnehmer wurden unter
anderem ein Taschenmesser und Pfefferspray sichergestellt. Mit
Verspätung setzen sich die von Polizei eskortierten Rechten in
Bewegung. Sie hatten zunächst zu wenig Ordner eingeplant. Die
wenigen Passanten, die bei den Zwischenkundgebungen der Rechten vor
allem Angriffe auf die USA und Israel hörten, schüttelten
überwiegend den Kopf über die Parolen.
Die zweite von den Rechten angekündigte Demonstration, die ab 17
Uhr die gleiche Route wie die erste nehmen sollte, wurde vom
Anmelder abgesagt. -bu
aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 04.09.2006
Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus
suchte neue Form des Protests friedliche Demos gegen Rechts
Neonazis schallte "Helau"
entgegen
Mit" Helau" und "Alaaf" begrüßten
Bürgerinnen und Bürger den Zug der völlig verdutzten
Neonazis. Der Slogan "Lass Deine Freunde rechts
liegen" wies auf ein Aussteigermodell des Landes für
Neonazis hin. (WR-Bilder: Franz Luthe)
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Von Alexander Völkel und Andreas Winkelsträter
FAKTEN
Polizei mit dem Einsatz zufrieden
- "Mit dem wesentlichen Verlauf der Demonstrationen
bin ich aus polizeilicher Sicht zufrieden. Die
Geschehnisse entsprachen unserer polizeilichen
Vorbereitung und führten nicht zu der befürchteten
übermäßigen Belastung für Dortmund," so
Polizei-Einsatzleiter Uwe Thieme.
- Entgegen der Anmeldung setzten sich die Neonazis nicht
um 13 Uhr, sondern erst um 14.21 Uhr in Bewegung. Grund:
Der Veranstalter hatte zunächst nicht genügend Ordner
eingesetzt und Schwierigkeiten, weitere zu
benennen.
- Bei der Durchsuchung der rechten Szene wurden ein
Taschenmesser, ein Gegenstand mit verbotenem Zeichen,
ein Nietenarmband, ein Fahnenstock, der nicht den
Auflagen entsprach, sowie ein Pfefferspray
sichergestellt.
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Mit einem dreifach donnernden Helau begrüßten über 300
Bürger, die dem Aufruf des "Arbeitskreises gegen
Rechtsextremismus" gefolgt waren, am Samstag den
Demonstrationszug der Neonazis.
"Wir wollten mit einer anderen Form dem braunen Aufzug
begegnen", erklärte Pfarrer Friedrich Stiller, Sprecher des
Arbeitskreises, diese recht ungewöhnliche Maßnahme. Sie zeigte
Wirkung: Denn die nach Polizeiangaben 340 Neonazis zogen recht
verdutzt an dem karnevalistischen Protest vorbei.
Für Demokraten sei es nur schwer zu ertragen, dass 61 Jahre nach
der Befreiung vom Faschismus wieder Neonazis durch die Straßen
zögen, so Eberhard Weber, Sprecher des Arbeitskreises. Ein Verbot
der NPD sei keine Lösung, wäre "aber ein deutliches Signal,
ein neuer demokratischer Anfang." Aufklärung tue Not, "so
dass es keinen Nachwuchs mehr für die Braunen gibt."
"Das, was hier passiert, geht weit über das Maß hinaus,
was man als toleranter Demokrat ertragen kann", betonte der
Bundestagsabgeordnete Erich G. Fritz (CDU). Mit ihm nahm erstmals
ein CDU-Politiker am Protest des Arbeitskreises teil. Das habe
nichts mit Politik zu tun, so Fritz: "Die Neonazis setzen nur
auf Abschreckung aus und haben den Menschen gar nichts zu
bieten." Guntram Schneider, Vorsitzender des DGB NRW,
bezeichnete es als Skandal, dass Neonazis Dortmunds Straßen
einnehmen dürfen.
Klaus Commer vom Arbeitskreis sagte, dass der Protest gegen
Neonazis in Dortmund immer ernsthaft war und auch bleiben müsse.
Angesichts vieler Straßenfeste "wollen wir uns aber das Feiern
nicht verbieten lassen und nicht nur friedlich, sondern auch
vergnügt protestieren." 270 überwiegend junge
Gegendemonstranten hatten sich bei der Kundgebung des Bündnisses
Dortmund gegen Rechts eingefunden. Lautstark und überwiegend
friedlich machten sie ihren Unmut über den wiederholten Aufmarsch
der Neonazis Luft. Lediglich einmal kam es kurzzeitig zu einem
Gerangel mit Ordnern und der Polizei, als einige Demonstranten aus
dem autonomen Spektrum die Polizeiabsperrung durchbrechen wollten.
Auf der Märkischen Straße folgten 270 Protestler dem
Aufruf des Bündnisses Dortmund gegen Rechts und
protestierten gegen den Neonaziaufmarsch.
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Das Motto der Rechten zum Antikriegstag sei blanker Hohn und eine
Verspottung des Tages, an dem vor 67 Jahren der Überfall der
Wehrmacht auf Polen begann. "Es begann einer der
fürchterlichsten Vernichtungskriege in der Geschichte der
Menschheit", betonte ein Redner der SDAJ. Millionen von
Menschen seien durch Faschisten unterdrückt und vertreiben,
gefoltert und ermordet worden. "Es ist ungeheuerlich, dass die
Nazis diesen Tag zur Verbreitung ihrer Propaganda nutzen
dürfen."
Die Rechten hatten zwei Demonstrationen erstritten, dann aber
doch nur eine abgehalten: Neonazi Christian Worch verhöhnte dabei
die Polizei und ihr Bestreben, vor Gericht deutlich zu machen, dass
die Anmelder beiden rechten Demos zu einer identischen Gruppe
gehörten. In seiner "ausufernden Phantasie" habe das
Polizeipräsidium vor dem Oberverwaltungsgericht erklärt, dass die
Anmelder eine homogene Gruppe seien. "Und dabei haben sie nicht
falsch gelegen", verspottete Worch die Entscheidung der
Richter, die der Argumentation der Polizei nicht gefolgt waren.
aus: Westfälische Rundschau, 04.09.2006
"Neonazis bekämpfen"
Am Rande des rechten Aufmarsches kam
es zu Rangeleien
Die Neonazi Demo in der Innenstadt am Samstag verlief
weitgehend friedlich.
Nach Polizeiangaben versammelten sich an der S- Bahn Haltestelle
Stadthaus rund 340 Teilnehmer. Ihr Marsch setzte sich rund 45
Minuten später als geplant in Bewegung, weil die Initiatoren nicht
genügend Ordner gestellt hatten. Die Polizisten stellten bei
einigen Teilnehmern Waffen wie ein Taschenmesser und Pfefferspray
sicher.
Eine Gruppe von Autonomen versuchte gegen 15 Uhr vergeblich,
eine Polizeikette zu durchbrechen. Daraufhin warfen die
Störer Eier und Feuerwerkskörper auf die Einsatzkräfte.
RN-Foto Wegener
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An der Kreuzung Märkische Straße/Saarlandstraße hatten sich
rund 300 Bürger zu einer Gegenkundgebung des Arbeitskreises gegen
Rechtsextremismus eingefunden. Sie probierten diesmal eine ganz neue
Form des Protestes aus: Zu den Klängen eines Karnevalsmarsches
begrüßten sie die Neonazis mit Faschings-Tröten und lautstarkem
Gelächter. Den Rufen der Nazis ("Nie wieder Krieg nach unsrem
Sieg!") setzten sie ein dreifach kräftiges "Dortmund
helau" entgegen. "Heute sind mehrere bunte Straßenfeste
in der Stadt - wir lassen uns die gute Stimmung doch nicht
vermiesen", hatte DGB-Kreisvorsitzender Eberhard Weber die
Besucher zuvor eingeschworen.
DGB-Landeschef Guntram Schneider. RN-Foto Wegener
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Auch Nordrhein Westfalens DGB-Vorsitzender, Guntram Schneider,
war gekommen, um ein Zeichen gegen die rechten "Lümmels"
zu setzen. "Wir lassen unsere Gesellschaft nicht noch von denen
spalten, die meinen, sie müssten Sündenböcke für
gesellschaftliche Notlagen finden. Deshalb müssen wir Neonazismus
überall da bekämpfen, wo er seine hässliche Fratze zeigt."
Auf Einladung des "Bündnis Dortmund gegen Rechts"
hatten sich auf der Märkischen Straße südlich der Einmündung
Wenkerstraße weitere 270 Nazigegner getroffen. Dort kam es gegen 15
Uhr zu Ausschreitungen - eine Gruppe von Antifaschisten versuchte
auf einmal, eine Polizeikette zu durchbrechen, um zur Route der
Rechten zu stürmen. Einsatzkräfte einer Hundertschaft verhinderten
das. Einige Teilnehmer der Versammlung bewarfen die Beamten
daraufhin mit Eiern und Feuerwerkskörpern. Polizisten umzingelten
die Gruppe, um die gewalttätigen Störer festzunehmen. Diese
konnten zunächst aber nicht identifiziert werden.
Gegen 17 Uhr endete der rechte Aufmarsch. Neonazi Christian
Worch, der wie berichtet noch eine weitere Demo angemeldet hatte,
verzichtete schließlich auf eine "Extrarunde". Entgegen
seiner Anmeldung hatte ihm die Polizei einen Marsch durch das
Kreuzviertel untersagt und ihm statt essen freigestellt, den Weg der
ersten Demonstration noch einmal zu beschreiten. -weg
aus: Ruhrnachrichten, 04.09.2006
Stukenbrock: Antikriegstag
"Blumen für Stukenbrock", 02.09.2006
"Die Weit ist nicht sicherer
geworden"
250 Teilnehmer beim Antikriegstag - Werner Höner: "Mahnung von Stukenbrock"
Jean Jülich, ehemaliger Edelweißpirat, berichtet vom
Widerstand.
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Schloß Holte-Stukenbrock (ib). "Sie waren meine
Freunde". Jean Jülich steht da mit seiner Gitarre in den
Händen. Hinter ihm die niedergelegten Kränze. Als Edelweißpirat
gehört er zu jenen, die aktiv Widerstand leisteten. "Am
zehnten November 1944 wurden sechs von uns in Köln ermordet",
fährt er fort. Die Menschen, die ihm jetzt gegenüber sitzen und
stehen, schweigen, "Sie waren meine Freunde", sagt er
nochmals. Dann singt er ein Lied, das sie gemeinsam gesungen haben
an den Orten, an denen sie sich vor den Nationalsozialisten
versteckt hielten.
Rund 250 Gäste haben sich am Samstagnachmittag auf dem
Sowjetischen Ehrenfriedhof in Stukenbrock-Senne versammelt, darunter
Botschafter der Länder Russland, Serbien und Weißrussland: Der
Antikriegstag 2006 steht für das Gedenken an die Opfer des
Nationalsozialismus. Die Initiative des Arbeitskreises "Blumen
für Stukenbrock" will gleichsam mahnen: "Aus dem Erinnern
müssen Brücken der Verständigung, der Freundschaft und des
Friedens gebaut werden".
Tobias Pflüger, Mitglied des Europäischen Parlaments, zeigt
sich beeindruckt, dass so viele Menschen nach Stukenbrock-Senne
gekommen sind, um sich zu erinnern. "Das steht dem Vorurteil
entgegen, dass Geschichte nichts mehr bedeute, insbesondere jungen
Leuten", so Pflüger. "Das gibt mir Hoffnung".
Auf die hervorragende Arbeit, die der Arbeitskreis beim Erinnern
leiste, machte nicht nur die stellvertretende Landrätin des Kreises
Gütersloh, Ulrike Boden, sondern auch Professor Dr. Wladimir Naumow
als Zeitzeuge der Befreiung des Lagers 326/VI-K in Stukenbrock
aufmerksam. Er überreichte dem Vorsitzenden Werner Höner aus
diesem Anlass ein Diplom, das den Titel "Frieden für
immer" trägt. "Er leistet einen bedeutenden,
persönlichen Beitrag zur Versöhnung der Völker", ließ
Naumow übersetzen. Beide Männer zeigten ihre Freude mit einer
herzlichen Umarmung. Höner hatte zuvor bekannt gegeben, dass der
Obelisk auf dem Sowjetischen Soldatenfriedhof beim Antikriegstag
2007 - dem 40-jährigen Bestehen des Arbeitskreises "Blumen
für Stukenbrock" - in seiner ursprünglichen Form, mit Fahne,
wiederhergestellt sein werde.
Rote Fahnen, rote Nelken: Sozialistische und kommunistische
Organisationen aus ganz Nordrhein-Westfalen, hier die
Sozialistische deutsche Arbeiterjugend, bekennen Farbe beim
Antikriegstag. Fotos: Inga Borgis
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Der Antikriegstag in Stukenbrock-Senne gilt nicht allein der
Erinnerung. Werner Höner spricht von der "Mahnung von
Stukenbrock", und davon , dass diese auffordere, nach anderen
Lösungen zu suchen - an Stelle von Kriegen. "Vor 20 Jahren war
ich das letzte Mal hier - als Botschafter der UdSSR". beginnt
Juli Kwizinski. Es habe sich viel verändert sagt er, der jetzt
Abgeordneter der Duma ist. Das "goldene Zeitalter",
welches das Ende des Kalten Krieges zunächst versprochen habe, sei
nicht angebrochen. "Der Balkan ist auf dem Weg, zum Pulverfass
Europas zu werden, im Nahen Osten herrscht Krieg, im Irak sterben
jeden Tag hunderte Menschen, Afghanistan hat sich als ein
politisches Abenteuer erwiesen", zählt er Kriegsgebiete auf
und resümiert: "Die Welt ist nicht sicherer, sondern
gefährlicher geworden".
Als der, der die Gegenposition in Kriegsfragen vertritt, stellt
sich Tobias Pflüger vor: "Eine Konsequenz des zweiten
Weltkrieges muss sein, dass von Deutschland aus keine Angriffskriege
geführt werden". Gegen eine Ausweitung deutscher
Militärpräsenz äußerte sich auch der Vorsitzende des Deutschen
Gewerkschaftsbundes NRW, Guntram Schneider. "Die Interessen
Deutschlands sollten in den Kindergärten, Schulen, Universitäten
liegen".
Ein weiteres Anliegen, insbesondere der Vertreter des
Antifa-Jugendkamps, das am Wochenende in Stukenbrock-Senne
kampierte: Widerstand gegen die Aufmärsche von Neonazis. "Es
gibt diese Aufmärsche - noch aber es gibt auch uns", sagt ein
Sprecher und verweist auf das, was einst Jean Jülich und seine
Freunde taten Widerstand im Sinne der Edelweißpiraten.
aus: Westfalenblatt, 04.09.2006
Ostwestfalen: Proteste gegen die
Naziaufmärsche in Bielefeld, Minden und Gütersloh am 16.09.2006
Neonazis gestoppt
In drei NRW Städten bremsen
Bürgerinnen die Demozüge der extremen Rechten aus
BIELEFELD/MINDEN taz - Linke DemonstrantInnen haben am Wochenende
in Ostwestfalen-Lippe (OWL) erfolgreich drei Neonazi Aufmärsche
torpediert. In Bielefeld, Minden und Gütersloh wurden am Samstag
die genehmigten Demonstrationszüge der extremen Rechten frühzeitig
aufgelöst.
So hatten sich die Rechten ihren angekündigten
"Großkampftag" in OWL sicher nicht vorgestellt: In
Bielefeld blockierten laut Polizei bis zu 700 GegendemonstrantInnen
die Route der 150 Neonazis. Unter ihnen war neben rechten Größen
aus dem Ruhrgebiet auch der bekannte Neonazi Christian Worch aus
Hamburg. Die von der Polizei vorgeschlagene Ausweichstrecke, wurde
vom Veranstaltungsleiter "Rechtes Spektrum" abgelehnt.
Daraufhin löste sich die rechte Veranstaltung auf.
Ein Teil der Rechten aus Bielefeld reiste daraufhin zum rechten
Aufzug in Minden: Dort stießen sie auf 15 rechte Kameraden der
"nationalen Offensive Schaumburg" und bis zu 1.500
GegendemonstrantInnen. Auch hier verkürzte die Polizei den
Demonstrationsweg der Neonazis. Mitten auf der Route brachen die
Rechten ihre Veranstaltung ab. Am selben Tag versuchten Rechte in
Gütersloh mit ihren Parolen die Stadt zu erobern. Doch auch sie
kamen nicht weit: Wegen einer Blockade durch etwa 250
Gegendemonstranten stoppte die Polizei den Aufzug nach einer halben
Stunde. Kurze Zeit später gäben die Rechten auf.
Die Bielefelder Antifa lobte den Einsatz der Zivilgesellschaft:
Anders als in anderen Städten hätte es in Bielefeld nicht nur in
der Hand der radikalen Linken gelegen, sich den Nazis in den Weg zu
stellen. Viele öffentliche und private Gebäude seien mit Symbolen
oder Sprüchen gegen die Nazis geschmückt gewesen.
NATALIE WIESMANN
aus: taz, 18.09.2006
6.500 Westfalen gegen rechts
BIELEFELD ap - Mehr als 6.500 Menschen haben am Samstag in den
westfälischen Städten Bielefeld, Minden und Gütersloh gegen
Rechtsextremismus demonstriert. Dabei zwangen sie zwei Neonazi
Aufzüge zum Abbruch. In Bielefeld blockierten nach Polizeiangaben
zeitweise 700 Gegendemonstranten einen Aufmarsch von 150 Neonazis.
Der Zug sei nur wenige hundert Meter weit gekommen und kurz darauf
vom Veranstalter aufgelöst worden. Zuvor hatten fast 5.000 Menschen
unter dem Motto "Wir halten dagegen" in der Innenstadt
demonstriert. Die Polizei nahm zwei Menschen aus der linken Szene
fest, einen davon wegen Steinewerfens. Zudem wurden sechs Erwachsene
und zwei Kinder vorläufig festgenommen, die eine Bundesstraße
überqueren wollten, um von hinten an den Demonstrationszug der
Rechten zu gelangen. Auch in Gütersloh beendete der Veranstalter
den Aufmarsch von 80 Rechten, nachdem 200 Personen den Weg blockiert
hatten. Etwa 250 Menschen hatten zuvor gegen die Neonazis
demonstriert. In Minden gingen rund 1.500 Menschen gegen rechts auf
die Straße, bevor sich etwa 72 Neonazis zu einer Kundgebung
versammelten.
aus: taz, 18.09.2006
200 Gegendemonstranten versammelten sich in Sichtweite der
Rechten in Gütersloh. Fotos (2): Wolfgang Wotke
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Eine Sitzblockade stoppte den Zug der Rechten in Bielefeld
nach nur 500 Metern. Fotos (2): Carsten Borgmeier
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5000 Menschen halten dagegen
Blockade: "Rechtes
Spektrum" kam nicht weit
Ostwestfalen (OS/jaf/tt). 5000 Menschen haben gestern in
Bielefeld gegen Rechtsextremismus demonstriert. In Minden gingen
1500 Menschen gegen rechte Demonstranten auf die Straße, in
Gütersloh waren es einige hundert.
In Bielefeld halten rund 150 rechte Demonstranten für Samstag
den Demonstrationsaufzug "Rechtes Spektrum" geplant, Sie
wollten vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt ziehen, Bereits 500
Meter weiter wurde der Zug gestoppt. weil bis zu 700
Gegendemonstranten die Unterführung an der Schildescher Straße
blockiert hatten. Die von der Polizei vorgeschlagenen
Ausweichstrecken lehnte das "Rechte Spektrum" ab und
erklärte seine Demonstration gegen 14.40 Uhr für beendet.
Unter dem Leitwort "Wir halten dagegen" hatten am
Vormittag in Bielefeld 5000 Menschen gegen den rechten Aufmarsch
demonstriert. Zu dem Protest hatten Parteien, Kirchen.
Gewerkschaften und andere Gruppen aufgerufen. In Minden formierten
sich am Vormittag 1500 Menschen zu einer Demonstration gegen rechts.
5000 Menschen protestierten in Bielefeld gegen den Aufmarsch
der Rechten.
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60 bis 70 Rechte gingen in Gütersloh auf die Straße und
skandierten ihre Parolen.
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Nach dem scheitern des rechten Demonstrationszuges in Bielefeld
löste sich dieser auf; einige der Teilnehmer fuhren nach Minden und
nach Gütersloh. in beiden Städten waren ebenfalls Demonstrationen
der Rechten angemeldet. Dort kam es zu Kundgebungen jeweils auf den
Bahnhofsvorplätzen.
In Gütersloh standen 60 bis 70 Rechten 200 Gegendemonstranten
gegenüber, in Minden meldete die Polizei 72 Rechte.
In Gütersloh marschierten die rechten Demonstranten nach einem
verbalem Schlagabtausch in die Innenstadt; an der Blessenstätte
wurden sie von Gegendemonstranten aufgehalten. Gegen 17.30 Uhr
löste sich der Zug der Rechten in Gütersloh auf.
An den Polizeieinsätzen waren Bundespolizei und Polizei aus ganz
Nordrhein-Westfalen sowie aus Niedersachsen beteiligt. Von zwölf
Personen in Bielefeld wurden die Personalien festgestellt.
aus: ???
Herten: Delegation zum Jahrestag
der Befreiung nach Arras gefahren, 17.09.2006
Nächste Generation hält die
Erinnerung wach
ARRAS: Hertener zu Gast beim
Jahrestag der Befreiung
62 Jahre nach der Befreiung des Pas de Calais von den deutschen
Besatzern ist die Erinnerung daran nicht erloschen. Diesmal. haben
aber zum ersten Mal nicht die einstigen Widerstandskämpfer, sondern
ihre Enkel und Urenkel den Gedenktag in Arras organisiert. Eine
Hertener Delegation besuchte dazu die französische Partnerstadt.
In Gedenken an die Befreiung des Pas de Calais legen Karl-
Heinz Sobolewski, Hans-Heinrich Holland und Peter Heinrich (v.l.)
einen Kranz nieder. FOTOS: PRIVAT
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Seit zehn Jahren nimmt die VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten
des Nazi-Regimes - Bund der Antifaschisten) an den Feierlichkeiten
teil. Mit einem Grußwort von Bürgermeister Dr. Uli Paetzel reisten
diesmal Hans-Heinrich Holland, Peter Heinrich und Karl-Heinz
Sobolewski ins Pas de Calais.
Im Beisein des Bürgermeisters von Arras, Jean-Marie
Vanlerenberghe, legten sie an der "Mauer der Erschossenen"
in der Zitadelle von Arras einen Kranz nieder. Der ehemalige
Widerstandskämpfer und Mitbegründer der Städtepartnerschaft
Herten-Arras, Marcel Roger, verlas die Namen der Erschossenen.
Roger ist 84 Jahre alt - wie viele seiner Mitstreiter von damals
auch. Immer mehr versterben, wie Peter Heinrich berichtet: "Die
Reihen haben sich gelichtet." Daher konnte die Vereinigung der
Widerstandskämpfer (ANACR) den Gedenktag erstmals nicht selbst
organisieren. Allerdings haben jüngere Generationen eine neue
Organisation gebildet: die "Freunde des Widerstands". Sie
wollen die Erinnerung wach halten.
Die Hertener Gäste nutzten den Besuch auch, um mit ihren
französischen Freunden weitere Aktionen zu planen. Ziel soll es
sein, die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen wach zu halten und ein
Erstarken des Faschismus zu verhindern. -BMH
aus: Hertener Allgemeine, 21.09.2006
Gegen das Vergessen ankämpfen
Hertener Delegation gedächte in der
Partnerstadt Arras der Befreiung im Zweiten Weltkrieg. Enge Kontakte
zu den französischen Widerstandskämpfern
Der dritte Sonntag im September ist in der französischen
Partnerstadt Arras traditionell der Gedenktag der Befreiung des
nordfranzösischen Départements Pas de Calais zum Ende des Zweiten
Weltkrieges. Wie seit zehn Jahren üblich, beteiligte sich eine
Delegation aus Herten vom Bund der Antifaschisten und dem Verband
der Verfolgten des Naziregimes an der Feier.
Diesmal mit Post im Gepäck: Bürgermeister Dr. Ulrich Paetzel
hatte neben herzlichen Grüßen, auch den, Wunsch geäußert, dass
auf beiden Seiten gegen das Vergessen angekämpft wird. Denn das sei
"ein wichtiger Beitrag für ein friedliches Europa."
Karl- Heinz Sobolewski, Hans-Heinrich Holland und Peter Heinrich
überbrachten diesen Brief an Bürgermeister Jean-Marie
Vanlerenberghe und legten bei der Gedenkfeier einen Kranz nieder.
"Man konnte im wahrsten Sinne des Wortes sagen, die Reihen
haben sich gelichtet", beschrieb Peter Heinrich die Umstände
der Feierlichkeiten. "Viele der alten Widerstandskämpfer waren
nicht mehr da, und etliche kamen gestützt von ihren Enkeln, um der
Verstorbenen zu gedenken?"
Marcel Roger, der die Namen der Erschossenen verlas, ist bereits
84 Jahre alt. Peter Heinrich selbst ist 78 und wird aus
gesundheitlichen Gründen - voraussichtlich - künftig auch nicht
mehr am dritten September-Sonntag nach Arras reisen können.
Neben dem offiziellen Besuchsprogramm vertieften die Hertener
ihre Kontakte zum Verband der französischen Widerstandskämpfer
ANACR in der Partnerstadt Arras.
aus: WAZ, 21.09.2006
Dormagen: Ausstellung "Neofaschismus in Deutschland" in
der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule
Gesamtschüler fordern:
"Unterricht verlängern!"
NIEVENHEIM. "Neofaschismus in Deutschland" lautet der
Titel einer Ausstellung, die zur Zeit im "Glaspalast" in
der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule der Stadt Dormagen zu sehen ist.
Dass dieses Thema auf ein immenses Interesse bei den Schülerinnen
und Schüler stößt, wurde schon bei den ersten drei Führungen
deutlich. Einhelliger Wunsch der Besucher: "Eigentlich müsste
unsere Unterrichtsstunde verlängert werden, damit wir noch
intensiver arbeiten können."
Dazu schloss sich gleich die Frage an: "Aber die nächste
Stunde kriegen wir doch noch dafür!?" Viele der Jugendlichen
und Kinder hatten in den letzten Tagen aus den Medien erfahren, dass
Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern bevorstehen. Und
irgendwie hatten sie auch gehört, dass die Neonazis mit
"schlagenden Argumenten" in den Wahlkampf eingreifen. Nun
wollten sie sich genauer über die Zusammenhänge informieren.
Die IG Metall und die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes
- Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) zeichnen verantwortlich für die
Ausstellung, die sie inhaltlich und grafisch klar strukturiert
haben. Neofaschismus wird nicht auf eine Partei reduziert, sondern
als "politisches Lager" verstanden, das sich aus ganz
unterschiedlichen Akteuren zusammensetzt. Sie kommen aus Parteien
und Vereinen, aus "Kameradschaften", sie spielen in Bands,
vertreiben ihre Musik, und ihre Bücher, sie sind international im
Internet aktiv. Schülerinnen und Schüler sind ihre bevorzugte
Zielgruppe.
Waren die Neonazis vor ein paar Jahren noch häufig an ihrem
Auftreten, an ihrer Kleidung zu erkennen, so hat sich dieses Bild
geändert, denn bestimmte Marken sind nicht mehr eindeutig
zuzuordnen. Wie bei den Alt-Nazis gibt es auch bei den Neonazis
neben dem "Fußvolk" die scheinbar seriöse Elite im
Nadelstreifenanzug.
Die Ausstellung analysiert die "Lehre" der
Neofaschisten: Die "Volksgemeinschaft" steht im
Mittelpunkt. "Ausländer" und "Juden" sind
wieder "Fremdkörper". Das schließt allerdings nicht aus,
dass deutsche Neonazis sich herzlich mit den Neonazis aus anderen
Ländern verbrüdern. Der "Führer-Kult" wird dargestellt,
der ökonomische Hintergrund beleuchtet. Ländereien für
halbmilitärische Übungen, Immobilien für ideologische Schulungen
befinden sich im Besitz von Neonazis, die damit zeigen, dass sie
über interessierte finanzielle Förderer verfügen.
Unter dem Titel, "Gegenstrategien" gibt die Ausstellung
Anregungen, wie gegen den Neofaschismus vorgegangen werden kann.
Igor und Michael aus der Klasse 8 E haben für ihre Bewertung den
Schwur der Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald vom 19.
April 1945 entdeckt: "Wir wollen die Weit von Nazismus
befreien. Und eine neue friedvolle Welt aufbauen."
Auch Marvin hat entdeckt, dass es einen Zusammenhang zwischen den
Verbrechen des "Faschismus" und den Aktivitäten der
Neonazis gibt. Marcel und Mathias haben die Ausstellung als
"Fundgrube" für sich entdeckt: "Ich wollte eh schon
immer mal dieses Thema machen!" Sie haben entdeckt, dass die
Rate der Rechtsradikalen erheblich gestiegen ist: "Es könnt
schlimm für uns werden, wenn wieder die Nazis an die Macht kommen.
Wir müssen was tun!" Die Ausstellung ist bis zum Ende des
Monats zu besichtigen. Eine Führung kann angeboten werden.
Um Doppelbelegungen zu vermeiden, wird um eine vorherige
Anmeldung im Schulsekretariat gebeten. -sf
aus: Zeitung aus Dormagen, 23.09.2006
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