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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

10.11.05

In Sachen Hannes Bienert: Die KZ-Überlebende Orna Birnbach wendet sich mit einem offenen Brief an Oberstaatsanwalt und Richter:

"Ich fordere Sie hiermit auf, dieses skandalöse Urteil zu revidieren!"

Orna Birnbach lebt in Tel Aviv, Israel. Als Kind hat sie mehrere Konzentrationslager überlebt. Mehrmals im Jahr kommt sie nach Deutschland, um mit Jugendlichen ins Gespräch über die Shoah zu kommen. Am 9. November 2000 nahm sie zusammen mit Herrn Bienert und vielen Jugendlichen an der Gedenkfeier zur Reichpogromnacht in Wattenscheid teil. Sie ist empört über das gegen Hannes Bienert verhängte Urteil. (siehe Meldung von www.bo-alternativ.de "furchtbare Juristen") Sie hat der GEW Bochum einen Brief zur Kenntnis geschickt, den sie an Oberstaatsanwalt Schulte und Amtsrichter Pattard geschrieben hat. Hierin heisst es u.a.: "Am 9. November 2000 habe ich, Orna Birnbach, Überlebende des KZ Auschwitz, in Bochum-Wattenscheid, zusammen mit Herrn Johannes Biernert und vielen Schülerinnen und Schülern einen Kranz niedergelegt an der Gedenktafel für die zerstörte Synagoge. Mehrmals im Jahr besuche ich Deutschland, um Jugendlichen über die Gräuel des NS-Regimes zu berichten und um das Gedenken an die Shoah wachzuhalten. Zu meinem Entsetzen habe ich nun von Bochumer Freunden erfahren müssen, dass Herr Bienert wegen einer solchen Gedenkfeier vor Gericht musste und verurteilt wurde. Mir ist es absolut unverständlich wie durch Formalitäten das eigentlich selbstverständliche Gedenken an die Opfer der Shoah kriminalisiert und behindert wird. Auf der Veranstaltung im Jahr 2000 habe ich gesagt: „Hätte die deutsche Bevölkerung damals nicht weg geguckt und geschwiegen, wäre die Katastrophe nicht möglich gewesen. Ich bitte Euch, nicht zu schweigen und nicht weg zu sehen.“ Ich fordere Sie hiermit auf, dieses skandalöse Urteil zu revidieren!

aus: www.bo-alternativ.de

Pressemitteilung der VVN-BdA Bochum vom 3.11.2005

Skandalöses Urteil

Bei dem Prozess gegen Hannes Bienert hat es der Richter nicht verstanden, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem, Wichtigem und Unwichtigem zu entscheiden (zitiert aus dem öffentlichen Brief des DGB und der GEW) und hat damit aus formaljuristischen Gründen ein Fehlurteil gesprochen. Dies könnte genauso gut ein seelenloser Gerichtscomputer, von einem Richter darf man mehr erwarten. Der Rechtskultur in Bochum wurde mit diesem Urteil ein schwerer Schaden zugefügt.

Die Anerkennung des Gedenkens an die Reichspogromnacht als einen Tatbestand zu bezeichnen, den man "durchaus billigend" zu werten habe, ist ein Skandal. Für Hannes Bienert ist das Gedenken an die Zeit des Grauens Herzensangelegenheit.

Die VVN - BdA fordert dazu auf, die am kommenden 9. November stattfindende Kranzniederlegung durch eine entsprechende Beteiligung auch als ein Zeichen der Solidarität mit Hannes Bienert und des Protestes gegen das Skandalurteil zu begehen.