03.10.05
Eklat in Dortmund!
Stadt verweigert städtische Räume für antifaschistische Ausstellung!
Die IG Metall Dortmund und die VVN/BdA Dortmund beantragten bei der
Stadt für die Ausstellung "Neofaschismus in Deutschland", für die zweite
Oktoberhälfte eine Halle im Rathaus. Dies wurde verweigert und begründet
mit den "Vergaberichtlinien", nach denen keine Veranstaltungen mit "politischen Themenstellungen in der Halle durchgeführt werden" dürften!
Es seien hier Veranstaltungen angesprochen, "die einen erhöhten Sicherheitsbedarf erwarten lassen, z. B. wegen möglicherweise zu
erwartenden Gegenreaktionen". Am 28. März dieses Jahres wurde in Dortmund der Punker Thomas Schulz von
einem Neonazi erstochen. Der Rat der Stadt sprach in einer Resolution in
seiner Sitzung am 21. April den Angehörigen und Freunden sein Beileid
aus und " . . . ruft alle Demokraten in Dortmund auf, sich von rechtsextremer Gewalt nicht einschüchtern zu lassen und den
Rechtsextremen überall aktiv entgegen zu treten. Der Rat appelliert an
alle, die Verantwortung in unserer Stadt tragen, rechtsextreme Umtriebe
mit allen gebotenen Mitteln zu unterbinden." (siehe Unten) Es ist nicht begreifbar, wie hier der Ratsbeschluß in die Praxis
umgesetzt wird.
Am 22. September hat sich die Delegierten Versammlung der IG Metall mit
dem Thema befaßt. Am 28. September wurde auf einer großen Funktionär
Versammlung der IG Metall, in Anwesenheit des 1. IG Metall Vorsitzenden, Jürgen Peters, der auch das Vorwort für die Ausstellung
geschrieben hat, eine Unterschriften Sammlung eingeleitet, mit den Forderungen:
"Die Unterzeichnenden protestieren gegen den Ablehnung, die städtische Berswordthalle für eine antifaschistische Ausstellung der IG Metall und
VVN/BdA zur Verfügung zu stellen. Wir fordern die Zulassung dieser Ausstellung durch die Stadt.
Wir fordert Oberbürgermeister Dr. Gerhard Langemeier und die Verantwortlichen in Dortmund auf, ihre ablehnende Haltung zu revidieren,
den Beschluß des Rates umzusetzen und zu einem Erfolg der antifaschistischen Ausstellung beizutragen."
Die Stadt führt für ihre Ablehnung "Sicherheitsbedenken" an. Dazu bleibt
festzustellen: Zum Schutz eines Aufmarsches von Neonazis können hunderte
"Ordnungskräfte" aufgeboten werden, aber zum Schutz vor übergriffen der
Rechten (denn die sind ja wohl unter "Gegenreaktionen" gemeint), sollte
man nicht in der Lage sein? IG Metaller und Dortmunder Antifaschisten
werden darüber das letzte Wort noch nicht verloren haben.
Willi Hoffmeister, Mitglied der IG Metall Delegierten Versammlung und
der VVN/BdA
Magdeburger Str. 10, 44145 Dortmund
(siehe Ratsbeschluß und Unterschriftenliste)
7. Sitzung des Rats am 21. April
"Resolution gegen rechtsextreme Gewalt":
"Der Rat der Stadt verurteilt den Mord an Thomas Schulz vom vergangenen
Ostermontag und spricht den Familienangehörigen und Freunden des Opfers
sein Beileid aus. Der Rat ruft alle Demokraten in Dortmund auf, sich von
rechtsextremer Gewalt nicht einschüchtern zu lassen und den Rechtsextremen überall aktiv entgegen zu treten. Der Rat appelliert an
alle, die Verantwortung in unserer Stadt tragen, rechtsextreme Umtriebe
mit allen gebotenen Mitteln zu unterbinden."
Bitte beachten: Am Samstag, 1.10.05 berichteten die drei Dortmunder
Tageszeitungen auf Grund der IG Metall Presseerklärung. Besonders die
WAZ war sehr ausführlich. Es gilt jetzt den Protest auszuweiten. Sie dürfen damit nicht durchkommen!
Offener Brief
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde, geehrte Damen
und Herren,
die VVN/BdA hat in Kooperation mit der IG Metall eine Ausstellung zum
Thema "Neofaschismus in Deutschland" erstellt. Diese Ausstellung und
eine entsprechende Broschüre mit einem Vorwort des 1. Vorsitzenden der
IG Metall, Jürgen Peters, soll über die Gefahren des Neofaschismus
aufklären. Besonders angesprochen werden sollen junge Menschen und Schülerinnen und Schüler. Die Ausstellung wurde bereits in mehreren
Städten in öffentlichen städtischen Räumen gezeigt und soll auch in
Dortmund vom 18. bis 28. Oktober zu sehen sein.
Das Dortmunder Rathaus, als zentraler und dem Anlaß angemessener Ort,
wurde von der Verwaltung abgelehnt. Der sich als Alternative anbietende
Ausstellungsort Berswordthalle wurde von der Stadt ebenfalls abgesagt.
Als Begründung hierfür wurden informell "Sicherheitsbedenken" genannt.
Das unverschämte und mörderische Treiben von Neonazis hat schon oft
Empörung und Protest bei den Dortmunder Bürgerinnen und Bürgern hervorgerufen. Provozierende Aufmärsche, rassistische Bedrohungen,
Drohbriefe gegen Dortmunder Antifaschisten und IG Metaller, haben dazu
geführt, dass von Dortmund als einer Hochburg der Nazis gesprochen wird.
Unlängst verkündeten diese ihre neue Parole: "Dortmund ist unsere Stadt." Am 28.3. wurde ein Antifaschist von einem Rechtsextremisten
ermordet.
Dies und vieles Andere mehr beweist die Notwendigkeit ständiger Aufklärung über Ziele und Methoden der Neonazis.
Immer wieder hat es in der Vergangenheit die unterschiedlichsten
Bemühungen gegeben, dem braunen Spuk entgegenzutreten. Der Rat der Stadt hat sich in seiner Sitzung vom 21. April deutlich
positioniert:
. . . "Der Rat ruft alle Demokraten in Dortmund auf, sich von rechtsextremer Gewalt nicht einschüchtern zu lassen und den
Rechtsextremen überall aktiv entgegen zu treten. Der Rat appelliert an
alle, die Verantwortung in unserer Stadt tragen, rechtsextreme Umtriebe
mit allen Mitteln zu unterbinden."
Deshalb haben wir kein Verständnis dafür, dass die Stadt uns keinen
zentralen, städtischen Veranstaltungsort zur Verfügung stellt. Statt die
Bemühungen der IG Metall, VVN und anderer mit allen Kräften zu unterstützen, werden sie behindert. Und wenn "Sicherheitsbedenken" dabei
eine Rolle spielen sollten, wird dies erst recht zum Skandal. Sarkastisch könnte man da fragen: Stimmt die Parole der Nazis "Dortmund
ist unsere Stadt" etwa sogar?
Nein, sie stimmt nicht und wir werden alles tun, dass sie auch in
Zukunft nicht stimmt! Die deutschen Gewerkschaften haben in ihrer Geschichte Zeiten erlebt, in denen ein solcher Satz blutige Wahrheit
wurde. Viele Gewerkschafter haben dies mit Verfolgung und Tod bezahlen
müssen. Die IG Metall immer wieder antifaschistische Bemühungen und
Aktionen unterstützen und sich an ihnen beteiligen.
Die Unterzeichnenden protestieren gegen den Ablehnung, die städtische
Berswordthalle für eine antifaschistische Ausstellung der IG Metall und
VVN/BdA zur Verfügung zu stellen. Wir fordern die Zulassung dieser Ausstellung durch die Stadt.
Wir fordert Oberbürgermeister Dr. Gerhard Langemeier und die Verantwortlichen in Dortmund auf, ihre ablehnende Haltung zu revidieren,
den Beschluß des Rates umzusetzen und zu einem Erfolg der antifaschistischen Ausstellung beizutragen.
Ich/Wir unterstütze/n diese Forderungen mit meiner/unserer Unterschrift:
Name: ________________________________________________________________________
Anschrift:
______________________________________________________________________
Funktion:
______________________________________________________________________
Unterschrift:
____________________________________________________________________
V.i.S.d.P. Ulrich Schnabel, Schöffenweg 13, 44309 Dortmund
Willi Hoffmeister, Magdeburger Str. 10, 44145 Dortmund
IG Metall und Stadt im Clinch
Zwischen der Dortmunder IG Metall und der Stadt hängt der Haussegen mächtig schief: Die Stadt hat die Gewerkschaft wissen lassen, dass für die von der IG Metall gemeinsam mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes ( VVN-BdA) erstellte Ausstellung "Neofaschismus in Deutschland" in der Berswordthalle kein Platz sei. Begründung: eine mehrfache. In der Halle sollen a) keine "Veranstaltungen mit politischen Themenstellungen" stattfinden, weil es b) "negative Erfahrungen in der Vergangenheit" gegeben habe und man c) keine Veranstaltungen wolle, die "einen erhöhten Sicherheitsbedarf erwarten lassen, z.B. wegen möglicherweise zu erwartender Gegenreaktionen". So heißt es zumindest in einem offiziellen Schreiben der Städtischen Immobilienwirtschaft - als "Vermieter" der Halle - an die IG Metall.
Auf Nachfrage der WAZ stellte sich heraus, dass diese Argumentationskette brüchig ist: Denn eigentlich, hieß es bei der Städtischen Immobilienwirtschaft, meine man "parteipolitische Veranstaltungen" - nun sind weder IG Metall noch VVN/BdA Parteien. Auch wisse man, "dass eigentlich alles politisch ist" - so wie etwa die Ausstellung zum 60. Jahrestag der Hiroshima-Bombe, die vor kurzem in der Berswordthalle gezeigt wurde. Oder der Info-Tag zu "Hartz IV" vor einigen Monaten.
Auch die in dem Schreiben angeführten "negativen Erfahrungen" entpuppen sich auf Nachfrage als: nicht gemacht. Bleibt unter dem Strich als Ablehnungsgrund nur die Sorge um: "möglicherweise zu erwartende Gegenreaktionen".
"Bitte haben Sie Verständnis für diese Entscheidung", lautet der letzte Satz des städtischen Schreibens - die IG Metall hat aber kein Verständnis. Auf der Funktionärskonferenz am letzten Mittwoch, ließ gestern der 1. Bevollmächtigte Hans Jürgen Meier wissen, habe es "großes Unverständnis" gegeben. Die Konferenz beschloss eine Resolution, in der gegen die Ablehnung der Ausstellung, die vom 18. bis 28. Oktober in Dortmund gezeigt werden soll(te), protestiert wird. Unterzeichner auch: der Bundesvorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters.
Gestern nun bekam der Oberbürgermeister Post: Die Dortmunder IG Metall hat Dr. Gerhard Langemeyer (SPD und Verdi-Mitglied) aufgefordert, "die ablehnende Haltung zu revidieren und die Ausstellung noch kurzfristig zu ermöglichen". JAL
WAZ vom 01.10.2005
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