Am 2. Juli starb in Bochum die langjährige Mitstreiterin und politische Weggefährtin Lieselotte Rauner. „Lilo“, wie wir sie im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt in Dortmund nannten, verstand sich als „Arbeiterdichterin“. Geboren 1920 in Bernburg, lebte sie seit 1948 in Bochum. Sie erklärte sich solidarisch mit den dort lebenden Menschen und kommentierte den tiefgreifenden Strukturwandel im Ruhrgebiet, Wut, Ohnmacht und Bewältigungsversuche der Betroffenen in eigenwilligen, in klarer, unverwechselbarer Sprache verfassten Texten, in Kurzprosa, Lyrik und Chansons. 

Als Lilo Rauner zu schreiben begann, lehnten sich die 68er gegen die Generation ihrer Eltern auf, zogen sie für die NS-Zeit zur Verantwortung, machten in der Außerparlamentarischen Opposition Front gegen das Establishment, protestierten gegen Kriege, besonders den Vietnamkrieg, setzten sich ein für den Frieden in der Welt. Lilo Rauner schrieb für ihre Demonstrationen Kampflieder, die diese politischen Ziele beinhalteten, und die u. a. von Fasia Jansen gesungen wurden. Ihre Zeitgedichte und pointierten Epigramme trugen nicht nur zur Entwicklung kritischen Geschichtsbewußtseins bei, sie sicherten ihr auch einen Platz unter den bedeutenden GegenwartsautorInnen. 1985 wählte man sie in den Internationalen Pen-Club, ein Jahr später wurde sie als erste Autorin mit dem „Literaturpreis Ruhrgebiet“ ausgezeichnet. 1998 gründete sie die „Walter und Lieselotte Rauner-Stiftung“ zur Förderung neuer Lyrik, die einzige private Literaturstiftung in Nordrhein-Westfalen.

 Der Lagergemeinschaft Ravensbrück ist Lilo Rauner seit langem bekannt durch „Mea Culpa“, veröffentlicht im Ausstellungskatalog „Schwestern, vergesst uns nicht“, das wie kein anderes ihrer Gedichte so klar ihre Persönlichkeit widerspiegelt, sozusagen ihr Innerstes nach Außen kehrt. 

Gabriele Heuckmann