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Nazis raus aus dem Internet

 

04.06.05

Die ganz große Kriegskoalition von Berlin

Die Franzosen haben mit Nein gestimmt. Bravo.

Doch das macht dies nicht ungeschehen: Am 12. Mai 2005, vier Tage nach dem historischen 8. Mai, hat der Deutsche Bundestag mit überwältigender Mehrheit beschlossen, die „militärischen Fähigkeiten“ Deutschlands als EU-Mitgliedsstaat „ständig zu verbessern“, sich an einer europäischen Behörde „für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten“ zu beteiligen, an militärischen „Missionen außerhalb der Union“ mitzuwirken, zu denen Kampfeinsätze der Bundeswehr gehören sollen. Diese Aussagen werden im Vertrag über die europäische Verfassung getroffen, dem der Bundestag zustimmte. Auch wenn diese Verfassung nun in Frage gestellt werden sollte, so ist festzuhalten: Deutschlands Parlamentarier haben sich mit der Zustimmung zur EU-Verfassung und zur EU-Militärdoktrin von den Resten der antimilitaristischen und antifaschistischen Aussagen des Grundgesetzes verabschiedet, haben Kriegsführung und Rüstung zum Verfassungsrang erhoben. Ohne Bindung an ein Mandat des UN-Sicherheitsrates und an das deutsche wie europäische Parlament soll der EU-Ministerrat das Mandat bekommen für weltweite Militäreinsätze unter Beteiligung Deutschlands. Hat schon das Parlamentsbeteiligungsgesetz, das in Wirklichkeit ein Parlamentsausschaltungsgesetz ist, die Rechte der Wählerinnen und Wähler wie auch ihrer Volksvertreterinnen und -vertreter in den Fragen des Kriegseintritts mit kleinen Kontingenten, die schwer rückholbar aber leicht vergrößerungsfähig sind, erheblich geschmälert, so werden sie mit dem Beschluß vom 12. Mai ganz ausgehebelt.

60 Jahre nach der Befreiung Deutschlands und Europas von Krieg und Faschismus sollen - so beschloß es der Bundestag und ihm stimmte der Bundesrat zu - Kriege, Rüstung, Vergeudung von Ressourcen zum Zwecke des Tötens zu gemeinsamen Aufgaben der europäischen Staaten gemacht werden. Wer behauptet, die EU-Militärdoktrin als neues „internationales Recht“ verpflichte nicht zum Kriegführen der Deutschen, der sei an die NATO wie an die Worte Peter Strucks erinnert: „Ich wüsste schon gerne, ob dieser Gesellschaft wirklich klar ist, wozu wir uns international verpflichtet haben. ... So, wie die Bundeswehr jetzt umgebaut wird, ist sie auch dazu bestimmt, Krieg zu führen, auch an einem Ort auf der Welt, von dem wir nie gedacht haben, dass jemals ein deutscher Soldat da seinen Fuß hinsetzt. Es kann sein, dass dort Menschen sterben, weil die internationale Staatengemeinschaft das von uns verlangt.“ (Interview mit „Stern“, 9. 12. 2004)

Die ganz große Kriegskoalition in Deutschland, sie besteht weiter. Doch ihr kann mit französischem Rückenwind nun besser widersprochen, ja widerstanden werden.

Ulrich Sander