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Nazis raus aus dem Internet

 

28.04.05

Verehrungen für Kriegsverbrecher – Stoiber und Struck sind dabei

Gedenken für die Täter und die Opfer zu Pfingsten in Mittenwald

Der Kanzler spricht in Gedenkstätten, legt Kränze in der Normandie zum D-Day nieder und ehrt in der polnischen Hauptstadt die Opfer der Aufstände gegen die Nazis im Ghetto und in Warschau. In Auschwitz sah man gar den Bundespräsidenten die Opfer ehren. Seite Juni 2004 sind wir im Dauergedenken – und das soll noch bis zum 8. Mai 2005, dem 60. Jahrestag „des Kriegsendes“, wie es heißt, anhalten. An diesem Tag soll das Brandenburger Tor von Nazis freigehalten werden – wegen des Auslands.

Alle anderen Tore und Plätze des Landes stehen somit den Nazis zur Verfügung? Ja, und nicht nur den jungen, auch den alten. So ehren der Verteidigungsminister und der bayerische Ministerpräsident seit Jahrzehnten die Helden der Gebirgstruppe, die sich am Hohen Brendten bei Mittenwald ein Denkmal für ihre Toten errichtet haben, darunter viele Kriegsverbrecher. Dr. Edmund Stoiber gehört gar als Chef der Landesregierung zu den prominentesten Mitgliedern des Kameradenkreises der Gebirgstruppe, in dem sich Veteranen der Wehrmacht und SS, die Reservisten und Aktiven der Bundeswehr als „Soldaten unterm Edelweiß“ vereint haben.

Da nun aber seit drei Jahren des Treffen der Edelweißkrieger unter Kritik steht, sahen sie sich zur Rechtfertigung ihres Tuns veranlasst. Der Vorstand des Kameradenkreises der Gebirgstruppe ließ rechtzeitig zu diesem Pfingsttreffen mitteilen, die grauenvollen Untaten – so das Massaker der Gebirgsjäger von Kommeno – seien nach der Haager Landkriegsordnung legal gewesen. Im Falle Kommeno deshalb, weil der Gebirgstruppen-Oberstleutnant Josef Salminger, Vater des heutigen Mittenwalder Bürgermeisters, von Partisanen aus Kommeno ermordet worden sei.

Doch Salminger sen. starb erst rund sechs Wochen nach dem 16. August 1943, dem Tag des Massakers von Kommeno. Zu diesem Massaker hat der Salminger offenbar ebenso beigetragen wie zum Massenmord an 6000 unbewaffneten italienischen Kriegsgefangenen auf der Insel Kephalonia (13.9.43), wie zum Orden in Lemberg (4.9.39 und 30.6.41) und zu anderen Kriegesverbrechen. Bei dem von Salminger als Oberstleutnant wie auch von dem späteren Bundeswehroberstleutnant Dr. Reinhold Klebe befohlenen Blutbad wurden 317 Menschen unterschiedlichen Alters, Männer wie Frauen, des griechischen Dorfes Kommeno getötet, und zwar weil Salminger dort Partisanen gesehen zu haben glaubte. Zeuge August S. bei den Ermittlungen nach dem Krieg: "Was mich furchtbar abgestoßen hat, das war, dass einige Angehörige der 12. Kompanie sich in schändlicher Weise an den Leichen zu schaffen machten.“ 

Nach Salmingers ungeklärtem Tode wurden als Rache mindestens ein Dutzend Dörfer zerstört und Hunderte Bewohner ermordet. Jetzt wurden Einzelheiten bekannt, wie Gebirgsjäger auch zu Tätern bei den Judendeportationen wurden. Neue Recherchen des Arbeitskreises Angreifbare Traditionspflege ergaben: Am 24. März 1944 begannen Gebirgsjäger-Polizeieinheiten damit, die Juden Athens zum – wie sie sagten – „Arbeitseinsatz“ nach Deutschland zu bringen. Jüdische Gemeindemitglieder wurden von deutschen und griechischen Polizisten aus ihren Wohnungen geholt, mit dabei die Soldaten und Offiziere des Polizei-Gebirgsjäger-Regiments 18, I. Bataillon, unter ihren Kompaniechefs Hauptmann Baier (3. Kompanie) und Hauptmann Reischl (4. Kompanie). Nach neun Tagen, am 2. April 1944, wurden 1.700 Juden auf LKWs zur zentralen Athener Bahnstation Rouf gefahren und von dort aus in Viehwaggons nach Auschwitz und Dachau deportiert. Viele Athener Juden wurden von Chaidari aus in das Sonderkommando in Auschwitz-Birkenau deportiert. Angehörige der 3. und 4. Kompanie des I. Bataillons des Polizei-Gebirgsjäger-Regiments 18 sowie der Polizei-Gebirgs-Artillerie-Abteilung begleiteten die Deportationszüge nach Auschwitz und Dachau.

In Oberbayern stellen derzeit die VVN-BdA und die Gruppe „Angreifbare Traditionspflege“ – benannt nach dem Spruch des Herrn Stoiber von der „unangreifbaren Traditionspflege“ der Gebirgstruppe – auf Flugblättern die Frage: Wie lange wollen die Mittenwalder noch dulden, dass in ihrer schönen Gemeinde Jahr für Jahr die Mörder der unschuldigen Menschen von Kommeno und zahlreichen weiteren Gemeinden in vielen Ländern Europa seitens Bundeswehr und Wehrmachtsveteranen geehrt werden? Wann werden die Opfer entschädigt und die Täter bestraft? In Mittenwald wird es wieder zu Pfingsten Proteste gegen die Kriegsverbrecherehrungen geben. Einzelheiten unter www.nrw.vvn-bda.de

Ulrich Sander

Unter http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0122_mittenwald_2005.htm gibt es Infos für Mittenwald Pfingsten 2005 mit Wiederentwaffnungscamp ab 12. Mai, mit Zeitzeugenforen, Sternmärschen, Infoständen, Kundgebungen von 13. bis 15. Mai 2005. Anmeldungen bei vvn-bdanrw@freenet.de.

Weitere Infos zu Mittenwald: http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/mittenwald/