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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
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Nazis raus aus dem Internet

 

14.02.05

Aufruf zu Mittenwald 2005:

Kriegsverbrecherehrungen? Endlich weg damit! 

Pfingsten 2005: Eine Woche zuvor jährt sich der Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus zum 60. Mal. Etliche aber wurden damals nicht befreit sondern besiegt und diese Niederlage steckt ihnen 60 Jahre später noch in den Knochen. Und so werden sich auch dieses Jahr zu Pfingsten über tausend ehemalige Wehrmachtssoldaten, gegenwärtige Bundeswehrsoldaten und ihre GesinnungsgenossInnen aufmachen zu einer Gedenkveranstaltung der ganz anderen Art: Nach Mittenwald, zum ‚Ehrenmal’ der Gebirgsjäger am Hohen Brendten, wohin der Kameradenkreis der Gebirgsjäger seit 48 Jahren lädt, damit sie dort ‚ihrer’ Toten aus zwei Weltkriegen gedenken. Wir finden: Sie müssen sich ihrer Täterschaft erinnern und der Opfer gedenken.

Darum sind die Gebirgsjäger seit 2002 bei ihrer widerlichen Veranstaltung nicht mehr ungestört: Vor drei Jahren enterte eine Gruppe AntifaschistInnen das traditionelle Schweinebratenessen von Gebirgsjägern im ‚Postkeller’ in Mittenwald und forderte eine Gedenkminute für die Opfer der Verbrechen der Gebirgsjäger. Für diese sicherlich nicht unbillige Forderung wurden sie von Greisen mit Stühlen attackiert, aus dem Lokal geworfen und anschließend von der bayrischen Polizei für 24 Stunden in der Jugendherberge festgesetzt.

In den vergangenen beiden Jahren wurde öffentlich und breiter nach Mittenwald mobilisiert: Gegen den Skandal eines Tätergedenkens, an dem sich nicht nur die noch lebenden Täter sondern auch die Bundeswehr beteiligt, in dem unbeirrt an der Mär von Ehre und Tugend des deutschen Gebirgsjägers gestrickt wird, am generationenübergreifenden soldatischen Geist – und dies alles im Angesicht der Tatsache, daß diese Truppe während des zweiten Weltkriegs eigenhändig Massenmorde in über 50 Orten quer durch Europa verübte.

Kommeno, ein Dorf in Nordgriechenland, wo über 317 ZivilistInnen ermordet wurden und Kephalonia, eine Insel bei Korfu, auf der 5000 tausend entwaffnete italienische Soldaten hingerichtet wurden, sind von den Verbrechen der Gebirgsjäger nur die bekanntesten: Von Griechenland über den Balkan, nach Italien und Frankreich bis hinauf nach Finnland zieht sich eine breite Blutspur.

Die alljährliche Selbstvergewisserung der Gebirgsjäger an Pfingsten hat so immer auch den Charakter einer Selbsthilfegruppe für Kriegsverbrecher, ideell und ganz konkret: Hier werden Absprachen getroffen für den Fall, daß die Strafverfolgungsbehörden doch noch einmal mit einer Mordanklage an die Tür klopfen. Das alles ist widerlich, und wir wollen, dass das aufhört.

Darum gibt es seit zwei Jahren zu Pfingsten in Mittenwald nicht nur ‚gedenkende’ Gebirgsjäger, sondern auch Veranstaltungen mit Überlebenden der Massaker der Gebirgstruppe, die so am Ort der Täter eine Stimme erhalten, es gibt Aktionen und Demonstrationen, die dazu geführt haben, dass das Gebirgsjägertreffen vom alljährlichen normalen Vorgang zum brisantesten Thema der örtlichen öffentlichen Debatten geworden ist. Aber das reicht uns nicht! Wir fordern: Weg damit! Es muss endlich Schluss sein mit dem Gebirgsjägertreffen in Mittenwald! Es muss Schluss sein mit Feierlichkeiten, bei denen Täter zu Opfern umgelogen werden! Erst dann kann die Frage eines Mittenwalder Bürgers, wie denn der antifaschistische „Sauhaufen“ am besten aus Mittenwald fernzuhalten sei, eine Antwort finden.

Wir werden diesen Forderungen 2005 mit Zeitzeugenveranstaltungen, mit einem Sternmarsch, mit Demonstrationen, mit Straßentheater, mit eigenen Mahn- und Reuegottesdiensten auf dem Hohen Brendten und einem „Wiederentwaffnungs“- Camp in Mittenwald Nachdruck verleihen.

„Ich würde ja was sagen, aber dann müßte ich hier wegziehen.“

Im idyllischen und touristenfreundlichen Mittenwald herrscht eine repressive Atmosphäre von Gewalt und Angst. Während der Demonstration am Pfingstsamstag 2004 mußte sich der Theresienstadt-Überlebende Ernst Grube anhören „man hat Euch zu vergasen vergessen“. Die Wirtin einer Gaststätte fand: „Euch müßte man alle mit dem Schürhaken erschlagen“ und solche Hinrichtungsphantasien sind kein Einzelfall. Wo er aber nicht freiwillig besteht, da wird der Gemeinde-Gebirgsjäger-Konsens erzwungen. Der Wirt der Halle des Mittenwalder Sportvereins, in der 2003 das Hearing mit Überlebenden der Massaker stattfand, ist anschließend von seinen Mitbürgern unter so massiven Druck gesetzt worden, daß er die zentral gelegenen Örtlichkeiten 2004 nicht mehr an die ‚angreifbare Traditionspflege’ vermieten wollte. Kein Buchladen fand sich bereit, das vom AK angreifbare Traditionspflege herausgegebene Buch ‚Mörder unterm Edelweiß’ in ihr Sortiment aufzunehmen. Und während diejenigen mit den Mord-Gedanken oft keinerlei Scheu davor haben, diese auch noch öffentlich kundzutun, wird eine negative Haltung zum Gebirgsjägertreffen nur heimlich und leise zugegeben. „Ich find das auch nicht so gut, aber wenn ich was sagen würde, dann müßte ich hier wegziehen“ ist eine Äußerung, die inzwischen so oft gefallen ist, daß für das politische Klima in Mittenwald als repräsentativ gelten kann.

Ein Ziel unserer Aktionen ist es, den Schulterschluß von Militär und Gemeinde in Mittenwald zu brechen.

Hier sehen wir taktisch auch ganz gute Chancen: Denn das ganze öffentliche Aufsehen, das das Treffen und die Gegenaktionen hervorgerufen haben, die ungenierten Äußerungen mancher Mittenwalder BürgerInnen vor laufender Kamera und die laufenden Ermittlungsverfahren wg. Kriegsverbrechen in Kommeno und Kephalonia haben bereits zu Stornierungen empörter TouristInnen geführt, die unter solchen Mörderbanden keinen Urlaub machen mögen. „Schadet das Pfingsttreffen dem Tourismus in Mittenwald?“ ist also eine der vielen Fragen, die wir Pfingsten gern öffentlich in Mittenwald erörtern wollen.

60 Jahre nach dem Krieg

In den kommenden Monaten wird es eine Fülle an Gedenkveranstaltungen und Feierlichkeiten zur Niederlage des Faschismus und zum Ende des zweiten Weltkriegs geben, die in einem Staatsakt von Bundestag und Bundesrat am 8. Mai und der offiziellen Eröffnung des Holocaus-Mahnmals am Tag darauf ihren vorläufigen Höhe- und Schlußpunkt finden. Selbstverständlich begrüßen wir viele Veranstaltungen in diesem Kontext, aber es liegt darin auch eine Gefahr: die Gefahr, daß die Deutschen zu ‚Weltmeistern im Gedenken’ werden, einem Gedenken, das zur Routine gerinnt und darunter einen Raum eröffnet, in dem die Forderung nach einem ‚Schlußstrich’ und einer ‚Normalität’ im Umgang mit der deutschen Geschichte laut wird.

Zwischen Staatsakt am 8. Mai und der offiziellen Eröffnung des Holocaust-Mahnmals droht die Forderung nach einer aktiven Auseinandersetzung mit der eigenen Tätergeschichte, nach der Verfolgung der zahlreichen noch lebenden Täter und nach einer Entschädigung der Opfer unterzugehen.

Dem demonstrativen öffentlichen Gedenken in der Hauptstadt entspricht das massive öffentliche Verdrängen, Umbiegen und Leugnen an Orten, für die Mittenwald nur ein besonders krasses Beispiel ist.

Berlin und Mittenwald sind aber geeint in der offiziellen Deutung der militärischen Niederlage des Nationalsozialismus in einen Sieg der Demokratie über den Extremismus. Indem man sich so moralisch auf die Seite der Kriegsgewinner projiziert, ist es möglich, die Bundeswehr mit dem Argument der Verhinderung eines neuen Auschwitz wieder Angriffskriege führen zu lassen. Auch hier sind die Gebirgsjäger, in Traditionspflege den alten Kriegsverbrechern der Wehrmacht eng verbunden, ganz vorne dabei.

Wir fordern darum: Wiederentwaffnung der Bundeswehr

Was wir wollen:

NS-Täter verfolgen

Opfer entschädigen

Mittenwald 2005: Endlich weg damit!

Vorläufiges Programm

Donnerstag 12.Mai Wiederentwaffnungs-Camp in Mittenwald

Ab 19:00 Eröffnungsveranstaltung

Freitag 13.Mai Aktionstag im Freistaat Bayern

mit mindest. zwei AK zu Militarismus und zu den Todesmärschen

Samstag, 14. Mai 2005, Ort: Mittenwald

Zeitzeugenveranstaltung u.a. 10.00 Uhr mit:

  • Livio Piccioni. Resistenza Camerino (angefragt)
  • Bruno Pettinari Macerata Historiker (angefragt)
  • Lipej Kolenik, Partisanenname Stanko. Lipej Kolenik desertierte von der Wehrmacht und schloß sich den Kärntner Partisanen an.
  • Anton Pecnik, Partisanenname Tine, desertierte von der Wehrmacht, nachdem er gesehen hatte, was die in Polen anrichtete. Er schloß sich den Kärntner PartisanInnen an und wurde schließlich Kommandeur .

Vida Obid ist seit Jahrzehnten in verschiedenen Initiativen und Organisationen der Kärntner SlowenInnen politisch aktiv. Zusammen mit Andrej Leben und Mirko Messner verfasste sie das Buch: "Haiders Exerzierfeld" das die historischen Gründe für den in Kärnten so virulenten Deutschnationalismus und Rechtsextremismus nachzeichnet.

Es werden folgende Plätze von 10 Uhr bis 16 Uhr angemeldet:

  • Bahnhofsvorplatz: Info-Stand, Versammlungsleitung, Anlaufstelle
  • Dekan-Karl-Platz: Dauerkundgebung mit Live-Übertragung der Zeitzeugen-Veranstaltung
  • Prof. Schreyögg-Platz: Ausstellung „Kriegsverbrechen der Mittenwalder Gebirgsjäger“
  • Platz vor der kath. Kirche Im Gries: Straßentheater „Buchstabenballett“
  • Obermarkt, Ecke Staingerstraße: Info-Stand und Straßentheater „Buchstabenballett“

Die Sternmärsche werden um 15 Uhr beginnen, die einzelnen „Marschblöcke“ treffen sich vor der katholischen Kirche, wo um 16.30 Uhr die zentrale Abschluss-Demonstration beginnt. Alle Sternmärsche werden jeweils einen Lautsprecherwagen bzw. Megaphone mit sich führen.

Stern 1, Thema: „Der Kameradenkreis der Gebirgsjäger“.
Treffpunkt: Parkplatz an der Kneipp-Anlage, Ecke Ferchenseestraße. Route: Grünkopfstraße – Wettersteinstraße – Ludwig-Murr-Straße – Im Gries bis zur katholischen Kirche.
Zwischenkundgebung Grünkopfstraße 12 zum Thema „Die 12. Kompanie/Regiment 98 in Kommeno“.

Stern 2, Thema: „Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger in Nord-Skandinavien“.
Treffpunkt: Schanzenweg, Ecke Innsbrucker Straße. Route: Dekan-Karl-Platz – Obermarkt – katholische Kirche.
Zwischenkundgebung am Postkeller, Innsbrucker Straße zum Thema: „Veteranenverbände als geschichtspolitische Akteure“.

Stern 3, Thema: „Gebirgsjäger in der Bundeswehr“ (Veranst.: VVN-BDA.)
Treffpunkt: Standortverwaltung der Bundeswehr. Route: entweder über Tiefkarstraße oder Schöttelstraße zur katholischen Kirche.
Zwischenkundgebung am Rathaus zum Thema: „Kriegsverbrechen von Oberstleutnant Salminger“ und: „Schadet das Traditionstreffen der Gebirgsjäger dem Tourismus im Werdenfelser Land?“

Stern 4, Radl-Demo, Thema: „Befreiung der Juden in Mittenwald“.
Treffpunkt: Rathaus Krün im Gstandlweg. Route: über die B2 nach Mittenwald auf die Garmisch-Partenkirchner-Straße – Hochstraße – katholische Kirche.
Zwischenkundgebung am Tragetierdenkmal/Karwendelkaserne zum Thema: „Deserteure der Gebirgstruppe“ mit Ludwig Baumann.

Die zentrale Demonstration beginnt um 16.30 Uhr an der katholischen Kirche in Mittenwald. Die Demonstration steht unter dem Motto: „Kriegsverbrecher ergreifen – NS-Opfer entschädigen“. Erwartet werden 500 TeilnehmerInnen aus dem In- und Ausland, darunter Zeitzeugen aus Slowenien, Italien, Österreich und Frankreich. Auftaktkundgebung mit Redebeiträgen, u.a. zum Thema: „Gebirgsjäger, Bergpredigt und die Rolle der Militärseelsorge im Vernichtungskrieg“.

Zwischenkundgebung am „Postkeller“, Innsbrucker Straße, zum Thema: „Kriegsverbrechen deutscher Gebirgsjäger“.

Abschlusskundgebung am Dekan-Karl-Platz bis 22.00 Uhr mit Wort- und Musikbeiträgen. U.a Gasparazzo (Materiale resistente, Reggio Emilia)

Um der Polizei unnötiges Einschreiten zu ersparen, melden wir bereits folgende Demonstrationselemente an:

  • Das Fronttransparent wird den Schriftzug „Kriegsverbrecher ergreifen – NS-Opfer entschädigen“ tragen.
  • In der zweiten und dritten Reihe des Aufzugs werden Porträts der uns bekannten Kriegsverbrecher aus den Reihen der Gebirgsjäger auf DIN–A2 großen Plakaten getragen werden, die an geeigneten Stöcken befestigt sind. Den Porträts werden die von uns recherchierten Massaker jeweils zugeordnet sein.
  • Es werden Transparente u. a. mit folgenden Parolen mitgeführt werden:
    • „Mörder unterm Edelweiß, wir machen Euch die Hölle heiß!“
    • „Sommer – Sonne – Kriegsverbrechen – Traditionspflege durchbrechen“
    • „Gottesdienst das ist ein Hohn, denn die Hölle wartet schon!“
    • „Zitat Tucholsky: ‚Soldaten sind Mörder’!“

Sonntag, 15. Mai 2005

Ort: Hoher Brendten, Ehrenmal der Gebirgsjäger
Protestantischer Mahn-, Buß- und Reuegottesdienst zum Gedenken an die Opfer deutscher Gebirgstruppen im Zweiten Weltkrieg. Beginn: 9.45 Uhr, Ende: 11.00 Uhr.

Ort: Luttensee-Parkplatz
Ökumenischer Pfingstgottesdienst (katholisch, evangelisch, griechisch-orthodox), Es wirkt u.a. mit: Prof. Dr. Heinrich Fink (Bundesvorsitzender der VVN-BdA) Beginn: 9.00 Uhr, Ende: 12.00 Uhr.

Ort: Mittenwald
Kundgebung Im Gries mit szenischer Lesung zum Massaker der 12./98 unter Salmingers Kommando in Kommeno. Beginn: 13.00 Uhr, Ende: 16.00 Uhr.

Straßentheater „Buchstabenballett“ auf dem gesamten Obermarkt von 13.00 bis 16.00 Uhr unter dem Motto: „Endlich weg damit!“

Infos bei: www.nadir.org/mittenwald

ferner bei den VVN-BdA Landesvereinigungen Bayern und NRW über vvn-bdanrw@freenet.de und www.nrw.vvn-bda.de Tel. 0202 45 06 29 Fax 0202 25 49 836 Anschrift: Gathe 55, 42107 Wuppertal

Dies ist der Aufruf wie er von VVN-BdA NRW und AngreifbarerTraditionspflege erarbeitet wurde. Wer Ergänzungen und Änderungen wünscht, wende sich an die Absender - wer zustimmen will, auch.