14.02.05
„Eine rechtsextremistische Ideologie lässt sich auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren“
Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz
der VVN-BdA NRW
Es vergeht kaum ein Tag und kein Wochenende, an dem nicht in unserem Bundesland faschistische Banden auf den Straßen und Plätzen aufmarschieren. Die V-Leute-Praxis gerade des NRW-Verfassungsschutzes hat zur Stärkung des Neonazismus und zur faktischen Bestandsgarantie für die NPD geführt. Die Polizei sieht dem Treiben der Nazis wie gelähmt zu und verweist auf die skandalösen Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu Gunseten der Naziumtriebe.
Gefahr aber droht nicht nur durch ein Erstarken des Rechtsextremismus sondern auch durch weitere Fehlentwicklungen auf staatlicher Ebene: Fortschreitender Demokratieabbau, Otto Schilys beharrlicher Umbau des Rechtsstaates, Tolerierung faschistischer Umtriebe bis hin zur skandalösen Duldung des Neonazi-Marsches gegen den Synagogenbau in Bochum und zu antisemitischen Aktionen ausgerechnet am Jahrestag der Reichspogromnacht. Die CDU hat eine Hauptforderung der Neonazis aufgegriffen: Schluß mit Multikulti.
Schließlich die neue Europaverfassung: Sie bedeute den "Abschied vom Grundgesetz" und Festschreibung des neoliberalen Kurses und der Militarisierung der Innen- und Außenpolitik. Die Rechtsentwicklung manifestiert sich auch in der Bundeswehr. Sie übt Folter ein und praktiziert sie – das ist kein Ausrutscher, sondern Ausdruck der Aggressivität der Bundeswehr mit ihren weltweiten Einsätzen.
Wir dürfen nicht nachlassen, diese Entwicklung zu bekämpfen. Vor diesem 8. Mai 2005, dem 60. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus, gilt es, die Zusammenarbeit aller Demokraten, das Zusammengehen von Friedens-, Antifa- und Gewerkschaftsbewegung zu stärken.
Unsere Organisation konzentriert sich im Jahr des 60. Jahrestages der Befreiung von Krieg und Faschismus, das ja auch ein Landtagswahljahr ist, auf folgende nächste Ziele:
- Durchsetzung des Prinzips „Eine rechtsextremistische Ideologie lässt sich auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren“ (Beschluss des OVG NRW, Az 5 B B 585/01) Damit wird beigetragen zur Wiederherstellung des Verfassungsprinzips des Artikel 139 GG, das die 1945/46 geschaffenen Bestimmungen zur Zerschlagung von NS-Organisationen auch für das Heute verbindlich regelt. Höchste NRW-Richter haben sich mit ihren Urteilen gegen die Neonazis gewandt. Ihre Rechtssprechung sollte endlich für das Land NRW volle Gültigkeit erhalten. Das Land NRW soll die Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster gegen den Nazismus zur Grundlage jeden staatlichen Handelns machen.
- Wiederherstellung des Konsens in der Gesellschaft unter der Losung „Nie wieder Krieg und Faschismus“ entsprechend dem Vermächtnis des deutschen Widerstandes. Dies ist die richtige Antwort auf eine Schlussstrichpraxis, die allenfalls die Losung „Nie wieder Auschwitz“ gelten lassen will und Angriffskriege auf die Tagesordnung setzte und setzt.
- Durchsetzung wirkungsvoller kommunalpolitischer Positionen des Antifaschismus und der Friedenserziehung in den Städten und Gemeinden von NRW. Die VVN-BdA hat dazu ihre Vorschläge vorgelegt. Wir rufen alle Kommunalpolitiker/innen auf, diese Vorschläge in der Praxis anzuwenden. Wir unterstützen die Aktion „Stolpersteine“ zur Erinnerung an die Opfer des Faschismus.
- Antifaschistische und antimilitaristische Geschichtsarbeit in den Schulen und unter der Jugend, ferner umfassende Unterstützung der Bewegung für „Schulen ohne Rassismus“. In einer Zeit, da wir auf die Zeitzeugengeneration leider fast ganz verzichten müssen, sind wir aufgerufen als Angehörige und Hinterbliebene wie auch als antifaschistische Mitstreiter der älteren Generation ihren Auftrag zu übernehmen. Wir gedenken in NRW besonders der Opfer unter den ausländischen Antifaschisten und Widerstandskämpfern in den letzten Tagen des Krieges im „Ruhrkessel“ von 1945 und wollen ihr Vermächtnis bewahren. Gemeinsam mit anderen demokratischen Kräften begehen wir den 8. Mai als 60. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus und wir unterstützen auch alle Kräfte, die in diesem Sinne Erinnerungsarbeit betreiben.
- Stärkung des Bündnisses gegen Sozialabbau und antisoziale Hochrüstung, der Bewegung der Montagsdemonstrationen und der Gewerkschaftsaktionen im Lande, denn Hartz IV und Agenda 2010 sind der Weg in eine Vergangenheit, in der den Nazis mit ihren sozialdemagogischen Positionen das Vorankommen auf dem Hintergrund von Sozialabbau und Beseitigung demokratischer Rechte erleichtert wurde.
In diesem Sinne hoffen wir auf eine weitere gute Zusammenarbeit mit allen verantwortungsbewussten Menschen.
Dieser Antrag wurde auf der Landesdelegiertenkonferenz der
VVN-BdA NRW am 12.02.2005 in Düsseldorf einstimmig angenommen.
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