13.02.05
Ein Geschichtsrevisionist als Redner in der Bittermark?
VVN-BdA NRW lehnt Gauck als
Redner auf der diesjährigen Gedenkveranstaltung in Dortmund ab
Die Landesdelegiertenkonferenz der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes/Bund der Antifaschisten in Nordrhein-Westfalen hat ihre Ablehnung des Redners Dr. Joachim Gauck auf der diesjährigen Gedenkveranstaltung für die 300 Gestapo-Opfer vom Frühjahr 1945 bekundet. Der geschäftsführende
Landesausschuss wurde beauftragt, dies dem Oberbürgermeister von Dortmund, Dr. Gerhard
Langemeyer, mitzuteilen.
Worum geht es?
Ein Geschichtsrevisionist als Redner in der Bittermark?
Beispiele aus dem die Nazis verharmlosenden Schaffen des Dr. Gauck
Martin Hohmann (damals noch CDU-MdB) am 3. Okt. 2003 in seiner berüchtigten
Rede
„Gnädige Neubetrachtung oder Umdeutung wird den Deutschen nicht gestattet. Das verhindert die zur Zeit in Deutschland dominierende politische Klasse und Wissenschaft mit allen Kräften. Sie tun ‚fast neurotisch auf der deutschen Schuld beharren’, wie Joachim Gauck es am 1.10. 2003 ausgedrückt hat.“
Wer da in der antisemitischen Rede des Martin Hohmann lobend zitiert wird, der Dr. Joachim Gauck, ist von der Stadt Dortmund als Redner am Karfreitag 25. 3. 05 zum Gedenken an die NS-Opfer vorgesehen.
Gauck war es, der dafür sorgte, dass das „Schwarzbuch Kommunismus“ einen deutschen Teil bekam. Darin wird die Bedrohungslüge reaktiviert, nach der Stalin Hitlerdeutschland bedrohte, und von der Sowjetunion die Gefahr ausging, während es in Wirklichkeit – doch das verschweigt Gauck - den Nazis um die Eroberung der Reichtümer des Riesenlandes UdSSR und die Vernichtung der Slawen und Juden ging. Keine antikommunistische Verleumdung ist dem von Gauck bestellten Autor für das „Schwarzbuch“ zu schäbig, als daß er sie nicht ungeprüft übernähme. Der Faschismusexperte Prof. Pätzold schreibt über den Autor des Herrn Gauck, einem eifernden Pfarrer Neubert, sein Ruf laute: „In die Hölle mit den Kommunisten, die, wo und wann immer sie wirkten, nur von einem über Leichen gehenden Machtgelüst und Herrschaftswahn geleitet würden, die Feinde der Menschheit seien, die in der Welt nichts wollten und nichts anrichteten als Zerstörung. Zwei Kostproben? ‚Das zynische Mordverlangen ist die Vernunft des Kommunismus.’ Die ‚kommunistischen Revolutionen’ seien ‚eine Metapher zur Veredelung von Verbrechen.’ (843) Wer den Beitrag dieses Staatsbediensteten politisch und ideologisch in die Geschichte des Antikommunismus einordnen will, kann zu den Reden greifen, die auf dem ‚Reichsparteitag der NSDAP’ in Nürnberg im Jahre 1936 gehalten wurden. Aus diesen wie aus jenem spricht vor allem eins: Haß.“
Experten schreiben in „Wikipedia“, der freien Internet-Wissensdatenbank (lt. Google), dass Gauck daran beteiligt ist, den Holocaust zu verharmlosen: „In diesem Band ‚Schwarzbuch Kommunismus’, der zuerst 1997 in Frankreich erschien, wurden verschiedene Studien über die ‚Verbrechen kommunistischer Regierungen’ weltweit gesammelt. Daran anschließend kam es in verschiedenen Ländern zu intensiven Diskussionen über eine Neubewertung des Kommunismus und insbesondere zu einem Streit über den darin verwendeten Begriff ‚Roter Holocaust’. Mit diesem Begriff wird jene Bewertung des Kommunismus gestärkt, die ihn mit dem Faschismus (speziell dem Nationalsozialismus) gleichsetzen will, wie das ähnlich bereits im Historikerstreit diskutiert und durchgängig verworfen wurde. Es geht auch um die Frage, ob im internationalen Kommunismus ‚Verbrechen gegen die Menschlichkeit’ begangen wurden, jener Anklage, die - neben anderen - im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess gegen die deutschen Machthaber während der Zeit des Nationalsozialismus erhoben wurde.“
Indem Joachim Gauck im Mai 2004 dabei half, die Gedenkstätte für die Opfer der NS-Militärjustiz in Torgau in eine solche umzuwandeln, die der Totalitarismusthese anhängt und damit den Faschismus verharmlost, half er, die Gedenkstättenkonzeption der sächsischen CDU genannt „Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft" durchzusetzen, von der sich alle Opferverbände distanziert haben, einschließlich sämtliche Gedenkstättenleitungen. In der neuen Fassung der Torgauer Ausstellung, so schrieb Ludwig Baumann, der Vorsitzende der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. an Dr. Gauck, wird verschwiegen, „dass die im sowjetischen Speziallager 8 (in Torgau) inhaftierten Kriegsverbrecher und Gestaposchergen (im Januar 1946 allein 498) unserer Opfer verurteilt, gepeinigt, gefoltert und ermordet haben.“
Dr. Joachim Gauck half dabei, mit seiner Gauck-Behörde die Antifaschisten der DDR um ihre Versorgungsrenten und Entschädigungen zu bringen. Peter Gingold, Überlebender des Holocaust und Bundessprecher der VVN-BdA, forderte wiederholt, zuletzt 2003:
„Die VVN-Bund der Antifaschisten, die größte und traditionsreiche Organisation des Widerstands und der NS-Verfolgten sowie ihrer Hinterbliebenen, hat sich an die zuständigen Ministerien in Bund und Ländern gewandt und erklärt, sie sei ‚äußerst beunruhigt über die Entwicklung bei der Zentralstelle Ludwigsburg zur Verfolgung von NS-Verbrechern. Die Zentralstelle, die von den Landesjustizministerien geschaffen wurde, ist mit ihren 25 Mitarbeitern nicht in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. Gleichzeitig vermerken wir: Kein Mangel bei der Gauck-Behörde. Auf 3400 Planstellen und einen Etat von Hunderten Millionen Mark ist die Gauck-Behörde für die Stasi-Hinterlassenschaften angewachsen. Hier besteht kein Mangel an Geld, Technik und Personal. Diese und ähnliche Behörden sind nur zu oft auch gegen Opfer des NS NS-Regimes tätig geworden, haben mittels Vorlage von Geheimdienstberichten dafür gesorgt, dass ihnen die Renten genommen oder verringert wurden. Dies ist zum Beispiel im Falle der schwerbehinderten Witwe von Hermann Axen, einem Überlebenden des Holocaust geschehen, der Mitglied des SED-Politbüros war, wofür seine Witwe nun büßen soll. Sicherlich geben sich die Ermittler in der so kärglich ausgerüsteten Zentralstelle in Ludwigsburg viel Mühe, NS-Verbrechen aufzuklären. Aber der Zustand in der Zentralstelle weist erneut darauf hin, dass die Regierenden in der Bundesrepublik nie an der Aufklärung dieser Verbrechen wirklich interessiert waren. Angesichts dessen braucht man sich nicht zu wundern, dass nach mehr als einem halben Jahrhundert die Naziverbrecher bzw. ihre Angehörigen Kriegsopferrenten erhalten, während, wie Matthias Arning in der ‚Frankfurter Rundschau’ berichtet, ihre Opfer ‚in den Ländern des ehemaligen Ostblocks nach wie vor leer ausgehen’".
Der Briefwechsel mit Herrn OB Langemeyer
Herrn
Oberbürgermeister Dr. Gerhard Oktober 2004
L a n g e m e y e r
Rathaus
Friedensplatz 1
Dortmund
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!
Im Namen des Internationalen Rombergparkkomitees, in dem Hinterbliebene der Karfreitagmorde von 1945 und andere Antifaschisten aus den Ländern, aus denen Opfer zu beklagen waren, zusammenwirken, möchte ich Ihnen zunächst die besten Glückwünsche zu Ihrer Wahl aussprechen.
Bei der Gelegenheit möchte ich die Hoffnung aussprechen, dass unsere Stadt und unser Komitee weiterhin gut zusammenarbeiten werden.
Ich gestatte mir, Sie über unsere Pläne für das nächste Jahr zu informieren, das ein besonderes Jahr zu werden verspricht.
Im Jahr des 60. Jahrestages der Befreiung von Krieg und Faschismus möchte das Internationale Rombergparkkomitee, Sitz Dortmund, Kontakt aufnehmen zu möglichst vielen Orten mit Kriegsendphasenopfern. Es soll Briefkontakt hergestellt werden. Aus den in Dortmunds Nähe befindlichen Orten möchten wir Delegationen zum Gründonnerstag und Karfreitag zu den Gedenkveranstaltungen nach Dortmund einladen.
Gern würden wir am Gründonnerstag 24. 03. 04 eine festliche Sitzung des Internationalen Rombergparkkomitees im Dortmunder Rathaus stattfinden lassen. Dazu werden u.a. der Ehrenpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees und Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/BdA Kurt-Julius Goldstein (90, er ist ein Dortmunder, Holocaustüberlebender) und der Generalsekretär der FIR, Dr. Ulrich Schneider, eingeladen, ferner Celine van der Hoek, (Holocaustüberlebende) (NL), Henny Dreifuss (Holocaustüberlebende) (D), Alice Czyborra (D) (Holocaustüberlebende), die Holocaustüberlebenden Sigmund Gingold (F), Jacquot Szmulewicz (F), Anton Zagovec (Bosnien), ferner belgische Antifaschisten, polnische Antifaschisten, Opfer des Faschismus aus den Ländern der ehem. UdSSR.
Wir möchten Sie bitten, diese Gäste zu begrüßen. Vor allem möchten wir auch darum ersuchen, uns im Rathaus einen geeigneten Raum zur Verfügung zu stellen.
Es wird angestrebt, eine Abendveranstaltung, passend zum Thema, am Gründonnerstagabend im Schauspielhaus Dortmund oder Jugendtheater durchzuführen.
Es wird im brieflichen Verfahren eine Erklärung der Hinterbliebenen aus den betroffenen Orten angestrebt. Über das Vermächtnis dieser Hinterbliebenen wird ein bekannter Historiker referieren.
Wir bitten Sie, unser Komitee bei seinen Bemühungen zu unterstützen.
Sehr erfreut wären wir auch, wenn es sehr bald zu einem vorbereitenden Gespräch über den Ablauf der Gedenkfeier Karfreitag 2005 kommen könnte. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, wir meinen es jedenfalls, zum 60. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus das Kuratorium der Steinwachen-Gedenkstätte wieder zu einer Beratung im Rathaus zusammenzuholen.
Mit freundlichen Grüßen
- Gisa Marschefski –
Generalsekretärin
Als keine Antwort von Herrn OB Langemeyer eintraf, aber die Bemühungen des Büros Langemeyer bekannt wurden, Dr. J. Gauck als Redner für die Gedenkkundgebung in der Bittermark zu gewinnen, da schrieb Gisa Marschefski am 30.11.04 an den OB:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Langemeyer!
Wie wir aus Ihrer Umgebung erfuhren, wurde uns für Gründonnerstag ein Raum im Rathaus gewährt, in dem wir unser nächstes Treffen des Internationalen Rombergpark Komitees durchführen können, das entsprechend der Bedeutung des 60. Jahrestages der Befreiung von Krieg und Faschismus in einem etwas größeren Rahmen stattfinden soll. Dafür danken wir Ihnen. Bitte lassen Sie uns wissen, welche Größe der Saal hat und wie viele Personen er fasst.
Bestürzung hat bei mir die Auskunft über die Person des für Karfreitag seitens der Stadt angeblich erwünschten Hauptredners ausgelöst. Wir meinen, es sollte eine Person dafür ausgewählt werden, die den Jahrestag der Befreiung – entsprechend der historischen Rede von Bundespräsident Weizsäcker von 1985 – als Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus, der Befreiung vom größten Menschheitsverbrechen würdigt. Es sollte keine Person ausgewählt werden, die mit ihrer politischen Praxis Belege dafür lieferte, dass sie nicht den Faschismus, sondern den Versuch zur Schaffung von staatlichem Sozialismus als die größere Katastrophe ansieht. Auch eine Gleichsetzung von Rechts und Links sollte sich am Karfreitag verbieten. Es sollte bei der Auswahl des Redners alles vermieden werden, was als Kränkung eines großen Teils der Hinterbliebenen der Rombergparkmorde aufgefasst werden könnte.
Wir bitten Sie, Vorschläge wie die folgenden für die Auswahl des Redners, in Erwägung zu ziehen:
- Ehrenpräsident von VVN-BdA und Auschwitzkomitee Kurt Goldstein (Berlin), ein Widerstandskämpfer und Auschwitzüberlebender, der seine Kindheit in Dortmund verbrachte.
- Oder Frau Esther Bejarano (Hamburg), Vorsitzende des Auschwitzkomitees in Deutschland, Überlebende des Holocaust, Mitwirkende im Mädchenorchester in
Auschwitz
- Oder der neue Präsident der FIR, Föderation der Internationale des Widerstandes, aus Belgien, Herr Michel Vanderborght, ein jüdisch-sozialistischer Widerstandskämpfer
- Oder Peter Sodan, Schauspieler und Theaterdirektor aus Halle.
Mit all diesen Persönlichkeiten stehen wir in Kontakt, und wir könnten vermittelnd helfen.
Mit freundlichen Grüßen
Gisa Marschefski, Internationales Rombergparkkomitee, Generalsekretärin
Ende Dezember 04 teilte Herr Dr. Langemeyer mit, es sei wirklich daran gedacht, den Dr. Gauck am Karfreitag in der Bittermark sprechen zu lassen. Auf die Anregung, eine Beratung des Kuratoriums Steinwache einzuberufen, ging der OB nicht ein.
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