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Nazis raus aus dem Internet

 

17.10.04

Das war nicht immer so!

Rede der Oberbürgermeisterin Frau Dagmar Mühlenfeld bei der Gedenkveranstaltung am Mahnmal in den Ruhranlagen Mühlheim/Ruhr zum gescheiterten Attentat auf Hitler

Bei Gedenkveranstaltungen am Mahnmal in den Ruhranlagen Mühlheim/Ruhr ließ die Objektivität in vielen Jahren, je nach Redner, oft zu wünschen übrig. Das hat sich offensichtlich geändert. Das zeigt auch die Rede der Oberbürgermeisterin Frau Dagmar Mühlenfeld am 20.07.2004.

An dem Tag jährte sich zum 60. Mal das gescheiterte Attentat auf Hitler.

Zitat:

Meine sehr geehrten Herren und Damen,

wir gedenken heute der Männer und Frauen des 20. Juli 1944, wie all denjenigen, die Widerstand gegen die menschenverachtende Diktatur des Nationalsozialismus geleistet haben. Dass gerade dieser Tag als Gedenktag ausgewählt wurde, sollte allerdings nicht dazu führen, die Geschehnisse des 20. Juli zu einseitig zu interpretieren. Zu wenig differenziert wäre die Auffassung, Graf Schenk von Stauffenberg und seine Verbündeten seien die einzigen und ausschließlichen Repräsentanten des Widerstands gegen die Hitlerdiktatur gewesen.

Die Ehrlichkeit gegenüber historischen Tatsachen gebietet es zudem, nicht zu übersehen, dass Manche mit der Beseitigung Hitlers nicht automatisch auch die Beseitigung des Nationalsozialismus oder gar den Aufbau eines demokratischen Rechtsstaates im Sinn hatten. Ein Verschweigen solcher Gesichtspunkte könnte leicht zu einer Glorifizierung der Ereignisse führen, die den unbestreitbaren Verdiensten der Männer und Frauen des 20. Juli ‑ und ihrem Vermächtnis an uns ‑ letztlich nicht gerecht würde.

Wichtig erscheint mir am heutigen Tage, sich der Bandbreite und Beständigkeit des Widerstandes zu erinnern. Widerstand gegen Hitlers Unrechtsregime leistete zwar nur eine Minderheit, diese jedoch setzte sich aus allen Schichten und Gruppierungen der Bevölkerung zusammen:

Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften, Sozialdemokraten und Kommunisten, Liberale und Konservative, Adelige und Militärs, aber ebenso diejenigen, die Zwangsarbeiter heimlich Nahrungsmittel zusteckten, die Juden zur Flucht verhalfen oder sie versteckten, die sich den Anordnungen der Diktatur ‑ und sei es nur mit kleinen Gesten ‑ verweigerten. Sie alle folgten ihrem Gewissen, auch wenn dies Repressalien, Gefangennahme, KZ und den Tod bedeuten konnte.

Aus dieser Gesamtheit des Widerstandes gilt es, Lehren zu ziehen und sie in unser Handeln einfließen zu lassen. Und deswegen ist es so wichtig, derer zu gedenken, die sich nicht fügten. Nicht glorifiziertes Heidentum, sondern Zivilcourage, Humanität, Verantwortungsbewusstsein lautet ihre Botschaft an uns. Zu erkennen, das der Einsatz für diese Werte Voraussetzung für eine gerechte, demokratische und solidarische Gesellschaft ist ‑ darin liegt der Sinn des Gedenkens. Und darin liegt das Vermächtnis der Männer und Frauen vom 20. Juli sowie aller anderen, die sich Diktaturen widersetzen.

Aus dem Widerstand gegen ein zutiefst unmenschliches System ist die moralische Grundlage eines Staates geworden, der die Würde des Menschen zum Maßstab allen staatlichen Handelns macht.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar". Daraus erwächst für uns alle die Verpflichtung, niemals wieder Handlungen zuzulassen, von denen unser Gewissen uns sagt, dass sie gegen elementare Menschenrechte verstoßen.

Es darf nie wieder dazu kommen, dass sich eine schweigende Mehrheit nicht zuständig führt für das, was in unserem Land passiert,

"Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen, nicht im Möglichen schweben, sondern das Wirkliche tapfer ergreifen, nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit".

So formulierte es Dietrich Bonboeffer und so taten es er selbst und all' die anderen und mutigen Männer und Frauen des Widerstands. Vor ihnen allen wollen wir uns heute verneigen.