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Nazis raus aus dem Internet

 

26.04.04

Abrüstung statt Sozialabbau

Referat von Landessprecher Ulrich Sander am 23.0 4. 04 in Freiburg auf dem Freiburger Friedensforum im Haus Weingarten

„Offensichtlich ist dem Beschuldigten daran gelegen, durch diese Mitgliedschaft an nähere Informationen, insbesondere Adressen von Mitgliedern der Gebirgsjäger zu kommen.“ Das wurde mir, dem „Beschuldigten“, in einem Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vorgehalten, mit dem eine Hausdurchsuchung in meiner Wohnung begründet wurde. Diese Hausdurchsuchung fand am 3. Dezember 2003 auf Antrag des Staatsschutzes und der Staatsanwaltschaften München wie Dortmund statt. Das geschah, als ich gerade die letzten Arbeiten zu zwei Büchern *) leistete, die jetzt erschienen. Dabei wurde mein Computer vorübergehend beschlagnahmt. Alle Dateien, auch die Manuskripte zu diesen Büchern, wurden behördlich kopiert. Wenn man so will, kann gesagt werden: Der erste Leser war der staatliche Zensor.

Ich war Bezieher der Mitgliederzeitschrift „Gebirgstruppe“ und habe sie ausgewertet, um beispielsweise mögliche Mittäter bei den Morden der Wehrmacht in Griechenland zu benennen. Rund zweihundert solcher Namen, Adressen und Angaben über dazu gehörende Wehrmachtseinheiten sind bei Recherchen mit der genannten Zeitschrift tatsächlich aufgefunden worden. Die Betroffenen wurden von mir als mögliche Mörder an Tausenden griechischen und italienischen Zivilisten, d.h. als Mitglieder mörderischer Wehrmachtseinheiten, bei den Staatsanwaltschaften benannt.

Doch die Staatsanwaltschaft ermittelt nur zögerlich gegen die möglichen Täter, sie ermittelt aber sehr entschlossen gegen mich, den tatsächlichen Rechercheur. Es hieß, ich hätte mich mit amtlich aussehenden Schreiben, die an die Angezeigten gerichtet waren, verdächtig gemacht, Amtsanmaßung zu begehen. Das Landgericht Dortmund, das die Hausdurchsuchungen sanktionierte, fügte noch hinzu, ich hätte die angezeigten möglichen Täter „beleidigt“. Der Inhalt der offenkundig gefälschten Schreiben könne nur von mir stammen, weil ich den Kameradenkreis Gebirgstruppe mittels Lektüre ihres Vereinsblattes ausgespäht hätte und staatsanwaltliche Korrespondenz besäße. Staatsanwaltschaftliche Schreiben wie Zeitschrifteninhalte waren aber öffentlich bekannt oder sind von mir öffentlich gemacht worden. Die Fälschung konnte von jedermann stammen ­ - sie stammte jedenfalls nicht von mir. Doch mit der Auswertung der „Gebirgstruppe“ hätte ich mich hinlänglich verdächtig gemacht, meinten die Veteranen wie die Justizjuristen. Wer solche Sachen liest, macht offenbar noch ganz andere Dinger.

Der Vorgang zeigt vor allem zweierlei: Aus Publikationen der Militaristen sind viele ansonsten verborgene Fakten zu entnehmen. Und zweitens ist es unerwünscht, dass Menschen von außerhalb der Truppe die Blätter der Krieger lesen und auswerten. Zuviel Verborgenes käme ans Licht. Darunter die Tatsache des starken politischen Druckes durch die Generalität mit dem Ziel, die Militarisierung der Gesellschaft voranzutreiben und Opfer – bis zum Sozialabbau - zugunsten des Militärs durchzusetzen.

Der Primat des Kriegerischen durchzieht dieses Land. Obgleich das Grundgesetz keine andere Wahl lässt –­ „außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt“, und es lässt es nicht zu! - plaudert Bundeskanzler Gerhard Schröder am Silvestertag 2003 in die deutschen Wohnzimmer hinein: „Manchmal können wir mit Spenden helfen, manchmal müssen wir Soldaten einsetzen, um unserer Verantwortung für diese eine Welt gerecht zu werden. Doch diese Verantwortung kann Deutschland auf Dauer nur tragen, wenn es ein starkes Land bleibt. Auch und vor allem wirtschaftlich.“ Deutschland muß stark sein – wirtschaftlich und militärisch. Deutschland muß sogar an der Spitze stehen, sagen die CDU/CSU-Spitzenpolitiker. Für die Rüstung hat das Volk den Gürtel enger zu schnallen; der Kriegseinsatz wird zum permanenten Zustand.

Müsste nicht „unsere Verantwortung“ (Schröder) für die Welt gerade darin bestehen, den Frieden zu bewahren, auf dass „von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf“, wie noch 1987 Erich Honecker und Helmut Kohl in einer Gemeinsamen Erklärung feststellten? Dieses Prinzip wird zur romantischen Floskel, obwohl es mehr als ein halbes Jahrhundert gültige Doktrin war. Seitdem der Generalinspekteur die Losung ausgab: „Es gibt nur noch zwei Währungen in der Welt: Wirtschaftliche Macht und die militärischen Mittel, sie durchzusetzen“ (General Naumann lt. „Spiegel“ 3/93), hat die von den Militärs ausgehende Kriegspropaganda ihren Siegeszug angetreten. Und der Krieg als Mittel der Politik ebenfalls.

Sie wird zur Selbstverständlichkeit, die Aufforderung der Militärs, Frieden und Demokratie mit Füßen zu treten, die Staatskasse zugunsten der Rüstung zu plündern. In einem Geheimpapier schreibt der neue Generalstab ­ - so etwas gibt es, obwohl den Deutschen ein Generalstab 1945 verboten wurde: Die „verantwortliche Übernahme“ verteidigungspolitischer Aufgaben „durch ein politisch geeintes Europa“ mache „den nationalen Parlamenten verpflichtete Streitkräfte entbehrlich.“ Und die Nicht-Atomstaaten müssten an „Atomwaffenpotenzialen einiger EU-Staaten“ beteiligt werden. (Der Führungsstab der Streitkräfte laut „Ein Heer für Europa“ in Süddeutsche Zeitung, 29.4.03). 

Doch die Medienvertreter schauen nicht genau hin. Sie haben es sich andererseits leider angewöhnt, Pressekonferenzen der Bundeswehr für normale Pressekonferenzen zu halten, während es doch in Wirklichkeit Übungen in psychologischer Kriegsführung sind.

So berichteten dann fast alle Zeitungen über die „Reform“-Pressekonferenz der Bundeswehrführung vom 13. Januar 2004 - trotz des Mottos „Mögliches Einsatzgebiet für die Bundeswehr ist die ganze Welt“ - in einer Weise, als habe sich dort wirklich Reform gezeigt, wo es doch um nichts anderes als brutalen gesellschaftlichen Rückschritt ging. Und sie berichteten, als habe sich der Zivilist Peter Struck gegen die uneinsichtigen Uniformierten durchgesetzt. In Bundeswehrfragen macht sich bei den Journalisten die Sprachregelung der Militärs bemerkbar, ohne dass die Medienleute sich dies eingestehen wollen. Die Schere im Kopf des Journalisten gehört der Bundeswehr.

Hier der Text eines Leserbriefes, den ich angesichts dieser Medienpraxis an die Frankfurter Rundschau und die Westfälische Rundschau sandte. Er wurde nicht veröffentlicht, womit leider zu rechnen war. Es ist daher eine Erstveröffentlichung:

„Nachdem uns monatelang der verfassungswidrige Sozialabbau – denn im Grundgesetz werden die Sozialpflichtigkeit des Eigentums und die Sozialstaatlichkeit festgeschrieben, in der Agenda 2010 werden sie uns genommen – als ‚Reformen’ verkauft wurde, wird jetzt der von Minister Peter Struck vorgelegte Bundeswehrplan gar zur ‚Revolution’ (Westfälische Rundschau, 14. 1. 04) und ‚radikalen Reform’ erklärt (Frankfurter Rundschau, 14. 1. 04). Die Medien plappern gnadenlos alles nach, was ihnen auf Pressekonferenzen erzählt wird, ohne viel zu hinterfragen. Wahr ist hingegen, die Rüstungsindustrie stimmt Strucks angeblichen Kürzungen und seinen ‚Reformen’ zu.

Wahr ist ferner:

Erstens: Es gibt keinen Einsparungen, sondern nur Umschichtungen innerhalb der internen Bundeswehrplanung, die unverändert auf Zuwachskurs ist. Die mittelfristige Finanzplanung des Bundes sieht einen ungekürzten Militäretat bis 2006 vor und ab 2006 eine Erhöhung um jährlich rund 800 Mio. EUR. Diese Zahlen sind von Struck mit keinem Wort in Frage gestellt worden. Auch damit die Militärs genug Geld bekommen für ihre „weltweit einsetzbare“ Armee, also für den Krieg, müssen Rentner, Kranke und Arbeitslose sowie das Bildungswesen verzichten.

Zweitens: Die vor allem auf „internationale Einsätze“ ausgerichtete Truppe verstößt gegen die Verfassung.

Drittens: Das neue Militärkonzept stammt aus der Feder der Generalität. Die Pressekonferenz des Ministers und seiner Generale vom 13. Januar 04 mutet an, wie eine militaristische Übung, nur dass die Presseleute es nicht merkten. Zwei Tage zuvor stand in „Bild am Sonntag“ das Eingeständnis eines Generals: „Es gehe nicht um eine Sparrunde, ‚sondern um Geld, das wir nicht haben.’“

Viertens: Die Bundeswehr verstößt gegen die Verfassung, ja sogar gegen Befehle aus dem politischen Raum. Einer der wichtigsten hieß: „Darüber hinaus hat die Bundesregierung das Verbot der Führung eines Angriffskriegs bekräftigt“ (aus dem Zwei-plus-vier-Vertrag vom 12. September 1990; zitiert nach „Weißbuch 1994“ der Bundeswehr). Doch Angriffskriege werden vorbereitet und geführt. Zu Zeiten des Zwei-plus-vier-Vertrages erwarteten wir allesamt noch eine Friedensdividende; der Kalte Krieg sollte zu Ende sein und Abrüstung sollte möglich werden – zugunsten von Bildung, Umwelt, Arbeitsplätzen und Sozialem.

Vor rund zehn Tagen gingen die Ostermärsche zuende. Sie fanden diesmal starke Beachtung in den Medien. Dafür ist zu danken. Welche politischen Inhalte unser Marsch vertritt, wurde und wird ja meist nicht gesagt. Kluge Leute haben das Demonstrationsrecht als die Pressefreiheit der kleinen Leute bezeichnet. Wer keinen Sender und keine Druckmaschinen hat, der muß seine Botschaft auf der Straße verkünden. Manchmal gelingt es dann auch, diese Botschaft von der Straße in die Rotationsmaschinen und Sender hineinzubekommen. Ich möchte einige nicht veröffentlichte Meldungen veröffentlichen, und ich hoffe, dass bald alle bescheid wissen.

  1. Die EU-Verfassung hat nun wieder Chancen, bald angenommen zu werden, sagt man uns, nachdem es in Spanien eine Wende gab. Dann sagte man uns, mit dem möglichen EU-Verfassungsreferendum in Großbritannien sei nun alles wieder in Frage gestellt. Nur was in der EU-Verfassung drinsteht, sagt man uns nicht. Daß die EU-Verfassung eine Verfassung ist, die auf Interventionen und Rüstung gerichtet ist, sagten wir Ostermarschierer. In den Medien erfährt man davon so gut wie nichts. Wir verlangen eine Änderung des Entwurfs, bevor die Verfassung angenommen wird. Wir wollen eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit anstoßen. Wie in England.
  2. Im Bundestag hat kürzlich die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau "grundsätzliche Kritik an der zunehmenden Militarisierung der Politik" geübt und hinzugefügt: "In der künftigen EU-Verfassung wurde sie sogar als Pflicht festgeschrieben." Der Abgeordnete und Minister Josef Fischer von den Grünen rief an dieser Stelle laut Protokoll aus: "Genau so ist es." Der Minister sieht Rüstung und Krieg als Pflicht Europas. Europa wird zur Krieg führenden Macht, die immer mehr Geld für Rüstung ausgibt statt für Entwicklung. Das wäre doch eine wichtige Meldung gewesen. Sie wurde uns nicht mitgeteilt. Ich möchte es hier nachholen. Und ich möchte Protest dagegen anmelden. Ich möchte Protest dagegen anmelden im Namen der 18.000 Kleinkinder unter fünf Jahren, die täglich weltweit verhungern. 6,6 Millionen im Jahr. Die Deutsche Welthungerhilfe berechnet 300 Euro pro Jahr und Kind (am Beispiel Südindiens), um diese Kinder zu retten. Das heißt, sie zu ernähren, medizinisch und dann auch schulisch zu versorgen: Für zwei Milliarden Euro im Jahr - acht Prozent des deutschen Rüstungsetats - könnten alle vom Hungertod bedrohten Kinder gerettet werden.
  3. Die nächste nicht veröffentlichte Meldung berührt die Frage: Was für Soldaten und vor allem Offiziere haben wir, die diese Politik verwirklichen und die Kriege führen? Neue, noch nicht veröffentlichte Daten bestätigen den Verdacht, dass Offiziersstudenten - die künftige Führungselite der Bundeswehr - in letzter Zeit noch ein Stück weiter nach rechts gerückt sind. Dazu gehören nationalistische und fremdenfeindliche Positionen. Sie bekennen sich zur Abwehr von Fremden, zum Ziel "Abwehr von kultureller Überfremdung". Die Studie, die ich in einer Bundeswehrpublikation fand, besagt: Die Einstellungen dieser künftigen Truppenführer tendieren zum rechten Rand. Angesichts der Umorientierung der Bundeswehr zur Landesverteidigung am Hindukusch" und der steten Vermehrung der Auslandseinsätze seit 1993 ist das ein Befund, der in unserm Land die Alarmglocken klingeln lassen sollte. Die Glocke klingelt aber nicht. Die Rechten sind erwünscht in der Truppe. Sie sind kriegsbereit wie 1914 und 1939.

Heute wird die Friedensbewegung zur Demokratiebewegung, zur Bewegung für Bürgerbeteiligung auch in auswärtigen Dingen. Es ist doch bezeichnend, dass über die Frage: „Wie ist der demokratiefreie Raum Bundeswehr zu behandeln“, unter uns bisher so wenig gesprochen wird. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dr. Helmut Simon stellte kürzlich fest, „dass sich der militärische Sektor immer noch recht resistent gegenüber verfassungsrechtlicher Durchdringung verhält.“ (Frankfurter Rundschau, 6.1.04). Es geht um die Einhaltung der Verfassungsartikel 25, 26 und 87a! Einhaltung des Grundgesetzes auch angesichts der klammheimlichen Bemühungen, mittels einer militärfrommen EU-Verfassung das Grundgesetz auszuhebeln. Die kriegerischen EU-Verfassungsartikel müssen verhindert, die dem Frieden verpflichteten Grundgesetzartikel angewendet werden. 

Es geht auch um die Aufforderungen an die Soldaten und den Appell an die ganze Gesellschaft, die Verfassung zu achten. Aber: So gerechtfertigt sie erscheinen – reichen nicht aus. Kurzfristig muß eine Bewegung hinzukommen, die gegen die materiellen Grundlagen des weltweiten Einsatzes der Bundeswehr gerichtet ist. Struck selbst hat zugegeben, dass er mittels der Opfer der kleinen Leute seine großen Kriege finanzieren will. Auf die Frage der Süddeutschen Zeitung (4.2.04), ob er die Steigerung des Rüstungsetats finanzieren könne, sagte er: „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sprechen dafür. Die Agenda 2010 wird ihre Früchte tragen und auch dem Haushalt mehr Spielraum verschaffen.“

Die Schlüsselfrage für die Bundeswehr, ob sie Krieg führen kann oder nicht, ist also mit dem Rüstungshaushalt verbunden: Wird eine starke Bewegung für Frieden und Abrüstung, für Soziales statt Kriegerisches auf den Plan treten und die Beschaffungsprogramme für die weltweiten großen und kleinen Kriege verhindern, so kann der Frieden gerettet werden.

Eine andere Wirtschafts- und Sozialpolitik – eine andere Agenda als die Agenda 2010 - werden zu einer Schlüsselfrage auch in Sachen Krieg oder Frieden, von Unterdrückung oder Demokratie. Staaten, die den Vorgaben des neoliberalen Internationalen Währungsfonds nicht folgen, werden mit Krieg dazu gezwungen. Und unser Land ist dabei: mit militärischen Mitteln werden die Armen in unserem Land bekämpft und die Armen in anderen Ländern auch. Menschenrechte und Demokratie bleiben auf der Strecke.

Demokratie, so erinnerte Peter Strutynski vom Kasseler Friedensratschlag kürzlich, hat auch eine materielle Basis. Und das ist seit der Entkolonialisierung der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts auch völkerrechtlich verankert. Im "Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte", einem bindenden Vertrag, den mehr als 100 Staaten der Erde ratifiziert haben, heißt es: "Alle Völker können für ihre eigenen Zwecke frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen..."

Die weltweite Rohstoff- und Energiesicherung zieht sich wie ein roter Faden durch alle strategischen Konzepte der NATO sowie der einzelstaatlichen Sicherheitsdoktrinen der führenden Industriestaaten. Strutynski nennt drei Beispiele:

  1. Die Römische Erklärung der NATO vom November 1991 enthielt bereits die strategische Neuorientierung des ursprünglich auf Verteidigung ausgelegten Militärbündnisses. Nach dem Ende des Warschauer Pakts wäre es konsequent gewesen, auch die NATO aufzulösen. Doch die NATO erfand neue Sicherheitsrisiken, z.B. die "Verbreitung von Massenvernichtungswaffen", die "Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen" sowie "Terror- und Sabotageakte".
  2. In den Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundesregierung vom November 1992 wird diese strategische Orientierung fast wortgleich übernommen. Und die Neuauflage der VPR im Mai 2003 hat dies vollauf bestätigt.
  3. Die Nationale Sicherheitsstrategie der USA vom September 2002 ist in ihrem militärpolitischen Teil weitgehend bekannt. Weniger bekannt ist der Teil der "Nationalen Sicherheitsstrategie", der sich aus Sicht der USA mit den wirtschaftlichen Herausforderungen befasst. Hier geht es in erster Linie um die weltweite Durchsetzung des freien Handels und offener Märkte.

Und es geht um die "Sicherung der Energieversorgung". Wörtlich heißt es in der Doktrin: "Wir werden die Sicherung unserer eigenen Energieversorgung sowie den gemeinsamen Wohlstand der globalen Wirtschaft stärken, indem wir mit unseren Verbündeten, Handelspartnern und Energieversorgern an der Erschließung neuer Quellen und Arten globaler Energie arbeiten, insbesondere in der westlichen Welt, Afrika, Zentralasien und der Kaspischen Region." Mit „Erschließung“ ist auch immer die militärische Eroberung gemeint.

In eine problematische Richtung hat sich auch die Europäische Union entwickelt. Der EU-Gipfel im Dezember letzten Jahres, der sonst überhaupt nichts Gescheites zustande gebracht hat, verabschiedete eine "Europäische Sicherheitsstrategie". Die starken Anklänge an die Nationale Sicherheitsstrategie der USA sind unübersehbar.

  1. Dieselbe Bedrohungsanalyse: A) internationaler Terrorismus, B) Massenvernichtungswaffen und C) das Problem der "gescheiterten Staaten“, und 
  2. dieselbe Therapie: zum "Handeln bereit sein", wenn irgendjemand gegen die "Regeln" der internationalen Beziehungen verstößt. "Daher müssen wir bereit sein", heißt es wörtlich, "vor Ausbruch einer Krise zu handeln. Konflikten und Bedrohungen kann nicht früh genug vorgebeugt werden." Das ist nichts anderes als die Präventivkriegstrategie à la Bush. Denn wenn hier von "Vorbeugen" die Rede ist, wird an militärische Mittel gedacht.

Auch der Entwurf zur EU-Verfassung atmet den Geist des Militarismus. Europa solle sich aus einer erfolgreichen Wirtschaftsgemeinschaft in ein Militärbündnis mit weltweiten Ambitionen verwandeln. Mit der Verabschiedung der Verfassung würden zwei unheilvolle Entwicklungen sanktioniert:

  1. Krieg als Mittel der Politik wird weiter enttabuisiert, ja als ggf. unausweichliches Mittel zur Interessenwahrung des neu-formierten EU-Staatengefüges legitimiert. "Wir müssen eine Strategie-Kultur entwickeln, die ein frühzeitiges, rasches und wenn nötig robustes Eingreifen fördert." Das ist, ich sage es noch einmal, die europäische Variante des Präventivkriegskonzepts der Bush-Doktrin.
  2. Weitere Aufrüstung bzw. Rüstungsmodernisierung erhalten mit dieser EU-Verfassung für alle EU- Mitgliedstaaten Verfassungsrang. Der zentrale Artikel 40 lautet: "Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern"

Und der Gipfel des Ganzen ist, dass die vorgesehenen Entscheidungen über Krieg und Frieden ohne jede parlamentarische Kontrolle erfolgen sollen. Über militärische Einsätze der EU entscheidet allein der Ministerrat. Das EU-Parlaments wird lediglich "informiert".

Lasst mich nun noch ein paar Worte zu unserem Land sagen. Damit es nicht so aussieht, als wäre Deutschland an all den Dingen nicht beteiligt. Und ob wir beteiligt sind!

Wir haben eine Bundesregierung, die den völkerrechtswidrigen Einsatzbefehl zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999 gegeben hat, die sich im Bundestag ein Mandat hat geben lassen für eine aktive Beteiligung des Bundeswehr-Kommandos Spezialkräfte (KSK) am Kampfeinsatz in Afghanistan, die der Kriegsallianz beim Krieg gegen den Irak vor einem Jahr aktive Beihilfe geleistet hat.

Vor kurzem hat Verteidigungsminister Struck sein neues Bundeswehrkonzept vorgestellt. Landesverteidigung gibt es darin nicht mehr. Die neue Bundeswehr soll aus drei Streitkräftekategorien bestehen: 1.den so genannten Eingreifkräften mit 35.000 Soldaten; das sind die Soldaten für Kampfeinsätze in aller Welt. 2. den "Stabilisierungskräften" mit 70.000 Soldaten; sie sind für "friedensstabilisierende" Einsätze vorgesehen. 3. schließlich den "Unterstützungskräften" mit 147.500 Soldaten; sie sind vorgesehen für die "Unterstützung der Eingreif- und Stabilisierungskräfte..." Es soll also künftig ca. 250.000 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr geben – heute sind es 280.000.

Damit sollen weltweite Kriegseinsätze abgesichert werden. Die Bundeswehr wird zu einer Interventionsarmee, die am Hindukusch und anderswo zu verteidigen sucht, was hierzulande als Bedrohung nicht mehr vorhanden zu sein scheint.

Diese Bundeswehr wird teurer. Vor vier Wochen gab sich Struck großkotzig, als er auf einer Pressekonferenz Auskunft über die neuen Beschaffungsmaßnahmen gab. "Wir beschaffen das, was die neue Bundeswehr braucht", sagte er. Alles, was das Herz eines modernen Offensivkriegers begehrt, wird angeschafft: vom Transportflugzeug vom Typ Airbus 400 M, über neue Aufklärungssatelliten bis zum bis dato teuersten Rüstungsprojekt, dem Eurofighter.

Doch wer nun in verbohrter vulgärmarxistischer Weise an ein gigantisches Wirtschaftsförderungsprogramm zur Belebung der Profite einiger Rüstungsindustrieller denkt - nun der hat den Nagel auf den Kopf getroffen, formulierte Peter Strutynski. Struck selbst hat auf der Pressekonferenz vor drei Wochen die Karten auf den Tisch gelegt:

"Diese Planungen wurden in mehreren Gesprächen mit Unternehmen der deutschen wehrtechnischen Industrie und dem Bundesverband der Deutschen Industrie besprochen. Zuletzt wurde der Themenkomplex am 26. März 2004 (...) im Rahmen des sog. Rüstungswirtschaftlichen Arbeitskreises erörtert. Das Echo war ausnahmslos positiv. (...) Ebenso wie bei der Material- und Ausrüstungsplanung ist auch die Zusammenarbeit zwischen dem BDI und dem Ministerium zur Festlegung industrieller Kernfähigkeiten(...) bisher sehr konstruktiv verlaufen."

Der Bundesverband der deutschen Industrie hat im Herbst vergangenen Jahres eine Denkschrift veröffentlicht, in der die Anforderungen der Industrie an das Verteidigungsministerium detailliert formuliert waren. Sie werden von Struck eins zu eins umgesetzt. Das Papier des BDI heißt übrigens: "Streitkräfte und Industrie 2010", sozusagen das militärische Gegenstück zur Agenda 2010 des Kanzlers. Gegen diese Agenda sind am 3. April rund 500.000 Menschen in Berlin, Köln und Stuttgart auf die Straße gegangen... Dieser Protest hat eine neue Qualität. Das war aber auch notwendig, angesichts der Tatsache, dass die Politik der Regierungen in der EU - aber auch außerhalb der EU - sich nicht mehr unterscheidet. Es ist gleichgültig, ob Sozialdemokraten, Grüne oder Christdemokraten und Liberale, Konservative und Nationalisten an der Macht sind: Sie betreiben alle dieselbe Politik. Und die ist gekennzeichnet durch Privatisierung, Steuergeschenke an die Reichen, Deregulierung der Arbeitsbeziehungen und des Arbeitsmarktes, Absenkung von Mindeststandards in den Sozialversicherungen. All das soll angeblich dem Wohl des Ganzen, genauer: dem Wirtschaftsstandort Deutschland dienen. Rüstung rauf und Soziales runter, so sollen angeblich die Probleme gelöst werden.

Doch dazu ist etwas anderes nötig: "Abrüstung statt Sozialabbau". Es gibt keinen anderen Weg als den, der kürzlich auf den Ostermärschen gewiesen wurde. Dort wurden die Aussagen im Grundsatzprogramm des Deutschen Gewerkschaftsbundes unterstrichen, in dem es heißt:

"Soziale, ökonomische und ökologische Konflikte müssen auf zivilem Wege ohne militärische Gewalt gelöst werden."

Schon 1906 wurde die damalige Mär aufgetischt: „Das Vaterland würde in den afrikanischen Kolonien und beim Schutz des Marokkohandels" verteidigt. Heute wird das Vaterland am Hinduksch verteidigt. Sozialen Errungenschaften der Arbeiterbewegung, d.h. die finanzielle Absicherung von Rente und Pflege bleiben dabei auf der Strecke. Denn wer immer mehr Geld für Interventionskriege ausgibt, hat am Ende kein Geld mehr für Soziales, für Bildung oder für die Gesundheit der Bevölkerung!

Was mit 195 Sanitätern 1991 in Kambodscha als humanitäre Hilfsaktion begann, weitet sich aus zu einem vielschichtigen Einsatzspektrum. Zu keiner Zeit seit Beendigung des 2. Weltkrieges waren so viele deutsche Soldaten im Auslandseinsatz wie in diesen Tagen. Auf der Bundeswehrseite im Internet ist dazu zu lesen: "Vom Balkan über Djibouti bis Afghanistan ... auf drei Kontinenten stehen derzeit cirka 7000 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Deutschland gehört damit zu den Nationen, die für internationale Einsätze die meisten Truppen stellen" Zitat Ende.

Solche Militärwerbung ist die Missachtung des im Grundgesetz verankerten Verteidigungsauftrags der Bundeswehr. Die Kosten dafür schießen von Jahr zu Jahr in die Höhe. Haben 1995 die Kosten für die Auslandseinsätze noch 131 Mio Euro betragen, müssen wir heute das zehnfache aus unseren Steuergeldern hinblättern.

Während die Zahl der Soldatinnen und Soldaten, der Zivilbeschäftigten und Standorte drastische reduziert wird, wird für moderne Angriffswaffen und die schnelle sogenannte "strategische Verlegefähigkeit" der Eingreif- und Stabilisierungskräfte ständig mehr Geld ausgegeben.

Während Minister Struck darüber nachdenkt, innerdeutsche Standorte zu schließen, es für keinen Standort Garantie gibt, finden sich im Ausland immer neue Möglichkeiten, neue Einsatzorte einzurichten, wie das jüngste Beispiel Kundus belegt.

Während die Rentenkassen geplündert werden, Eintrittsgeld beim Arzt verlangt wird, Beamten Weihnachtsgeld gekürzt und Urlaubsgeld gestrichen, den Angestellten die Tarifverträge gekündigt werden, und Arbeitslose jeden Job unter Tarif annehmen sollen und ihr Einkommen auf Sozialhilfeniveau abgesenkt wird, während und die km-Geld-Entfernungspauschale gekürzt, für Straßentunnel bereits Mautgebühren verlangt werden, und die Kommunen unter fehlenden Steuergeldern ächzen, ist Geld für neues Kriegsgerät genügend da.

Offensichtlich ist die neue aggressive Bundeswehr der Regierung mehr ans Herz gewachsen als Rentnerinnen und Rentner, als Schüler und StudentInnen, als Kranke, Arbeitslose, Arbeiter und Angestellten. Allein die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe wird die Anzahl der armen Kinder in der Bundesrepublik um 500 000 auf 1,5 Mio erhöhen.

Wie wir gesehen haben, wird dieser Raub zugunsten der Profite – auch und gerade der Rüstungsindustrie – auch im europäischen Maßstab betrieben. Die Rüstungsexpertin und Gewerkschafterin Anne Rieger stellte demgegenüber fest: „Wir sagen ja zu einem sozialen Europa. Wir sagen ja, zu einer EU, sie sich für einen gerechten Welthandel, einen Nord-Süd-Ausgleich, einen Ausbau des internationalen Rechtssystems, für einen Dialog der Kulturen, für die zivile Bearbeitung von Konflikten einsetzt. Aber wir sagen Nein zur Militarisierung der EU. Uns nutzt keine Militärmacht USA - aber ebenso wenig nutz uns eine Militärmacht EU!“

Ein militarisiertes Europa ist der grundfalsche Weg. Aber wir wissen und wollen es uns heute wieder ins Gedächtnis rufen: Hochrüstung, Krieg, Terror und Sozialabbau kommen nicht wie Naturgewalten unabänderlich und alternativlos über uns!

Militarismus, Krieg, Terror und Sozialabbau, soziale Ungerechtigkeit, werden von gesellschaftlichen Verhältnissen hervorgebracht, die sich der Profitmaximierung - um jeden Preis - verschrieben haben! Insofern stellen der radikale Sozialabbau nach innen und die Militarisierung der Außenpolitik auch zweiten Seiten ein und derselben Medaille dar!

Wir haben deshalb allen Grund, uns verstärkt jenen Machtstrukturen und gesellschaftlichen Verhältnissen zuzuwenden, in denen Krieg und Terror, aber auch Menschenverachtung und Fremdenfeindlichkeit, in denen Massenarbeitslosigkeit und soziale Ungerechtigkeit zum System gehören.

Der moderne Krieg ist der Pesthauch des Kapitalismus. Krieg und "Militarismus sind der Würgeengel der Kultur, sie barbarisieren die Zivilisation und fressen - das Volk aussaugend - alle Mittel auf, die einem wahrhaftigen Fortschritt dienen könnten!" Das sagte schon 1914 Karl Liebknecht .

Und was ist daran heute falsch? Wir wollen Abrüstung statt Sozialabbau! Die DFG-VK hat vor Jahren einmal ausgerechnet, dass ein Drittel des Verteidigungshaushaltes ausreichen würde, um die völlige sofortige Abschaffung der Bundeswehr zu bezahlen, indem jedem Soldaten und Offizier und jedem Rüstungsarbeiter und Rüstungsingenieur sein volles Geld weiterbezahlt wird – auf dass er sich nur ja nie mehr mit Mord und Krieg beschäftigt. Zwei Drittel ständen zur Verfügung für Sinnvolles.

Wir sollten uns aber auch darüber im klaren sein, dass zumeist angenommen wird, dass die Abrüstung nicht unmittelbar zu Einsparungen führt. Befassen wird uns mit dem Argument: Denn es gibt nicht nur eine gigantische Anzahl von Soldaten und Soldatinnen, sondern auch von zivilen Angestellten bei der Bundeswehr und nicht zuletzt Hunderttausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in der Rüstungsproduktion tätig sind. Auch an die gesamten Zulieferer und die Gewerbetreibenden, die von der Bundeswehr und Rüstungsfirmen mit ihre Arbeitsplätze abhängen, müssen wir denken.

Anne Rieger stellte dazu fest: „Hier von jetzt auf gleich ohne Alternativen den Hahn abzudrehen, würde für die Betroffenen zu massiven Verwerfungen führen. Das ist nicht unser Weg. Das hieße auch die Binnennachfrage weiter zu schwächen. Deswegen brauchen wir ein umfassendes nachhaltiges Rüstungs- und Standortkonversionsprogramm, das auf mehrere Jahre angelegt ist. Es muss sicherstellen, dass die bisher im Militär- und Bundeswehrbereich Tätigen nicht in die Arbeitslosigkeit gestürzt werden, dass die im militärischen Sektor erworbenen Kompetenzen für zivile Zwecke nutzbar gemacht werden, und dass die durch Abrüstung frei werdenden Mittel für andere öffentliche Investitionen genutzt werden.“

Die Gewerkschaften fordern zur Belebung der öffentlichen Infrastruktur ein 20 Mrd. Euro Investitionsprogramm. Finanziert werden könnte es durch die Erhebung einer Vermögenssteuer von einem Prozent auf Vermögen von über 500 000 Euro, aber auch durch die schrittweise Kürzung von Geldern für Militärgüter der neuen weltweiten Interventionsarmee.

Eine solche Politik würde zu mehr gesellschaftlicher Wohlfahrt führen; denn wenn die Ressourcen nicht mehr in die Rüstung und Militärtechnik gesteckt werden, dann werden zusätzliche Werte für die Menschen geschaffen, die auch gesellschaftlich genutzt werden, wie z.B. Umweltschutz, Öffentlicher Nahverkehr, Bildung und Kinderbetreuung, Schulen, Krankenhausbetten, Infrastrukturen für Tourismus und vieles mehr. Dies ist bei Rüstungsgütern gerade nicht der Fall, hier können wir von Glück reden, wenn sie nicht genutzt werden.

Hinzu kommt zum anderen, dass im zivilen Bereich investierte Mittel zu mehr Arbeitsplätzen führen als in der Rüstungsindustrie. Denn es ist leider immer noch so: Kaum etwas ist derzeit so profitabel wie die Rüstungsproduktion. Diese Profite finden sich folglich nicht in den Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder.

Sie können den Konsum und die Nachfrage nicht beleben. Hingegen wäre die Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt auch ökonomisch sinnvoll, weil die Nachfrage angekurbelt und dadurch die Konjunktur belebt wird.

Wäre es also nicht vernünftiger, sozialer, umweltfreundlicher, beschäftigungswirksamer statt eines neuen militärischen Transportflugzeuges 572 Berufsschulen zu bauen?

Statt 180 Eurofighter 250 000 Sozialwohnungen ? Was ist mit den Berufen der Beschäftigten beim Bund und in der Rüstung - höre ich fragen? Heute ist über all in der Wirtschaft lebenslanges Lernen angesagt. 2-3 mal im Leben muss heute jeder einen neuen Beruf erlernen, lassen uns die Industriebosse ständig wissen. Das kann auch von Offizieren, Soldaten und Arbeitnehmern der Rüstungsindustrie verlangt werden.

Wäre es nicht sinnvoll für einen Ingenieur, der Eurofighter konstruiert, umzulernen und z.B. ein hochqualifizierter Ausbildungsingenieur an einem Berufschulzentrum oder im Umweltschutz zu werden? Oder für einen Piloten eines militärischen Transportflugzeuges: komplizierte Aufträge in einem besser ausgestatteten Technischen Hilfswerk zu übernehmen oder auch etwas ganz anderes zu machen, z .B. ein hochqualifizierter Architekt für gut durchdachte Sozialwohnungen zu sein? Oder kann ein Koch auf einem Kriegsschiff nicht Koch in einem Kindergarten werden und dabei neueste ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse in die Nahrung unserer Kinder einfließen lassen?

Die Industrie sucht ständig hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Warum sie nicht aus der Rüstungsindustrie nehmen? Freilich, das Umlernen kostet Geld - aber Geld ist genug da! Geben wir es für Konversionsprogramme statt für Hochrüstung aus. Dies ist kein Selbstläufer.

Sondern wir müssen die Diskussion um die Friedenspolitik wieder nach vorn bringen, um eine solche Politik auch tatsächlich durchzusetzen. Dies wird uns nur gelingen, wenn wir im breiten Bündnis - Gewerkschaften, Kirchen, Bürgerinitiativen, andere Nichtregierungsorganisationen und alle an einer friedlichen Entwicklung Interessierten - die Friedensbewegung stärker beleben und unsere Alternativen immer wieder zur Diskussion stellen.

Beteiligt euch an der bundesweiten Unterschriftensammlung "Abrüstung statt Sozialabbau" an die Bundesregierung, die bis Ende Mai läuft. Unterschreibt selbst und nehmt Unterschriftenlisten für die Kollegen, Freunde und Nachbarn mit - oder für den Infotisch eurer Friedensinitiative.

Ich habe diese Anregungen aus einem Manuskript von Anne Rieger übernommen. Sie schreibt am Ende, und ich stimme zu: „Wir werden nicht Ruhe geben, bis Friedenspolitik Weltpolitik wird. Wir wollen den Aufbau einer anderen Welt, einer Welt in der Gleichheit, soziale Rechte und Achtung der Verschiedenheiten; einer Welt, in der das Recht auf Bildung, eine anständiger Arbeitsplatz, Gesundheitsversorgung Alterssicherung und Wohnung für alle gilt; in der Armut, Sexismus, Frauenunterdrückung und Rassismus keinen Platz haben. Eine Welt, in der Menschen vor Profit gehen. Eine Welt ohne Kriege. Eine andere Welt ist möglich.

*)

Ulrich Sander
Macht im Hintergrund – Militär und Politik in Deutschland von Seeckt bis Struck
Neue Kleine Bibliothek 96, Papy Rossa, Köln
Etwa 180 Seiten
Ca. EUR 12,50
ISBN 3-89438-287-2

Weissbuch der VVN „In Sachen Demokratie“
Verfasser: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Redaktion und Einleitung: Ulrich Sander
Erstauflage 1960, zweite Auflage: 2004
ISBN 300 01 3000-4
Herausgegeben vom Bundesausschuß der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Franz Mehring Platz 1, 10243 Berlin, Tel 030 – 29 78 41 71. VVN0109@aol.com 220 Seiten, 8,-- Euro

Dieses Referat fußt auf Reden zu den diesjährigen Ostermärschen, siehe www.friedenskooperative.de, und auf Recherchen U. Sanders.