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Nazis raus aus dem Internet

 

15.04.04

The Right Thing

Helmut Loeven, DFG-VK Duisburg, zu "Bomber Harris" und die Auseinandersetzung der Linken mit diesem umstrittenen "Helden"

„Arthur Harris did the right Thing“. Der Mann war General der Britischen Luftwaffe und verantwortlich für die Bombardierung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg. Für General Harris wollte man ein Denkmal errichten. Die „Königinmutter“ wollte dabei eine Rede halten. Sie war aber überhaupt not amused, denn sie wurde von Landsleuten ausgepfiffen, zum ersten Mal in ihrem langen Leben. Sie hat das nicht verstanden.

General Harris kämpfte als Soldat gegen Hitler. Warum ihm also kein Denkmal setzen? Weil die, die für das Denkmal waren, nur deshalb etwas gegen Hitler haben, weil der im Zweiten Weltkrieg Gegner Englands war. Sonst haben sie gegen Hitler nichts einzuwenden.

Im Fernsehen gibt es diese Guido-Knopp-Sendungen mit Zeitzeugen. Da kamen auch mal Kameraden des Bombergenerals zu Worte, alte Greise inzwischen. Die sagten sowas: Wir hätten gleich weitermachen sollen, wir hätten uns mit Dresden nicht zufriedengeben sollen, wir hätten gleich danach Moskau dem Erdboden gleichmachen sollen. Aber die Politiker, diese Schwächlinge, haben uns nicht gelassen.

Darum haben britische Antifaschisten gegen das Bomber-Harris-Denkmal protestiert.

Darüber, welche strategische Bedeutung der Bombenkrieg gegen Deutschland hatte, ob er den Krieg entschieden, ob er den Krieg verkürzt hat, streiten sich die Historiker. Das ist legitim. Illegitim ist der Kontext, in den solche Erörterungen zwangsläufig geraten. Fest steht, daß der Vernichtungskrieg durch Flächenbombardements von den Deutschen erfunden wurde. Wer über die Zerstörung Dresdens spricht und über die Zerstörung Rotterdams schweigt, hat kein Recht, über die Zerstörung Dresdens zu sprechen. Allerdings hält sich meine Sympathie für Leute, die, sich hinter der „Gnade der späten Geburt“ verschanzend, die Angst in den Luftschutzkellern bagatellisieren, in Grenzen. Unter denen, die aus ihren Erlebnissen im Luftschutzkeller ihre Konsequenzen gezogen haben, habe ich glaubwürdigere Gegner des Nationalsozialismus kennenglernt als im Lager der „Antideutschen“.

1945 wurden die Hauptschuldigen des Krieges in Nürnberg vor das Kriegsverbrechertribunal gestellt, und zwar nur die, die grenzüberschreitend für die Gesamtheit der Naziverbrechen verantwortlich waren. Andere, die nur in einem einzelnen Land Verbrechen begangen hatten, wurden der Justiz dieser Länder überstellt. Der Luftwaffengeneral Trettner, der Rotterdam vernichtet hatte, wurde nie angeklagt, sondern Generalinspekteur der Bundeswehr. Aber auch in Nürnberg wäre er nicht angeklagt worden. „Tu quosque“: Deutsche Bombenangriffe waren keine Anklagepunkte, weil auch die Alliierten Städte bombardiert hatten. Unrecht haben also die, die das Nürnberger Kriegsverbrechertribunal als „Siegerjustiz“ abzuwerten versuchen.

Es gibt Leute, für die ist Arthur Harris ein Idol. Das sind nicht nur britische Reaktionäre, die sich mit Deutschland verbündet hätten, um Rußland zu bombardieren, und die sich mit Deutschland verbündet haben, um Rußland zu bedrohen. Das sind auch deutsche Grünschnäbel, die glauben, nur deshalb keine Reaktionäre zu sein, weil sie der eigenen Nation trotzig die Zunge zeigen. Sie glauben, daß Deutschland den Irak-Krieg verloren hat. Sie freuen sich über Bomben auf Bagdad und halten Bagdad für eine deutsche Stadt.

Meine Oma hat mir eine Geschichte aus dem Krieg erzählt. Sie war mit der halben Familie und der Nachbarin auf dem Land in Thüringen in der Evakuierung. Die Leute dort waren durch die Bank Nazis. Die Frauen und Kinder aus dem Ruhrgebiet galten bei denen als „die Roten“ (und, was meine Familie und die Nachbarin betrifft, stimmt das auch). Eines Tages hat ein amerikanisches Bombenflugzeug in der Nähe des Dorfes eine Bombe fallen lassen. Das war die einzige Bombe, die in dem Landstrich fiel, etwa einen Kilometer von der nächsten Behausung entfernt. Es gab einen Knall und auf dem Acker einen Bombentrichter. Die Thüringer Nazi-Bauern waren mächtig erschrocken, sie glaubten, dem Weltuntergang gerade noch entgangen zu sein. Sie hätten ja keine Vorstellung davon gehabt, wie schrecklich dieser Bombenkrieg ist, sagten sie, und, ob das im Ruhrgebiet auch so schrecklich gewesen wäre?

An diese Geschichte denke ich, wenn ich in einer bestimmten pseudo-linken Presse über den Zweiten Weltkrieg lese, wenn da etwa in einem Inserat der Slogan steht „Arthur Harris did the right Thing“ (Bahamas), oder wenn unter einem Bild der zerstörten Stadt Nürnberg geschrieben steht: „Do it again, Sam“ (Konkret). Diese Helden in den Redaktionen, die die Frage „Wollt ihr den totalen Krieg“ auf ihre ganz eigentümliche Art beantworten und sich für den Bombenkrieg begeistern können, die würden sich doch vor Angst in die Hosen scheißen, wenn zwei Kilometer von ihnen entfernt eine Granate platzen würde.

P.S.: Was den „antiimperialistischen“ „Widerstand“ in Irak betrifft: Den Mord an tausenden Mitgliedern der Kommunistischen Partei Iraks nehme ich Saddam Hussein sehr übel! Darum habe ich dem Baath-Regime nie so nahe gestanden wie die Regierung der USA.

Helmut Loeven, DFG-VK Duisburg

Die DFG-VK Duisburg im Internet:

http://www.8ung.at/dfg-vk-duisburg/