Nach den Rechten sehen
aus: Antifaschistische Nachrichten 25/Dezember 2003
Knütter eingeladen
St.Augustin. Trotz kritischer Stimmen hält die "Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung" (OMV) in der CDU des Rhein-Sieg-Kreises an der Einladung des umstrittenen Bonner Politologen Hans-Helmuth Knütter fest. Knütter, Mitherausgeber des sogenannten "Handbuch des Linksextremismus", der auch schon bei der neofaschistischen "Gesellschaft für freie Publizistik" referierte, soll am 16.Dezember bei der OMV zum Thema "Linksextremismus - heute so gefährlich wie früher!" sprechen.
CDU-Kreisvorsitzender Krautscheid verwahrte sich gegen Vorwürfe, seine Partei lasse Redner mit "brauner Gesinnung" zu Wort kommen. Eine Ausladung sei nicht geplant. Er wolle Knütter aber "sehr genau beobachten". Der Vorsitzende der OMV in der CDU, Hans Eifler, gab an, nichts von einer Verbindung zwischen Knütter und Martin Hohmann zu wissen. So stehen Knütter und Hohmann nicht nur gemeinsam unter einem Aufruf, in dem gegen die Beobachtung der "Jungen Freiheit" durch den sog. "Verfassungsschutz" protestiert wird, sondern waren 1997 auch beide Gründungsmitglieder der rechten "Arbeitsgemeinschaft Freie Publizisten, Schriftsteller und Wissenschaftler im Bund der Selbständigen (BDS) - Stimme der Mehrheit". Mittlerweile prüft der BDS-Bundesverband eine Trennung von ihrem Landesverband in Nordrhein-Westfalen, in dessen "Arbeitsgemeinschaft" seit Jahren Autoren rechtsextremer Verlage tätig sind.
Die "Grünen" im Rhein-Sieg-Kreis habe die CDU aufgefordert Knütter, der in Bornheim CDU-Mitglied ist, aus der Partei auszuschließen
(hma).
Unbefangene Rhetorik?
Berlin. Arnulf Baring, einst Redner beim rechten "Bund Freier Bürger" und im vergangenen Jahr noch Teilnehmer einer Diskussion, die vom um die "Junge Freiheit" angesiedelten "Institut für Staatspolitik" durchgeführt wurde, beklagt ein angeblich fehlendes Selbstbewußtsein der Deutschen.
Diese machten "Auschwitz zur Grundlage ihrer Selbstdeutung". Aber aus einer Katastrophe und einem Verbrechen wie dem Holocaust könne man "kein Selbstgefühl pflanzen". Nötig sei, so Baring unlängst vor dem Bankenverband NRW, zwar kein Schlußstrich, denn "das klebt an uns so lange es Deutschland gibt", sondern ein neuer Zugang, eine "unbefangene Rhetorik zum Dritten Reich".
Nur mit einem "halbwegs positiv Verhältnis zu uns selbst, kommen wir da raus", so Baring.
"Hitler wabert um uns herum und verhext unser Denken", so Baring in einem Interview mit der "NWZ". "Das Dritte Reich war etwas Furchtbares, aber auch Begrenztes, das nach 12 Jahren erledigt war. Wir müssen diese Zeit zur Ruhe legen".
Es werde nur besser, "wenn wir positiver denken und Selbstgewissheit gewinnen". Auch die Eliten seien "ein Spiegelbild der allgemeinen Stimmung", so Baring. Man merke dies "an der kranken Diskussion über Hohmann". "Das war ein lächerlich kleiner Fehltritt, der zu etwas ungeheuer Großem aufgepustet wurde" und ein "krankhafter Versuch, alles an der Elle des politisch Korrekten zu messen". Das "ganze Gerede" von "angeblich bedrohlichen Rechtsradikalen" halte er für "Quatsch".
Hingegen störe ein angeblich "nach links verschobenes Parteienspektrum" die "Balance der Kräfte der Bewegung und der Beharrung", so Baring Auch CDU-Chefin Merkel habe unsichere Instinkte und sei "sozialdemokratischer als eigentlich für eine Chefin der Unionspartei richtig ist (RP 21.11.03 / NWZ 15.11.03 -
hma).
Post-Faschist
Italien/Rom. Die italienische Rechtspartei "Alleanza Nazionale" hat ihren Abgeordneten Antonio Serena aus der Partei ausgeschlossen. Serena hatte ein Video mit der Biographie des zu lebenslanger Haft verurteilten NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke unter dem Titel "Vae Victis" an andere Parlamentarierer verschickt. Der frühere SS-Offizier Priebke, u.a. Leserbriefschreiber in "Nation und Europa" und der "Deutschen National-Zeitung", war 1944 an der Erschießung von 335 Geiseln in Rom beteiligt
(hma).
NPD-Nachwuchs marschiert
NRW. Gleich drei Veranstaltungen kündigt die NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" in Nordrhein-Westfalen für den Dezember an. Am 13.Dezember soll ein "Julfest" mit Suppen, Gebäck und Glühwein stattfinden, am 20.12. eine "Wintersonnenwendfeier" und am 31.Dezember ein "Silvestermarsch". Als Kontaktadressen werden der JN-Landesvorsitzende Nico Wedding aus Duisburg bzw. der "Amtsleiter Neue Medien" Mathias Rochow angegeben (hma).
MTM insolvent
Bad Soden-Salmünster/Kiel. Der MTM-Versand um Martina Waßmuth, der bislang auch die "Deutsche Militärzeitschrift" (DMZ) vertrieb, ist zahlungsunfähig. Fortgeführt werden die Aktivitäten des MTM-Versandes durch den Kieler Verleger Dietmar Munier ("Arndt-Buchdienst/Europa-Buchhandlung").
Der ehemalige Aktivist des NPD-Jugendverbandes "Junge Nationaldemokraten" präsentiert sich in der neuesten Ausgabe des Versandkataloges "Lesen & Schenken" auf einem Foto mit seinem "väterlichen Freund Franz W. Seidler". Der emeritierte Professor der Bundeswehr-Universität in München hat im "Pour le Merite-Verlag" gerade ein Buch mit dem Titel "Avantgarde für Europa. Ausländische Freiwillige in Wehrmacht und Waffen-SS" herausgegeben. Ein Standardwerk über die "ersten Europäer", so Munier. An der Herausgabe des verspäteten Heftes der "Deutschen Militärzeitschrift" arbeite gerade ein "neuer Herausgeber" unter "Hochdruck", heißt es in dem neuen Versandkatalog, in dem u.a. auch Anstecker mit der Aufschrift "Nationaler Widerstand" angeboten werden (hma).
"Organisierte Neonazis in Mönchengladbach?"
"Gibt es nicht !" Spätestens seit dem 1. November, als die örtliche Neonazi-Szene 60-100 "Kameraden" aus ganz Nordrhein-Westfalen zu einem Aufmarsch durch den Stadtteil Rheydt mobilisierte, kann an dieser Aussage mehr als gezweifelt werden. Trotz des immer agressiveren Auftretens der Mönchengladbacher Neonazi-Szene in der Öffentlichkeit, verschließen Stadt und Polizei ihr rechtes Auge und wollen von einer braunen Gefahr nichts wissen. Auch in der lokalen Presse werden die Mönchengladbacher Neonazis als lediglich "rechtsgerichtet" verharmlost und ihr faschistisches Weltbild ignoriert.
Dabei handelt es sich bei diesen Leuten, die mal unter dem Deckmantel der NPD/JN, mal als "Nationaler Widerstand " oder auch als "Freie Kameraden des Widerstands Mönchengladbach" oder "Widerstandskämpfer Mönchengladbach" agieren, nicht um "harmlose Nationalisten", sondern um militante und bestens vernetzte Neonazis.
Das hat nicht nur der 1. November bewiesen. Schon ihr äußeres Erscheinungsbild mit Glatze, Kampfstiefeln, Bomberjacken etc. offenbart den gewalttätigen Hintergrund ihrer Ideologie. Ganz in der Tradition des Terrors im Nationalsozialismus, machen sie wieder Jagd auf Menschen die nicht in ihre menschenverachtende Weltanschauung passen (Anm. d. Verf.: bereits im Herbst des Jahres 2000 terrorisierten Neonazis Altstadtbesucher, was durch ein riesiges Polizeiaufgebot mit Einsatzkräften aus Wuppertal nach mehreren Wochen endlich unterbunden werden konnte). Vor dem 1. November konnten die Mönchengladbacher Neonazis bereits zwei sogenannte Mahnwachen abhalten und wurden dabei von der NPD Aachen unterstützt. Die erste Mahnwache vor dem Arbeitsamt an der Lürriper Straße am 5. August hatte das rassistische Motto "Arbeit zuerst für Deutsche"; die zweite Mahnwache am 18. Oktober vor dem Stadttheater(Musicalbühne), fand unter dem Motto: "Heimreise statt Einwanderung! Deutsche wehrt euch gegen den EU-Beitritt der Türkei" statt. Gezielt wird gegen in Deutschland lebende Minderheiten gehetzt und diese durch rassistische Vorurteile diskriminiert.
Da dies den Neonazis nicht genügt, versuchen sie nun auch mit ihren Wahnvorstellungen an öffentlichen Diskussionen teilzunehmen, wie am 1. November, als sie wenige Tage vor dem Prozessbeginn gegen die Mörder von Tom und Sonja in Aachen, die Todesstrafe für Kinderschänder forderten. Dies ist angesichts der Verbrechen ihrer nationalsozialistischen Vorbilder blanker Zynismus, denn es waren ihre Idole, die nackte Frauen und Kinder mit Hunden und Knüppeln in die Gaskammern trieben. Durch solche gewagten Forderungen wollen sie ihre mörderische Ideologie wieder gesellschaftsfähig machen. Das Potential aus dem die Neonazis in der rechten Jugendszene schöpfen können ist auch in Mönchengladbach sehr hoch. Rechtsrock ist die Begleitmusik bei Mord und Totschlag. So lebt hier der Rechtsrock-Musiker Dennis Heinrich Joerissen (aktuell Schlagzeuger bei "Oidoxie", vorher bei "Reichswehr"), der bereits wegen eines Überfalles auf ausländische Menschen in Düsseldorf vor Gericht stand. Eine weitere, lokale Rechtsrock-Band mit eigenen Proberäumen nennt sich "Division Germania" und erscheint bei einem Nazi-Label in Thüringen. Proberäume und Rechtsrock-Konzerte dienen als Treffpunkte der rechten Szene und helfen den organisierten Neonazis ihre Ideologie innerhalb der Subkultur zu etablieren.
Das bei dem Aufmarsch am 1. November führende Neonazi-Kader von NPD (Wilibert Kunkel, Stolberg, NPD-Kreisvorsitzender), "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (Paul Breuer, Köln) und "Kameradschaft Aachener Land" (Rene Laube) teilnahmen, beweist die sehr gute Verbindung zwischen Mönchengladbacher Neonazis und militanten "Kameraden" aus der Region.
Zudem beteiligten sich Mönchengladbacher Neonazis in letzter Zeit an Aktionen und Aufmärsche in Aachen, Dortmund und Berlin.
Das sich am 1. November immerhin ca.100 couragierte Menschen am Stadttheater, dem ursprünglich geplanten Versammlungsort der Neonazis, einfanden und die Faschisten dadurch nach Rheydt ausweichen mussten, war schon mal ein Anfang.
Um eine totale Dominanz von Neonazis und rechten Jugendliche im Straßenbild zu verhindern und damit auch die Gefahr von Übergriffen auf Minderheiten zu reduzieren, gibt es auch in Mönchengladbach noch einiges zu tun. Von der Stadt Mönchengladbach erwarten wir, das Neofaschisten künftig keine öffentlichen Plätze und Straßen mehr für ihre "volksverhetzenden" Aktivitäten zur Verfügung gestellt bekommen. Denn "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen !".
Bei den Kommunal- und Europawahlen im kommenden Jahr ist jedenfalls mit einem verstärkten Auftreten neofaschistischer Parteien zu rechnen. Hinsehen und handeln ist angesagt und nicht totschweigen! (VVN-BdA MG).
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