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aus: Antifaschistische Nachrichten 11/Juni 2006

Gesiebte Luft in Sicht

Pulheim. Viele Demotermine wird der Pulheimer Neonazi Axel Reitz (23) nun nicht mehr wahrnehmen können. Reitz muß in absehbarer Zeit eine 21monatige Gefängnisstrafe antreten. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat die Revision des einschlägig vorbestraften Reitz als unbegründet abgewiesen. Damit ist das Urteil des Landgerichts Bochum vom 9.September 2005 rechtskräftig das den Mitbegründer der "Kameradschaft Deutscher Sozialisten" (KDS) und Aktivisten des neonazistischen "Aktionsbüro Westdeutschland" wegen einer antisemitischen Hetzrede zu einer Haftstrafe verurteilt hatte. Zusammen mit einer früheren, zur Bewährung ausgesetzten Strafe, muß Reitz nun für insgesamt 21 Monate ins Gefängnis (peb).

 

Debatte im Gemeinderat

Burladingen. Die zunehmenden Aktivitäten jugendlicher Neonazis in der Gemeinde Burladingen (Schwäbische Alb) haben nun auch den Gemeinderat der Stadt beschäftigt. Seit geraumer Zeit sind Neonazis und rechte Skinheads im Ort aktiv. In Jugendclubs und an der Grillstelle am Albvereinsbrunnen wurden sie gesichtet und auch in den Schulen breiten sie sich aus, tragen Schüler einschlägige Klamotten der rechten Szene und verbreiten Rechtsrock-CDs. Nach einem kürzlich stattgefundenen gewaltsamen Übergriff, seien nun die Gerichte an der Reihe, teilte Bürgermeister Ebert mit und zeigte sich sichtlich genervt angesichts des Themas. Dies sei "ein gesamtgesellschaftliches Problem, das lösen wir hier in Burladingen nicht", meinte Ebert. Im übrigen wehre er sich dagegen, wenn versucht werde "wegen vereinzelter Vorfälle" die Stadt "braun anstreichen" zu wollen. Dies sahen andere Gemeindevertreter nicht so. Es wurde gefordert, gegen die zunehmenden Umtriebe der extremen Rechten vorzugehen. Diese Gruppe terrorisiere alle anderen, so Gemeinderat Debis und es müsse doch möglich sein, diese Bande in die Schranken zu weisen. Mit einer öffentlichen Diskussion in den Jugendclubs solle diesen der Rücken gestärkt und anfällige Jugendliche sensibilisiert werden, regte Gemeindevertreter Conradi an. Die bisherigen Maßnahmen seien jedenfalls nicht ausreichend, stellten mehrere Gemeindevertreter fest. Es sei Pflicht und Aufgabe von Demokraten, gegen das "Gesinnungsgesindel" vorzugehen: "Wehret den Anfängen", so ein Gemeinderat ("Schwarzwälder Bote" 20.05.06 - hma).

 

Durchweicht in Friedrichshafen

Friedrichshafen. Etwa 60 Neonazis sind am 20.Mai in Friedrichshafen unter dem Motto "Gegen Überwachung, Repression und Bespitzelung" aufmarschiert. Eine Rede des Versammlungsleiters Hayo Klettenhofer aus München, Funktionär der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten", gab es nicht und so standen die Neonazis auf dem mit großen Gittern zugestellten Franziskusplatz wortlos und fast ohne Zuschauer im Nieselregen. Die wenigen Dutzend GegendemonstrantInnen, von der Polizei auf große Distanz gehalten, gaben mit Sprechchören ihren Protest gegen den Naziaufmarsch zum Ausdruck. Es hätten durchaus mehr sein können, hätten nicht der Oberbürgermeister und das städtische "Bündnis für Toleranz und Demokratie" dafür geworben, die relativ kurzfristig angemeldete Veranstaltung der Neonazis zu "ignorieren". Schon nach kurzer Zeit zogen die durchnässten Neonazis zum Bahnhof um spontane Kundgebungen in Meckenbeuren, Überlingen, Wangen, Aulendorf, Lindau und Biberach durchführen zu wollen. Diese wurden jedoch von der Polizei untersagt. Insgesamt kein erfolgreicher Tag für die Neonazis, von denen nur ein Teil aus Friedrichshafen selbst kam. Die Polizei war mit einem Riesenaufgebot vor Ort vertreten. Auf 800 bis 1000 wurde die Zahl der Polizisten geschätzt. Auch Wasserwerfer hatten bereitgestanden (hma).

 

Befreiungsdenkmal unerwünscht

Estland/Tallin. Der estnische Premierminister Andrus Ansip hat sich dafür ausgesprochen, daß im Zentrum der Stadt Tallin stehende Denkmal zur Erinnerung an die Befreiung der Stadt von den Nazis abreißen zu lassen. Das Monument sei "ein Symbol der Besatzung" und hätte schon längst an einen anderen Ort verbracht werden müssen, so Ansip in einem Rundfunkinterview. Ginge es nach Ansip, soll das Denkmal künftig auf einem sowjetischen Soldatenfriedhof am Rande der Stadt stehen. Sollte sich ein Massengrab unter dem Denkmal befinden, sollen die sterblichen Überreste der dort bestatteten Soldaten umgebettet werden. Erst kürzlich hatten estnische Nationalisten das Denkmal geschändet und die Figur eines sowjetischen Soldaten mit den Farben der estnischen Nationalflagge übermalt. Vertreter der russischen Minderheit der Stadt feiern vor dem Denkmal traditionell jedes Jahr am 9. Mai den Sieg über die Nazis (hma)