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aus: Antifaschistische Nachrichten 20/Oktober 2005

„Keine Vorkommnisse“

Schliersee. „Wir haben keine Vorkommnisse registriert“, äußerte der Einsatzleiter der Miesbacher Polizei am Ende der diesjährigen „Annaberg-Gedenkfeier“ im bayrischen Schliersee. Ende Mai hatten sich erneut 200-250 Menschen an der Gedenkfeier der „Kameradschaft Freikorps Oberland – Bund Oberland“ beteiligt. Das „Freikorps“ war 1919 von Freiherr Rudolf von Sebottendorf von der völkischen „Thule-Gesellschaft“ aufgestellt worden. Im Vorfeld der Feier hatte SPD-Kreisvorsitzender Hans Pawlovsky die „fragwürdige Veranstaltung“ öffentlich kritisiert. Sollten seine Informationen stimmen, sehe er hier die nötige Distanz zum Dritten Reich nicht. Erstmals wird dabei auch angesprochen, das 1921 bei den Kämpfen des „Freikorps“ im deutsch-polnischen Grenzgebiet auch zahlreiche Zivilpersonen von deutschen Freiwilligen gefoltert und ermordet wurden. Pawlovsky erwägt nun die Durchführung „einer hochkarätig besetzten Veranstaltung“ in Schliersee „um über die historischen und politischen Hintergründe“ der „Annaberg-Feier“ aufzuklären. Auch die Teilnahme der Himmler-Tochter Gudrun Burwitz an einer früheren Feier wurde kritisiert. Auf der diesjährigen Veranstaltung wieder dabei: Vertreter der „Oberschlesischen Landsmannschaft“, Ortsgruppe München. Vorsitzende Gertrud Müller, „die immer bei den Vorbereitungen dieser Feier mitwirkt“, sprach wieder einige Grußworte.
Statt eines Vortrages von Kameradschafts-Mitglied Dirk Pott, der in den vergangenen Jahren u.a. für die nationalistische „Deutschland-Bewegung“, die revanchistische „Junge Landsmannschaft Ostpreußen“ (JLO) und den sudendeutschen „Witiko-Bund“ aktiv war, hielt in diesem Jahr Heinrich Rathjen eine „flammende Rede“. Rathjen (Achim) von der „Bürgerinitiative Ehrenmale“ zeichnete sich noch im vergangenen Jahr für eine „Protestaktion gegen Kollektivschuld und Sippenhaftung“ verantwortlich, die u.a. eine Anzeige in der „Jungen Freiheit“ veröffentlichte. Noch am 1.Mai hatte sich die „Kameradschaft Freikorps Oberland“ an einer alljährlich stattfindenden "Gedenkfeier" auf dem Münchener Waldfriedhof zur Erinnerung an die „Befreiung Münchens“ von der Räterepublik 1919 beteiligt. Mitveranstalter dieser Gedenkfeier waren der „Stahlhelm“, der „Deutsche Block“ und der „Treue-Ring“. Organisator der Feier war Roland Wuttke (Mering) von „Demokratie Direkt“. Er verfügt über gute Kontakte u.a. zur NPD und schreibt für deren Organ „Deutsche Stimme“. Auch wenn „Kameradschaftsführer“ Jürgen Popp (Rosenheim) einen "rechtsradikalen Hintergrund“ seiner „Kameradschaft“ bestreitet, zeigt doch schon ein Blick in das aktuelle Kameradschaftsblatt „Der Oberländer“, das dies nicht stimmt. Dort wird neben einer Pressemitteilung der NPD im Sächsischen Landtag auch ein Text des früheren Kühnen-Gefolgsmanns Thomas Brehl, ehemals Aktivist der 1983 verbotenen „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ (ANS/NA), aus der neofaschistischen Zeitschrift „Recht und Wahrheit“ abgedruckt. Auf der vorletzten Seite des Hefts findet sich der Aufruf: „SPDCDUFDPGRÜNE/PDS. Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber. Geht zur Wahl. Wählt National !“. Die „polizeilich betreute“ Veranstaltung würde von den Bürgern Schliersees gar nicht wahrgenommen, meint hingegen Bürgermeister Toni Scherer. Unangenehm aufgefallen seien die Teilnehmer bislang nie. Es ist zu hoffen, das wenigstens die Besucher des Urlaubsortes dies anders sehen. Im kommenden Jahr soll die „Annaberg-Gedenkfeier“ am 21.Mai stattfinden („Der Oberländer“ 41-2005/“Miesbacher Merkur“ - hma).

 

„Nachhaltig geprägt“

Pullach. Im Alter von 93 Jahren ist jüngst der ehemalige Sprecher der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“, Walter Becher, gestorben. In der „Kulturpolitischen Korrespondenz“ der „Stiftung Ostdeutscher Kulturrat“ wird in diesem Zusammenhang ein Nachruf des CSU-Europaparlamentsabgeordneten Bernd Posselt, zugleich Bundesvorsitzender der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ und Präsident der „Paneuropa-Union“ veröffentlicht. Über Bechers wirken während des Nazi-Regimes liest man dort freilich nichts. Becher prägte „Bayerns vierten Stamm wie kein Zweiter“ wird dort gelobhudelt, das er „uns Jüngere stets beeindruckt und nachhaltig geprägt“ habe und das ihm „falsches Versöhnlertum“ ein „Greuel“ waren. Becher gehörte in den 30er Jahren der „Sudeten-deutschen Partei“ Henleins an. Nach der Okkupation des Sudetenlandes durch die Wehrmacht wurde Becher Redakteur des NSDAP-Organs „Die Zeit“ in Reichenberg (Liberec), in der er den nazistischen Rassenwahn propagierte. So forderte er dort nach den antisemitischen Pogromen vom 9.November 1938 unter der Überschrift „Lieder, auf die wir verzichten“, daß alle Lieder „deren Worte von Juden stammen oder die von Juden vertont sind“, nicht mehr gesungen werden sollen („Die Zeit“ 17.11.1938). Nach zahlreichen antisemitischen Maßnahmen im Sudetenland, die zur Vertreibung der Jüdinnen und Juden aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens geführt und viele in Ghettos und KZ`s gebrachte hatte, schrieb er im Mai 1939: „Das Sudetenland ist Kulturland geworden. Erst die befreiende Tat des Führers hat unzählige schlummernde Kräfte aufgeweckt....Was unter der Patronanz einer volksfremden, von jüdischen Maklern beeinflußten Regierung bewußt totgeschwiegen wurde, kann sich heute dem allgemeinen Urteil stellen“ („Die Zeit“ 23.05.1939).
Nach Kriegsbeginn wurde Becher „Kriegsberichter“ und Leutnant in einer Propaganda-Kompanie der Wehrmacht. Nach dem Krieg gründete er mit anderen ehemaligen NS-Aktivisten die völkische Gesinnungsgemeinschaft „Witiko-Bund“, dessen Vorsitzender er auch viele Jahre war. Nachdem Becher zu Beginn der 50er Jahre Landtagsabgeordneter des revanchistischen „Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ (BHE) war, wechselte er später zur CSU über und zog für diese 1965 in den Bundestag ein. Becher unterhielt zahlreiche Kontakte in die extreme Rechte, gehörte einschlägig rechten Studentenverbindungen an und war u.a. Mitautor der Zeitschrift „Deutsche Geschichte“ der rechtsextremen „Verlagsgemeinschaft Berg“ und des Buches „50 Jahre Vertreibung“, das 1995 in Graberts "Hohenrain-Verlag" erschien (hma).