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aus: Antifaschistische Nachrichten 09/Mai 2005

Knast statt Schule

Gütersloh/Siegen. Es ist noch nicht lange her, da verglich der Baptist Andreas Malessa die evangelikale Hausschulbewegung mit den Hinterhof-Koranschulen islamischer Fundamentalisten. Im April mußte eine Baptistin aus Ostwestfalen sechs Tage in einer Bielefelder Haftanstalt absitzen, weil sie ihr Kind aus "religiösen Gründen" nicht an einem Theaterbesuch teilnehmen ließ und eine verhängte Geldbuße nicht bezahlen wollte. Das Theaterstück, es handelte sich um "König Drosselbart", sei - so die Eltern - ein "Werk des Teufels". Nach Haftentlassung der Mutter erwartet nun auch den Vater eine mehrtägige Haftstrafe. Seit Oktober schicken sieben Familien aus dem Raum Paderborn ihre Kinder nicht mehr in die Grundschule. Sie wollen diese nun - in aller Abgeschiedenheit - zu Hause und per Fernunterricht erziehen. Unterstützt werden sie von christlichen Heimschulwerken wie der "Philadelphia-Schule" in Siegen. Gegen den Siegener Verein um Helmut Stücher, 2002 Leserbriefschreiber in der rechten Berliner Wochenzeitung "Junge Freiheit", überprüft der Generalbundesanwalt in Karlsruhe derzeit eine Anzeige des Paderborner Landrates Manfred Müller. In seinem Brief an die Karlsruher Anwälte wirft Müller den Baptisten vor, "mit ihren zigtausend Kindern das Potential" zu haben, "Deutschland über Nacht in einen totalitären Unrechtsstaat zu verwandeln". So hieße es in einem im Internet veröffentlichten Gedicht u.a.: "Gottes Volk steht zum Kampf bereit". Auf der Internetseite des Siegener Vereins wird auch ein Artikel des Züricher Psychologen Diethelm Raff veröffentlicht, in dem unter der Überschrift "Die Entmachtung der Familie" die Verschwörungstheorie vertreten wird, es gebe eine "Koalition von Marxisten und Großkonzernen" zur Abschaffung der Familie. Im Jahr 2000 hatte Raff auf dem Kongreß "Mut zur Ethik" der rechten Psychosekte VPM ("Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis") referiert, die in der Vergangenheit u.a. mit rechtslastigen Parolen zur Drogen- und AIDS-Politik auf Seelenfang ging (hma).

 

Ex-General in der "DNZ"

Buxtehude. Der 1996 nach öffentlicher Kritik u.a. am Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen "Soldaten sind Mörder" in den einstweiligen Ruhestand versetzte Generalmajor der Bundeswehr, Gerd Schultze-Rhonhof, hat der "Deutschen National-Zeitung" des DVU-Chefs Gerhard Frey ein Interview gegeben. Dort nimmt er u.a. Stellung zu seinem in dritter Auflage erschienenen Buch "1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte", in dem er die Schuld Nazi-Deutschlands am 2.Welt-krieg relativiert. Bereits nach einem kürzlich in der "Jungen Freiheit" geführten Interview mit dem Ex-General hatten dessen Thesen heftige Kritik hervorgerufen. Die Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Cornelia Sonntag-Wolgast, warf Schultze-Rhonhof "übelste Geschichts-verfälschung" vor. Selbst Brandenburgs CDU-Innenminister Jörg Schonbohm betrachtete die Äußerungen des früheren Generals als "nicht akzeptabel" (hma).

 

Erneuter Prozeß

Ilmenau. Dr. Paul Latussek, bis 2001 Vizepräsident des "Bund der Vertriebenen" (BdV), muß erneut vor Gericht. Ein im April vergangenen Jahres vom Erfurter Landgericht ausgesprochener Freispruch vom Vorwurf der "Volksverhetzung" wurde vom Bundesgerichtshof im Dezember wieder aufgehoben. Latussek wird beschuldigt, 2001 in einem Rechenschaftsbericht für den BdV die Ermordung von Jüdinnen und Juden verharmlost zu haben. Aktuell findet man den Ex-BdV-Bundesfunktionär als Unterzeichner eines Aufrufes des um die "Junge Freiheit" angesiedelten "Instituts für Staatspolitik" unter dem Titel "8.Mai 1945 - Gegen das Vergessen - 8.Mai 2005" (hma).